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Das Etihad-Flugzeug bei der Beladung mit Hilfsgütern am Abflugort Abu Dhabi

Corona-Hilfe? Nicht aus Abu Dhabi

Palästinenser lehnen Lieferung ab

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In Israel lagern ungenutzte Corona-Hilfsgüter für die Palästinenser. Die Arabischen Emirate hatten sie per Flugzeug gebracht. Die Palästinenser lehnen die Hilfe ab - sie wittern politisches Kalkül.

Vor etwa zehn Tagen geschah auf dem Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv etwas Historisches. Zum ersten Mal landete ganz offiziell ein Flugzeug einer Fluggesellschaft aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ein politisch heikler Flug. Denn Israel und die Emirate unterhalten offiziell gar keine diplomatischen Beziehungen. Vielleicht war das der Grund, warum die Fluggesellschaft Etihad einen nur weiß lackierten Airbus von Abu Dhabi nach Tel Aviv schickte. Ohne Firmenlogo.

Freude bei den Israelis

An Bord des Flugzeugs waren Corona-Hilfsgüter für die Palästinenser. Doch Jubel über den Flug kam nur von den Israelis. Er wolle die Beziehungen Israels zu den Vereinigten Arabischen Emiraten weiter verbessern, schrieb der israelische UN-Botschafter Danny Danon. Und er hoffe darauf, dass es bald auch Passagierflüge zwischen den Städten gebe.

Auch der Chef der Airline Etihad zeigte sich zufrieden: "Unsere humanitären Flüge haben uns an Orte gebracht, von denen wir eigentlich nicht wussten, dass es sie gibt", sagte Tony Douglas dem Sender CNN. 

Natürlich weiß der Airline-Chef aus Abu Dhabi, wo Tel Aviv liegt. Aber es war eben jahrelang undenkbar, offiziell dort hinzufliegen. Was vor allem am seit Jahrzehnten ungelösten Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern liegt. Die Palästinenser wussten nach eigenen Angaben gar nichts vom Hilfsflug, der ihnen galt.

Palästinensische Autonomiebehörde grenzt sich ab

Osama al-Najjar gibt sich entsetzt. Er leitet den medizinischen Dienst im Gesundheitsministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde. "Hier geht es nicht um eine Hilfslieferung. Hier geht es um Politik", sagt er. "Und es geht um die Frage: Wie können die Emirate eine Beziehung zu Israel aufbauen mit der Hilfe der Palästinenser? Wir lehnen so etwas ab." Viele arabische Länder wollten ihre Beziehungen zu Israel normalisieren. "Es gibt aber einen Beschluss der Arabischen Liga: Keine Normalisierung mit Israel bevor nicht das palästinensische Problem gelöst wurde", so al-Najjar.

Die arabische Friedensinitiative wurde vor 18 Jahren verkündet. Eine Normalisierung mit Israel sei möglich. Aber nur, wenn Israel die Besatzung der palästinensischen Gebiete beende und einen Staat Palästina mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt anerkenne. Eine Forderung, die mit den Jahren immer unrealistischer wurde.

Palästinenser lehnen Güter ab

Aktuell plant Israels Premier Benjamin Netanyahu, Teile des Westjordanlandes sogar zu annektieren. Die US-Regierung, die enge Kontakte zu den Vereinigten Arabischen Emiraten pflegt, unterstützt die Israelis. In dieser Situation flog Etihad also offiziell von Abu Dhabi nach Israel. Grund genug für die Palästinensische Autonomiebehörde, die Annahme der Hilfsgüter zu verweigern. Obwohl es um etwa 15 Tonnen dringend benötigter Ausrüstung geht.

Nicht genügend medizinische Güter

"Es stimmt", sagt der Mann vom palästinensischen Gesundheitsministerium: "Wir haben nicht genug Beatmungsgeräte. Wir haben nicht genug Schutzmasken und Teststäbchen. Uns fehlen viele Dinge. Wir sind nicht vorbereitet, falls es eine zweite Welle des Coronavirus gibt."

Trotzdem steht die Lieferung aus Abu Dhabi jetzt in einer israelischen Lagerhalle herum. Die Vereinten Nationen bemühen sich, die dringend benötigten aber unwillkommenen Hilfsgüter doch noch zu verteilen. Vor allem im Gazastreifen. Dort ist die Versorgung noch schlechter als im Westjordanland. Und dort hat nicht die Autonomiebehörde das Sagen, sondern die Hamas, die Israel zum Feind erklärt hat. Das macht es wohl noch schwerer, die Hilfe aus Abu Dhabi, die medienwirksam nach Tel Aviv gebracht wurde, anzunehmen.

Hochpolitisch: Warum die Palästinenser Corona-Hilfsgüter ablehnen
Benjamin Hammer, ARD Tel Aviv
29.05.2020 11:13 Uhr