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privat Vanessa Norberti und Valentino Spanu während des Geisterfluges EW 9844 von Düsseldorf nach Olbia.

Flug aus Düsseldorf: Sardinien verweigerte die Landung: Einzige Passagiere schimpfen jetzt über Eurowings

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Der vergebliche Versuch von Eurowings, zwei Passagiere von Düsseldorf trotz eines Landeverbots nach Sardinien zu fliegen, nimmt immer bizarrere Ausmaße an. FOCUS Online hat mit einem der beiden Fluggäste gesprochen. Und inzwischen erfahren, dass das italienische Konsulat in Köln den beiden hilft, am 1. Juli von Düsseldorf über Mailand nach Cagliari zurückzufliegen. Allerdings nicht mit Eurowings.

Valentino Spanu steckt der Schreck noch tief in den Knochen. Pünktlich am Samstagfrüh um 6.20 Uhr war der 40 Jahre alte Italiener mit seiner 17 Jahre jüngeren Freundin Vanessa Norberti in Düsseldorf mit einem Eurowings-Airbus in Richtung Sardinien gestartet. Die beiden sind Sarden, Valentino hat Mitte Mai wegen der Coronakrise seinen Job in Köln als Hilfskoch verloren, Vanessa, die als Barfrau arbeitet, war schon zuvor arbeitslos. Sie wollten zurück in ihre Heimat.

Flight-Radar zeigt Warteschleife des Fluges EW 9844

Der Flug verlief ruhig für die beiden und ohne Zwischenfälle, schildert Spanu FOCUS Online am Telefon. Sehr ruhig sogar - denn die beiden waren die einzigen Passagiere in dem Airbus, in dem Platz für 168 Fluggäste ist. Das sei durchaus „nichts Unübliches“ in Coronazeiten, erklärte eine Eurowings-Specherin gegenüber FOCUS Online. Denn der Flugverkehr werde gerade erst wieder langsam hochgefahren. Immer wieder sagten Passagiere die ohnehin spärlich gebuchten Flüge kurzfristig ab - wie bei dem Flug EW 9844 von Düsseldorf nach OIbia auf Sardinien.

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screenshot Auf Flightradar 24 ist genau zu erkennen, wie der Flug EW9844 vor der Nordostküste Sardiniens kreiste.

 

Die Maschine war nach rund zwei Stunden im Landeanflug auf die im Sommer äußerst lebhafte Kleinstadt Olbia, als sie dann plötzlich wieder aufstieg, erinnert sich Passagier Spanu. „Vanessa und ich schauten uns an, uns wurde mulmig. Das Personal verhielt sich komisch uns gegenüber. Die Stewardessen tuschelten immer wieder miteinander, schauten zu uns, telefonierten immer aufs Neue und verschwanden immer wieder hinter einen Vorhang. 40 Minuten kreisten wir über Olbia. Irgendwann hatten wir beide Todesangst.“ Dann seien ihnen sogar die Pässe abgenommen worden. Und schließlich hätte das Flugpersonal ihnen mitgeteilt, dass die Landung verweigert worden sei, weil der Flughafen in Olbia geschlossen sei. Dann, nach einer "gefühlten Ewigkeit im Kreisflug", sei der Airbus nach Norden Richtung Düsseldorf zurückgeflogen.

Eurowings flog nach Olbia, obwohl Flughafenschließung bekannt war

Dass der Flughafen in Olbia geschlossen war, hätte die Fluggesellschaft Eurowings allerdings schon vorher wissen müssen. Denn der Flughafen hatte zuletzt zwei Tage vor dem Geister-Flug EW 9844 eine NOTAM-Nachricht („Notice for Airmen“ – „Nachricht für Luftfahrer“) abgesetzt, in der erneut über die seit Wochen herrschende Schließung informiert wurde. „Es ist internationale Vorschrift, dass alle Fluggesellschaften diese Nachrichten vor jedem Flug auf Relevanz checken“, erklärte ein Sprecher des Flughafens Olbia gegenüber FOCUS Online. Denn ausschließlich über dieses Kommunikationssystem würden wichtige Informationen, wie etwa eine defekte Rollbahnbeleuchtung, bekanntgegeben. Oder, wie im Fall von Olbia, die Schließung des Flughafens.

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privat Norberti und Spanu vor dem Abflug in Düsseldorf.

 

Laut Eurowings sei es im Vorfeld des Fluges jedoch leider zu einer „Fehlinterpretation“ dieser wichtigen Nachricht gekommen, teilte die Sprecherin FOCUS Online auf Anfrage mit. Zusätzlich sei bei der „Zusammenführung verschiedener Informationen von verschiedenen Stellen einiges durcheinandergeraten“, so die weitere Erklärung für den Geisterflug.

Arbeit in Kölner Restaurant verloren: Das Paar wollte zurück in die Heimat

Dabei wussten sogar Valentino Spanu und seine Freundin, dass sie eigentlich gar nicht nach OIbia hätten fliegen können, berichtet der 40-Jährige. Sie wussten, dass der Flugverkehr nach Sardinien mit Ausnahme der Inlandsverbindung Rom-Cagliari seit dem 12. März völlig zum Erliegen gekommen ist. Die Grenzen Italiens sind seit mehr als zwei Monaten dicht. Und für die Rückholaktion der italienischen Regierung Ende März hatten sich das Paar nicht gemeldet, da zumindest Valentino in Köln noch einen Job als Koch-Assistent hatte.

Trotzdem probierten sie am 23. Mai ihr Glück und fuhren in der Nacht an jenem Samstag zum Düsseldorfer Flughafen, von wo der Flug um 6.20 Uhr laut Eurowings "planmäßig" startete. „Wir haben keine Arbeit mehr, das Geld ging zu Ende. Da haben wir uns gedacht, dass wir es versuchen, vielleicht klappt es ja“, erzählt Spanu. Die sardische Region hätte ihnen mitgeteilt, es gebe keine Flüge von Deutschland nach Olbia, da der Flughafen gesperrt sei, sogar per E-Mail. FOCUS Online liegen die Mails vor. „Bei Eurowings wurde uns aber versichert, dass der Flug planmäßig stattfinden würde. Und das tat er dann ja auch.“ Vor dem Boarding hätten sie lediglich eine Erklärung auf Italienisch unterschreiben müssen, das sie derzeit nicht mit dem Coronavirus infiziert seien.

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privat "Wir freuten uns, dass es mit dem Flug geklappt hatte - bis wir über Olbia plötzlich in einen Kurvenflug übergingen", sagt Valentino Spanu.

 

"Meine Freundin hat geweint": Kölner Kollegen sammeln Kollekte

Nach dem gescheiterten Flug nach Sardinien kehrten die beiden nach Köln zurück und hoffen nun, dass sie doch noch irgendwie so schnell wie möglich nach Sardinien kommen. „Unsere alten Arbeitskollegen in Köln haben eine Kollekte gemacht für uns, damit wir ein bisschen Geld haben. Einer von ihnen hat uns für eine Woche ein Zimmer zur Verfügung gestellt. Wir wüssten nicht, was wir ohne diese Hilfe tun würden“, erzählt Spanu.

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privat Enttäuscht und verunsichert nach der "Horror-Erfahrung mit Eurowings" harren Vlaentino und Vanessa nun in Köln bei Arbeitskollegen aus, die sie beherbergen.

 

Vom 3. Juni an werden die Grenzen Italiens nach zweieinhalb Monaten hermetischer Abriegelung wieder geöffnet. Das Paar will es dann über Land und dann per Fähre oder Flug vom italienischen Festland aus nach Sardinien schaffen.

Die Ersatztickets, die dem Paar aus Sardinien nach dem erzwungenen Rückflug ohne Landung umgehend als „Entschädigung“ am Zielort in Düsseldorf von Eurowings ausgehändigt wurden, werden er und seine Freundin „auf gar keinen Fall nutzen“, sagt Valentino Spanu. „Wir wollen auf gar keinen Fall, dass sich der Horrortrip vom vorigen Samstag wiederholt.“

Italienisches Konsulat hilft: Paar fliegt am 1. Juni über Mailand nach Cagliari zurück

Inzwischen hat sich das italienische Konsulat Köln in die Angelegenheit eingeschaltet, wie FOCUS Online erfuhr. Spanu und Norberti sei eine finanzielle Hilfe für Bahnfahrt und Flug gewährt worden, um am 1. Juni von Düsseldorf aus über Mailand nach Cagliari zurückzufliegen. Der Flug findet allerdings nicht mit Eurowings statt, mit dem das Paar je ohnehin nicht mehr fliegen wollte, sondern mit Alitalia.

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