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Donald Trump kämpft an vielen Fronten – momentan gegen die Chinesen und die sozialen Medien. REUTERS

Peking steht wegen Hongkong-Gesetz am Pranger des Westens

Präsident Trump verkündet Sanktionen. Die EU hält Strafmaßnahmen gegen China aber für falschen Weg.

Washington/Peking. Ungebremst rasen die beiden stärksten Mächte der Welt auf eine offene Konfrontation zu. Gespannt wurde erwartet, welche Strafmaßnahmen US-Präsident Trump am Freitag als Reaktion auf das von Peking auf den Weg gebrachte Sicherheitsgesetz für Hongkong verkünden würde: Im Vorfeld war über den Entzug der Handelsprivilegien für Hongkong, die Ausweisung chinesischer Studenten aus den USA, Einreiseverbote und Einfrierung von Konten von Funktionären spekuliert worden.

Bereits Mitte der Woche verkündete US-Außenminister Mike Pompeo, dass Hongkong in Washington nicht mehr als autonom angesehen werde und der Stadt deshalb der zugebilligte Sonderstatus aberkannt werden könnte. Beide Häuser des Kongresses verabschiedeten fast einstimmig ein Gesetz, das von der Volksrepublik die Schließung der Internierungslager in Xinjiang fordert und Strafen gegen die an der Unterdrückung der Muslime beteiligten KP-Funktionäre fordert.
Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow warf China in Zusammenhang mit dem Sicherheitsgesetz vor, „seit langem bestehende Regeln, Gesetze und Verträge“ zu brechen: „Hongkong verliert damit seine Freiheit – und das bedeutet, dass künftig anders mit ihm umgegangen wird.“ Die Regierungschefin von Hongkong, Carrie Lam, warnte, dass die USA mit dem Entzug des Sonderstatus für die Finanzmetropole ihrer eigenen Wirtschaft schaden würden: „Sanktionen sind immer ein zweischneidiges Schwert, das nicht nur den Interessen Hongkongs, sondern auch denen der USA Schaden zufügt.“

„Schizophrene“ China-Politik der EU

Großbritannien, Australien, Kanada und die USA warnen in einer gemeinsamen Erklärung, dass das geplante Sicherheitsgesetz das Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ unterminieren würde und einen Angriff auf Hongkongs Autonomie darstelle. Auch Japan zeigte sich über das Vorgehen Pekings „ernsthaft besorgt“.

Mit diesen Worten äußerten sich auch die EU-Außenminister am Freitag. Die ins Auge gefassten Sicherheitsmaßnahmen für Hongkong – offiziell sollen sie der Bekämpfung von „Separatismus, Aufruhr, Terrorismus und Einmischung von außen“ dienen – stelle „Chinas Willen, seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen, infrage“. An Sanktionen, fügte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell aber gleich hinzu, denke man in Brüssel nicht: Sanktionen seien nicht der richtige Weg, um Probleme mit China zu lösen.

Die EU ist innerlich gespalten, wie mit China richtig umzugehen sei. Ein Diplomat beschreibt die China-Politik der EU als „schizophren“: „Die EU kann sich nicht entscheiden, ob China ein strategischer Partner oder ein aggressiver Rivale ist.“ Zudem hat Peking Länder wie Ungarn und Italien praktisch auf seiner Seite, sie können schärfere EU-Positionen zu Fragen blockieren, die China Betreffen. Andererseits glaubt Jean-Maurice Ripert, bis 2019 Frankreichs Botschafter in Peking: „Die Dinge ändern sich. Die Coronakrise und jetzt das Geschehen um Hongkong sind ein Augenöffner für alle, die bisher nicht an Chinas expansionistische Ambitionen geglaubt haben.“ Vor allem für künftige industriepolitische Entscheidungen und die Einführung der 5G-Technologie könnte dieser einsetzende Stimmungswandel noch gravierende Folgen haben.

Pekings „expansionistische Ambitionen“ bekommt vor allem Taiwan zu spüren. Am Freitag warnte der Spitzenmilitär, General Li Zuocheng, die Volksrepublik werde die Insel militärisch angreifen, wenn es keine Möglichkeit für eine „friedliche Wiedervereinigung“ mehr gebe. (Bloomberg, Reuters, b.b.)