Senat lockert Corona-Maßnahmen
Fitnessstudios und Kneipen dürfen öffnen - keine Obergrenze mehr bei Demonstrationen
Der Senat hat weitreichende Lockerungen der Corona-Maßnahmen beschlossen. Beim Demonstrationsrecht wird die Teilnehmerbegrenzung gestrichen. Fitnessstudios und Kneipen dürfen öffnen, Ende des Monats auch Kinos - und Open-Air-Konzerte sind wieder möglich.
Der Berliner Senat hat am Donnerstag auf einer Sondersitzung weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen auf den Weg gebracht. Schon zum Pfingstwochenende, ab dem 30. Mai, wird die Versammlungsfreiheit wieder in ihrer ursprünglichen Form gewährleisten. Die Obergrenze von derzeit 100 Teilnehmern an Demonstrationen wird gestrichen, teilte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am späten Donnerstagabend mit [berlin.de]. Abstandsgebote unmd Hygienemaßnahmen gelten aber weiterhin.
Kneipen dürfen wieder öffnen
Aufatmen können auch die Betreiber der zahlreichen Kneipen und Shisha-Bars in Berlin. Laut Geisel können sie ab dem 2. Juni mit Einschränkungen wieder öffnen. Bedingung: Die Gäste nehmen an Tischen Platz statt etwa am Tresen in Gruppen herumzustehen. Kneipen, Shisha-Bars und Restaurants dürfen ab dem 2. Juni von 6 bis 23 Uhr öffnen - bislang müssen Restaurants schon um 22 Uhr schließen. Auch Spielotheken dürfen ab 2. Juni wieder öffnen.
Für Kneipen und Bars gilt: Getränke dürfen nur an Tischen angeboten und verzehrt werden. Wie in der Gastronomie ist zwischen den Tischen einschließlich Bestuhlung ein Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten; in diesem Abstandsbereich dürfen sich keine Personen aufhalten. Clubs und ähnliche Einrichtungen bleiben jedoch weiterhin geschlossen.
Wegen der Corona-Pandemie mussten Schankwirtschaften Mitte März schließen. Restaurants haben unter Auflagen schon seit Mitte Mai wieder geöffnet. Allerdings hatte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) angekündigt, dass noch Gesprächsbedarf beim Hygienekonzept der Gastronomie herrscht. Hintergrund ist eine Feier in einem Restaurant im niedersächsischen Leer, die als Herd für mittlerweile 27 Corona-Infektionen ausgemacht wurde.[ndr.de]
Auch Sportstudios dürfen öffnen
Zudem dürfen Fitnessstudios in Berlin ab dem 2. Juni wieder öffnen. Hier müssen die Kunden einen 3-Meter-Abstand zueinander einhalten. Duschen dürfen nicht genutzt werden, auch Wellnessangebote bleiben verboten. Laut Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin gibt es in der Hauptstadt allein 572 Fitness- und Sportstudios. Fitnessstudios sind seit Mitte März geschlossen, am Dienstag hatten Betreiber und Mitarbeiter vor dem Roten Rathaus für eine sofortige Öffnung demonstriert.
Sport in Gruppen ist ab dem 2. Juni wieder für bis zu zwölf Menschen möglich, sowohl unter freiem Himmel als auch in Sporthallen. "Die Sporthallen werden wieder geöffnet", so Geisel.
Gewerbliche Sportanlagen, Tanz- und Ballettschulen sowie Sportschulen dürfen ebenfalls ab dem 2. Juni wieder öffnen. Dabei dürfen Trainingseinheiten ausschließlich individuell, zu zweit oder in Kleingruppen von höchstens acht Personen (einschließlich der Trainerin oder des Trainers oder sonstiger betreuender Personen) unter Gewährleistung des Mindestabstands durchgeführt werden.
Kinos können am 30. Juni öffnen
Nach mehr als zwei Monaten Verbot sind in Berlin zudem ab kommender Woche wieder Veranstaltungen mit größerer Personanzahl erlaubt - drinnen wie draußen. Ab dem 2. Juni dürfen Veranstaltungen in Räumen für ein Publikum mit bis zu 150 Personen durchgeführt werden. Für Open-Air-Veranstaltungen wie Konzerte oder Filmvorführungen können es 200 Personen sein.
Ab dem 30. Juni 2020 werden für Veranstaltungen in Räumen bis zu 300 Personen möglich sein. Open Air können ab 16. Juni bis zu 500 Personen und ab 30. Juni bis zu 1.000 Personen teilnehmen.
Diese Obergrenzen und Terminvorgaben gelten auch für Kongresse, Messen und Spezialmärkte. All diese Veranstaltungen sind in geschlossenen Räumen ab 2. Juni mit bis zu 150 Teilnehmern erlaubt, ab 30. Juni dann mit bis zu 300 Teilnehmern. Großveranstaltungen ab 1.000 Teilnehmern bleiben bis 31. August untersagt.
Kinos dürfen ab dem 30. Juni wieder öffnen, so Geisel. Voraussetzung ist auch hier die Vorlage eines Schutz- und Hygienekonzepts. So müssen Besucher abseits ihres Kinositzplatzes etwa eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen.
Außerdem wurde am Freitag beschlossen, dass Bibliotheken wieder "als Arbeits- und Lernort" genutzt werden können. Die Lesesäle öffnen mit Abstandsregeln und Zugangsbeschränkungen.
Keine Obergrenze mehr für Gottesdienste
Nach wochenlangen Beschränkungen sollen ab 30. Mai auch wieder mehr Gläubige in Berlin Gottesdienste besuchen können. Religiöse Veranstaltungen im Freien sind dann sogar ohne Teilnehmerbeschränkung möglich. In geschlossenen Räumen gilt ab 2. Juni eine Einschränkung auf 200 Personen. Ab 16. Juni entfällt dann auch diese. Bisher war die Teilnehmerzahl für Gottesdienste in Kirchen, Moscheen oder Synagogen auf 50 Menschen limitiert.
Treffen mit bis zu fünf Personen möglich
Grundsätzlich werden die Kontaktbeschränkungenin Berlin bis zum 4. Juli verlängert, sie werden aber zugleich weiter gelockert: Ab dem 30. Mai dürfen sich Personen zweier Haushalte oder bis zu fünf Personen aus unterschiedlichen Haushalten treffen. Bisher gelten zwei Haushalte oder höchstens zwei Personen, die nicht aus einem Haushalt stammen.
Auch alle anderen am Donnerstag beschlossenen Regelungen gelten vorerst bis zum 4. Juli, betonte Geisel. Sollte sich die Infektionslage in Berlin signifikant verändern, werde es auch wieder Verschärfungen geben. Die Menschen seien weiter dazu angehalten, mindestens 1,50 Meter Abstand zueinander zu halten. Auch an der Mundschutzpflicht im öffentlichen Nahverkehr und in Geschäften und Supermärkten ändere sich nichts. "Wir ermöglichen mehr Normalität in der Stadt, fordern damit aber nicht zu Partys auf", betonte Geisel. "Wir werden unser Leben im Juni nicht fortsetzen können, wie wir es im Februar beendet haben."
Auch bei bestimmten Familienzusammenkünften, etwa Trauerfeiern, Taufen oder Hochzeiten, gibt es Lockerungen. Bis zu 50 Menschen sollen an solchen anlassgebundenen Feierlichkeiten teilnehmen können. Ab dem 2. Juni dürfen dann 150 Personen in Innenräumen an Feiern teilnehmen, ab 30. Juni sogar 300. Nach den Worten von Senator Geisel kann ein Anlass auch der 90. Geburtstag der Oma sein.
Senat hat beim Bußgeldkatalog nachgebessert
Zur Entscheidung des Landesverfassungsgerichts, den Bußgeldkatalog bei Verstößen gegen die Corona-Regeln in Teilen außer Kraft zu setzen, sagte Senatskanzleichef Christian Gaebler (SPD), die beiden beanstandeten Paragrafen seien korrigiert worden. Geisel ergänzte, man habe einzelne Sachverhalte bei Verstößen gegen Mindestabstände präzisiert. Er gehe davon aus, dass der nachjustierte Bußgeldkatalog nun rechtssicher sei.
Lockerungen in Brandenburg schon seit Donnerstag
In Brandenburg dürfen seit Donnerstag öffentliche und private Indoor-Sportanlagen, Gymnastik-, Turn- und Sporthallen, Fitnessstudios, Tanzschulen und Tanzstudios wieder öffnen. Berlin und Brandenburg hatten sich zuletzt bemüht, die Lockerungen möglichst synchron einzuleiten.
Das Nachbar-Bundesland hat außerdem für Kinos, Theater und Konzerthäuser grünes Licht zum 6. Juni gegeben. Auf eine ähnliche Perspektive hofft die Kulturszene in Berlin. In Brandenburg gilt dabei eine Obergrenze von 75 Menschen in geschlossenen Räumen und 150 im Freien.
Senat gegen Thüringer Weg
Müller und andere Senatoren hatten in den letzten Tagen deutlich gemacht, dass sie bei Lockerungen weiterhin auf bedachtsames, schrittweises Vorgehen setzen, das von der Entwicklung der Infektionszahlen abhängig sei. Weitgehende Lockerungsstrategien wie in Thüringen, das in Zukunft auf dezentrale statt landesweite Regelungen setzen will, lehnen sie ab. Müller sprach am Montagabend im rbb von einem "falschen und gefährlichen Weg" in Thüringen.
Sendung: Abendschau, 28.05.2020, 19.30 Uhr