In Frankreich waren Jäger-Sammler und Bauern im Nu Freunde
Deutlich höhere Durchmischung der beiden Gruppen als anderswo in Europa.
Während sich die ansässigen Jäger und Sammler der Steinzeit Mitteleuropas zunächst kaum mit aus dem Nahen Osten zugereisten Bauern mischten, waren sie im heutigen Frankreich wohl deutlich rascher "Freunde", berichtet ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung. Dort gab es sogleich starke Vermischung der genetisch sehr verschiedenen Gruppen, so die Forscher im Fachmagazin "Science Advances".
Ein Team um Maite Rivollat und Wolfgang Haak vom Max Planck Institut (MPI) für Menschheitsgeschichte in Jena (Deutschland) untersuchte das Erbgut aus den sterblichen Überresten von 101 Individuen, die vor 9.000 bis 5.000 Jahren zur Übergangsphase von Mittel- und Jungsteinzeit lebten. Diese Bestattungen wurden in zwölf Fundstätten im heutigen Frankreich und Deutschland entdeckt. Die Forscher verglichen das Erbgut mit jenem von vergleichbaren Funden im Karpatenbecken (Ungarn) und von der Iberischen Halbinsel.
Entlang der Donau und der Mittelmeerküste
Die frühbäuerliche Lebensweise der Jungsteinzeit entstand vor 12.000 Jahren im Nahen Osten und breitete sich in den nachfolgenden Jahrtausenden in Europa aus, das von Jäger und Sammlern besiedelt war, so die Forscher. Das geschah hauptsächlich über Routen längs der Donau und entlang der Mittelmeerküsten. Vor etwa 7000 Jahren erreichten die Frühbauern die Ufer des Atlantiks.
In Mitteleuropa (Deutschland und Ungarn) ist der Anteil der Jäger-Sammler im Erbgut der aus dem Osten expandierenden Frühbauern mit etwa drei Prozent zunächst äußerst gering, sagte Kurt W. Alt vom Zentrum Natur- und Kulturgeschichte des Menschen der Danube Private University (DPU) in Krems (NÖ) im Gespräch mit der APA. Die Vermischung geschah außerdem nicht nur vor Ort, sondern bereits in Südosteuropa, und wurde von den Bauernvölkern in ihrem Erbgut nach bereits Mitteleuropa mitgebracht. Auf der Iberischen Halbinsel beträgt der Jäger-Sammler-Anteil immerhin rund 13 Prozent, hier kamen sich die beiden Gruppen also ebenfalls schon ein wenig früher und öfter nahe.
Andere Ergebnisse in Frankreich
In Südfrankreich fanden die Forscher jedoch sogar eine Person mit 55 Prozent Jäger-Sammler Erbe. "Die genetische Beimischung muss kurz nachdem sich die ersten Frühbauern an der südfranzösischen Küste niedergelassen haben erfolgt sein", erklären sie in einer Aussendung des MPI. Im Schnitt war der Jäger-Sammler-Anteil mit 31 Prozent in Frankreich frappant höher als im üblichen Europa. "Dies deutet auf kontinuierliche Kontakte zwischen den beiden Gruppen hin", so Rivollat.
"Die dort ansässigen Jäger und Sammler waren den einwandernden Bauern wohl besonders freundlich gesonnen, weil sie vermutlich von ihnen profitiert haben", sagte Alt, der einer der Autoren der Studie ist. In dieser Region wäre Landwirtschaft nicht ganz so einfach zu bewerkstelligen. "Die Ankömmlinge waren sicher sehr clevere Bauern, denn sie hatten ja schon einige Generationen hinter sich, wo sie lernen konnten, von der Landwirtschaft zu leben", meint er. Ihr Know-how wäre für die damaligen Einheimischen offensichtlich sosehr von Vorteil gewesen, dass sie sich sogleich mit ihnen mischten.(apa)