Landesgericht Krems

„Sie wollte, dass ich um sie kämpfe“

Die Verhandlung am Landesgericht Krems wurde aufgerufen, aber der Beschuldigte saß noch im Zug. Eine dreiviertel Stunde später fand sich der 26-Jährige dann doch vor Richterin Julia Bennersdorfer ein.

Stalking

Die Staatsanwältin warf dem zweifach vorbestraften Wiener mit Migrationshintergrund die beharrliche Verfolgung, Stalking, seiner Ex-Freundin aus Krems vor. Er soll sie zwischen Sommer 2019 und Jänner 2020 bis zu dreißig Mal am Tag angerufen, nach der Arbeit abgepasst haben, immer wieder vor ihrer Wohnungstür gestanden sein.

Balkon

Einmal kletterte er sogar über den Balkon in ihre Wohnung. Als sie die Telefonnummer wechselte, versuchte er über ihre Mutter und Freundinnen Kontakt zu ihr herzustellen. Schließlich zeigte ihn die Frau an.

Nie Schluss gemacht

„Ich bin nicht schuldig, mir keiner Schuld bewusst. Sie hat nie von Angesicht zu Angesicht mit mir Schluss gemacht. Sie sagte, ich muss um sie kämpfen. Es war eine normale Beziehung. Oft haben wir gestritten, dann uns wieder versöhnt. Sie hat auch immer wieder zurückgerufen oder geschrieben. Im November habe ich ihr noch Geschenke gemacht und Taschengeld gegeben. Ab Dezember habe ich die Beziehung abgebrochen, hatte keinen Kontakt mehr. Vielleicht war das der Grund für die Anzeige.“
Zu seiner Entlastung zeigte er der Richterin die Konversation mit der Ex auf seinem Handy.
Auf die Frage der Richterin, ob er nicht mitbekommen habe, dass seine Freundin sich trennen wollte, meinte der Angeklagte: „Wenn ich einen Menschen liebe, gibt es keine Trennung.“

Psychisch fertig

Die 25-jährige Ex-Freundin bestätigte vor Gericht die Anklagepunkte. „Ich war psychisch fertig. Ich wollte ihn wegen seiner Vorstrafen nicht anzeigen, nur endlich meine Ruhe haben“, sagte sie unter Tränen.

Missverständnis

Ob er ihre Rückrufe missverstanden haben könne, wollte die Richterin wissen.
„Ich hab ihn angerufen, weil ich wissen wollte, wo er ist. Ob er nicht schon wieder vor meiner Wohnung wartet“, gab die Frau zur Antwort.
Schließlich fällte die Richterin einen Freispruch im Zweifel und begründete dies damit, dass es auf Grund der weiter andauernden Kommunikation zwischen den beiden zweifelhaft sei, dass der Beschuldigte mitbekommen habe, dass die Frau die endgültige Trennung gewollt hätte.
Der Angeklagte sagte abschließend zur Richterin: „Sie haben richtig entschieden.“
Nicht rechtskräftig. -Kurt Berger

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