Streit um Verlegung von Statuen aus Luxor nach Kairo
Der Tahrir-Platz im Zentrum von Kairo ist ein symbolträchtiger Ort - hier versammelten sich 2011 die Demonstranten des Arabischen Frühlings, der Ex-Machthaber Husni Mubarak nach 30 Jahren Herrschaft stürzte. Der Platz mit seinem mehrspurigen Kreisverkehr ist aber auch eine wichtige Verkehrsachse mit Staus und Abgasen. Künftig sollen hier vier Sphinx-Statuen aus Luxor stehen, das sorgt für Protest.
Die rund 3.500 Jahre alten Sandsteinfiguren stehen bereits - verpackt in großen Holzkisten - auf dem Tahrir-Platz und warten auf ihre feierliche Enthüllung. Doch viele Experten können sich damit nicht abfinden. "Die starke Luftverschmutzung wird sie ruinieren und ihren Verfall beschleunigen", warnte Ägyptologin Monica Hanna auf Facebook. "Ein Denkmal verliert an Wert, wenn es aus seinem ursprünglichen historischen Kontext herausgenommen wird. Dann wird es eher zum Zierrat".
Bis zu ihrem Umzug schmückten die Sphinxe mit ihren Löwenkörpern und Widderköpfen den Karnak-Tempel in Luxor, der dem Gott Amun gewidmet ist. Gemeinsam mit einem 3.000 Jahre alten und 19 Meter hohen Granitobelisken von Pharao Ramses II. aus dem Nildelta sollen sie künftig das Herzstück des Tahrir-Platzes bilden.
Ayman Badr hält den Umbau des Platzes für überflüssig. Er müsse "nicht mit historischen Elementen geschmückt werden", da er "bereits historischen Wert besitzt", sagt der ägyptische Architekt. Auch der Stadtrat von Luxor, Ahmed Idriss, protestiert: "Ich bin gegen die Verlegung unserer Denkmäler, ihr Umzug hat mich sehr betrübt." Luxor sei ein Freilichtmuseum und sollte weiterentwickelt werden, fordert er stattdessen. Denn der "historische Wert seiner Denkmäler ist mit der Stadt verknüpft".
Vergeblich hatten Archäologen und Aktivisten Präsident Abdel Fattah al-Sisi Ende 2019 ersucht, die Verlegung zu stoppen. Unter Berufung auf die Venedig-Konvention über die Restaurierung und Erhaltung von Denkmälern reichten Anwälte der Nichtregierungsorganisation "Ägyptisches Zentrum für wirtschaftliche und soziale Rechte" sogar Klage ein - wegen der Gefährdung der "Artefakte von unschätzbarem Wert". Die Konvention wurde 1964 von der Unesco verabschiedet und zehn Jahre später auch von Ägypten unterzeichnet.
Ägyptens Altertümer- und Tourismus-Minister Chalid al-Anani wies Warnungen zurück, die Denkmäler könnten von Bürgern und Touristen beschmiert oder beschädigt oder zu Opfern der Umweltverschmutzung werden. Sie stünden auf einem hohen Sockel, niemand komme an sie heran, zudem würden sie regelmäßig restauriert.
Am Tahrir-Platz liegt auch das berühmte Ägyptische Museum mit seinen tausenden antiken Objekten und die "Mogamma", ein großer Behördenkomplex im sowjetischen Stil. Auch der gesamte Platz und nicht nur seine Mitte soll nun umgestaltet werden, Fassaden sollen vereinheitlicht und Werbung entfernt werden, zudem ist eine neue Beleuchtung geplant. Nach den Worten al-Sisis sollen die Sphinxe dem geschäftigen und etwas chaotischen Platz "einen Hauch von Zivilisation" verleihen.
Mahmud Saki ist Touristenführer in Luxor - und verteidigt den Umzug der Altertümer. "Wir stellen Artefakte im Ausland aus, damit sich Ausländer daran erfreuen können. Da ist es eine große Ehre, dass Sphinxe aus dem Karnak-Tempel den beliebtesten Platz Ägyptens zieren", sagt er. Ähnlich sieht das auch der Ägyptologe Ali Abu Deschisch: "Es ergibt keinen Sinn, dass weltweit auf öffentlichen Plätzen ägyptische Obelisken stehen, aber keiner davon auf dem Tahrir."