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Teamgeist ist wichtig: Ammann feiert mit Killian Peier dessen WM-Bronzemedaille 2019 in Innsbruck© KEYSTONE/AP/MATTHIAS SCHRADER

Mit dem gleichen Elan und fast noch mehr Freude

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Simon Ammann schiebt seinen Rücktritt nochmals um zwei Jahre hinaus. Nun bereitet der vierfache Olympiasieger seine 24. Weltcupsaison vor. Ein Augenschein im Trainingszentrum in Einsiedeln.

Idyllischer könnte die Szenerie kaum sein. Am Ortsrand von Einsiedeln bimmeln die Kuhglocken. Zwei Reiter schaukeln gemächlich vorbei. Und ab und zu rauscht ein leises "Schwisch" durch die Luft. Es stammt von den Schweizer Skispringern, die nach dem Corona-Lockdown endlich wieder durch die Luft segeln dürfen. Einzig ein Bauer, der emsig Gülle ausbringt, trübt die entspannte Stimmung ein wenig. Vielleicht beeilen sich die Springer deshalb besonders, mit dem kleinen Sessellift schnell wieder den Hügel hinaufzufahren. Vielleicht wollen sie aber auch Verpasstes nachholen.

Allerdings hatten sie Glück. Zwar fielen ein paar Materialtests, die am Ende der Saison geplant waren, dem Virus zum Opfer. Insgesamt sind die Skispringer aber nicht später dran als in vergangenen Jahren. Die Distanz- und Hygieneregeln sind für Athleten wie Trainer ebenfalls gut einzuhalten. "Wir würden gerne wieder Spiele machen vor dem Training, das wäre auch gut für den Teamgeist", bedauert Simon Ammann im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. "Aber wir sind uns an Viren, die auch im Winter herumgeistern, gewöhnt. Da aufzupassen ist nichts völlig Neues für uns."

Glück haben die Schweizer Skispringer auch, dass sie das Trainingszentrum in Einsiedeln haben. Bei derzeit immer noch geschlossenen Grenzen wäre es kaum möglich, im Ausland zu trainieren. Nächste Woche werden sie dann auf die neue Anlage in Kandersteg dislozieren. "Gerade in dieser Zeit bin ich über die Heimbasis extrem froh", zeigt sich Ammann zufrieden. "Sie erlaubt uns einen sehr guten Rhythmus und ein gutes Umfeld."

Willkommenes Homeoffice

Die Corona-Pause hat der zweifache Familienvater problemlos überstanden. "Wir sind in der Schweiz ja gut weggekommen", sagt der in Schindellegi im Kanton Schwyz wohnhafte Toggenburger. "Wir hatten keine Ausgangssperre und konnten immer auch draussen etwas unternehmen." Ausserdem mache er im Frühling immer viel Homeoffice und sei froh, "wenn ich nicht zu viel herumrennen muss." Dass er seit zwei Wochen wieder auf den Schanzen ist, freut den vierfachen Olympiasieger trotzdem. Auch eine Woche vor seinem 39. Geburtstag ist Ammann hoch motiviert - und staunt über sich selber.

"Ich bin immer noch mit dem gleichen Elan und vielleicht fast noch mehr Freude dabei, weil ich weiss, dass ich das nicht mehr so lange tun kann", erklärt er und fügt lachend hinzu: "Ich bin erstaunt über mich, dass ich es immer noch gerne mache." Und er ist zuversichtlich, dass er es im kommenden Winter auch wieder besser macht als im letzten, als ein 16. Platz in Oberstdorf das Bestresultat war. Es gehe unter anderem darum, die "goldene Mitte" zu finden, um physisch ein Toplevel zu erreichen. "Das ist in meinem Alter nicht selbstverständlich, und weniger ist manchmal mehr." Bei den Analysen hätten sie festgestellt, dass er letztes Jahr sehr viel investiert habe und dadurch vielleicht "etwas sehr ermüdet" gewesen sei. Ammann ist guter Dinge, denn bezüglich Material glaubt er sich schon deutlich weiter als vor der letzten Saison. "Das war ein grosser Stolperstein, der ein Negativpendel auslöste", stellt er fest.

Highlight zum Saisonstart

Optimistisch zeigt er sich auch bezüglich der Durchführung der Saison mit der Nordisch-WM Ende Februar in Oberstdorf als Höhepunkt. "Im Frühling haben sie unsere Wettkämpfe ja spät abgesagt. Ich gehe davon aus, dass man jetzt auch mutig auf die Durchführung hinarbeitet." Er sieht es gar nicht als Nachteil, dass nun nicht gleich wieder Wettkämpfe anstehen wie sonst im Sommer üblich. "Das gibt uns jetzt etwas mehr Raum und Ruhe. Es gibt keinen Vorteil ohne Nachteil und umgekehrt", philosophiert er schmunzelnd. Ein Beispiel sei die Verschiebung der Skiflug-WM in Slowenien vom März auf Anfang Dezember. "Das gibt mir die Chance, etwas, das ich vielleicht in schlechter Verfassung hätte in Angriff nehmen müssen, wieder in den Fokus zu nehmen." Es sei jetzt ein frühes Highlight, das in Planica immer mit viel Stimmung verbunden sei.

Und plötzlich könne es im Sommer schnell gehen mit Wettkämpfen, man höre aus Slowenien, dass schon wieder viel erlaubt sei. Es ist ein Ausblick, der Ammann und seinen Mitstreitern Hoffnung macht und Motivation gibt. Nach Gülle riecht es am Ende des Trainings ebenfalls nicht mehr, die Idylle in Einsiedeln ist wieder perfekt. Einer optimalen Sommervorbereitung auf den nächsten Weltcup-Winter, Ammanns 24., steht nichts im Weg.

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