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Eine App soll den Urlaub in der eigenen Stadt für Wiener attraktiv machen. APA/ROBERT JAEGER

Wien Tourismus: „2020 ist ein Jahr des Überlebens“

Zu retten ist die heurige Touristensaison nicht mehr. Eine App soll den Urlaub in der eigenen Stadt für Wiener attraktiv machen.

Wien. Das Riesenrad dreht sich wieder: Seit Freitag, 11 Uhr, als Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) den symbolischen roten Knopf auf dem Riesenradplatz drückte, um die Wiedereröffnung des Riesenrads und des gesamten Praters nach der Corona-Zwangspause vorzunehmen.

Und um an diesem Freitag, an dem auch die Hotels erstmals wieder aufsperren durften, mit Finanz- und Tourismus-Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) und Wien-Tourismus–Direktor Norbert Kettner den „Neustart“ des Tourismus zu verkünden: „Wir haben“, sagt Ludwig, „einen Plan.“ Dass es selbst mit einem solchen kein leichter Neustart wird, ist klar. „Es ist kein Jahr des Wirtschaftens“, sagt Tourismusdirektor Kettner „es ist ein Jahr des Überlebens.“

Nach dem „Totalausfall“ seit März sollen nun ab Juni wieder Touristen Lust auf Wien bekommen – zunächst wird Wien in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) beworben – unter anderem, weil die Reisefreiheit zwischen den drei Ländern ab Mitte Juni wieder gilt und im Vorjahr immerhin 39% der Wienbesucher aus ebendiesen Märkten kamen. Beworben wird die Stadt dabei mit dem Slogan „Wien ist eine Weltreise wert“. Durchaus augenzwinkernd soll das Image der internationalen Großstadt gepflegt werden, in der man in „0,80 Tagen um die Welt“ reisen kann: So braucht man nur eine halbe Stunde, um vom französisch angehauchten Servitenviertel in die Tropen (Palmenhaus in Schönbrunn) zu reisen, kommt in 15 Minuten vom venezianischen Dogenhof (in der Praterstraße) nach Athen (Theseustempel im Volksgarten).

Das soll auch die Wiener ansprechen, Urlaub in der eigenen Stadt zu machen. Dazu gibt es ab sofort die Gratis-App „ivie“, die Besucher und Wiener via Smartphone „abseits gängiger Reiseführerkost“ (so das Versprechen) an weniger bekannte Ecken der Stadt bringen oder zu Themenspaziergängen (Beethoven, Wiener Moderne etc.) inspirieren soll.

Die Ausfälle internationaler Gäste lassen sich so zwar nicht kompensieren, aber, so die Hoffnung, zumindest abschwächen. Eine Auslastung von mindestens 50 Prozent brauche die Wiener Hotellerie, um halbwegs durch das Jahr zu kommen (im Rekordjahr 2019 lag sie bei 83%).

Weiterhin 100% Ausfälle gibt es im Bereich der Kongresstouristen, hier forderte Stadtrat Hanke die Bundesregierung auf, rasch Klarheit zu schaffen, ab wann und unter welchen Auflagen Kongresse wieder erlaubt sein werden: Ohne Kongresse entgehen Wien derzeit 100 Millionen Euro pro Monat.

 

„Kein neues Biedermeier“

Erst 2024, so eine Schätzung, werde sich der Tourismus weltweit erholen. Für heuer wird ein Rückgang der Nächtigungen in Wien um 40 % erwartet und eine Halbierung der Nächtigungsumsätze auf 500 Millionen Euro – im günstigen Fall. Der Wien Tourismus sei so Kettner, „um zehn Jahre zurückgeworfen“. Und auch wenn man nun zunächst in den Nachbarländern wirbt: Wien müsse weiter global beworben werden. „Wir dürfen uns nicht in ein neues Biedermeier drängen lassen.“ (mpm)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2020)