https://www.fr.de/bilder/2020/05/29/13782043/1663111808-dietzenbach-msch3_300520-12CpXe5qknf9.jpg
Abfallcontainer und ein Bagger wurden in Brand gesteckt – und die herbeieilenden Einsatzkräfte dann mit Steinen beworfen.  © Michael Schick
ANGRIFF AUF EINSATZKRÄFTE

Dietzenbach: Polizei in Hinterhalt gelockt

by

Nach den Angriffen auf Einsatzkräfte in Dietzenbach rufen Politiker nach einer harten Reaktion.

Mit Entsetzen und Empörung hat die hessische Landespolitik darauf reagiert, dass Polizisten und Feuerwehrleute am frühen Freitagmorgen in Dietzenbach offenbar in einen Hinterhalt gelockt und attackiert worden sind. Zwischen 30 und 50 Männer hatten in einem Hochhausviertel einen Bagger und Mülltonnen angezündet und die anrückenden Rettungskräfte mit einem Steinhagel empfangen. „Wir sind ins offene Messer gelaufen, es war offensichtlich ein vorbereiteter Hinterhalt“, sagte ein Sprecher der Polizei.

Drei Personen wurden festgenommen, davon nur einer, der an den Steinwürfen beteiligt gewesen sein soll. Es handelt sich laut Polizei um einen 19-Jährigen aus der Nachbarschaft. Die anderen beiden Festgenommenen hätten den Einsatz gestört.

Innenminister Peter Beuth (CDU) berichtete, dass ein Dutzend Einsatzwagen beschädigt worden sei. „Da grenzt es an ein Wunder, dass kein Helfer verletzt wurde“, fügte er hinzu.

Die Motive der Täter waren am Freitag unklar. Man ermittele in viele Richtungen, hieß es bei der Polizei. Man könne etwa nicht ausschließen, dass „die Corona-Langeweile zugeschlagen hat“ – aber auch nicht, dass die Gruppe im Zusammenhang mit den Vorfällen in den USA „ein Zeichen setzen wollte“. Nach der Tötung eines schwarzen Mannes durch einen Polizisten wird dort seit Tagen massiv gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt demonstriert.

Klare Antwort erwartet

„Sehr kurz gegriffen“ erscheinen laut Polizei Vermutungen, die Aktion könne mit Durchsuchungen in der vergangenen Woche zusammenhängen, bei denen die Polizei in Kellern der Dietzenbacher Hochhaussiedlung mehr als 200 Fahrräder und andere Gegenstände sichergestellt hatte. Beuth hält es für möglich, dass der Angriff mit dieser Polizeiaktion zusammenhängen könnte. „Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass es am Ende einen Zusammenhang gibt zu Straftaten, die vorher begangen worden sind und wo es eine entsprechende Polizeiaktion gegeben hat“, sagte er in Wiesbaden. Es gebe keine Hinweise auf einen politischen Hintergrund.

Bürgermeister Jürgen Rogg (parteilos) zeigte sich „traurig und stinksauer“. Eine Tat mit solch einer Hinterhältigkeit und Feigheit habe er in seiner Stadt noch nie erlebt, sagte er. „Eine Handvoll Kriminelle“ habe ein ganzes Viertel eingenommen.

Die Stadt lasse sich aber bei den Integrationsbemühungen von rund 80 Nationalitäten in den Hochhäusern trotzdem nicht aus der Bahn werfen. Dort sind rund 5000 Menschen zu Hause. Er halte dieses Quartier nach wie vor für stabil, sagte Rogg.

Sozialdezernent Dieter Lang (SPD) zeigte sich überzeugt, „dass wir in unserer Integrationsarbeit einen gewissen Prozentsatz nicht mehr erreichen können, weil das Kriminelle sind“. Die Polizei sei nun gefragt, „sie sollen die Härte des Gesetzes erfahren“.

Beuth verlangt „klare Antwort des Rechtsstaats“

Auch Beuth verlangte „eine klare Antwort des Rechtsstaats“. Er sagte: „Wer Einsatzkräfte angreift, gehört in den Knast und darf nicht mit einer Geldstrafe davonkommen.“ Schon länger setzt sich der CDU-Politiker dafür ein, dass Angriffe auf Einsatzkräfte schärfer bestraft werden. Er will dieses Thema erneut auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz setzen.

Wie Beuth wies der SPD-Innenpolitiker Günter Rudolph darauf hin, dass tätliche Übergriffe auf Polizisten, Rettungskräfte und Feuerwehr zunähmen. „Wir müssen endlich Wege finden, sie wirksamer zu verteidigen“, fügte er hinzu. Sein FDP-Kollege Stefan Müller sprach von einer „neuen Dimension von Gewalt gegen Vertreter des Staates“. Die Grünen-Innenpolitikerin Eva Goldbach forderte, dass die Tat „so rasch wie möglich“ bestraft werden müsse. Nur so könnten mögliche Nachahmer abgeschreckt werden.

Der CDU-Abgeordnete Holger Bellino erinnerte daran, dass erst vor wenigen Tagen eine Polizistin am Eisernen Steg in Frankfurt nur mit Glück den Angriff mit einem schweren Blumenkübel überlebt hatte. „Es ist an Perversion kaum mehr zu überbieten, wenn Helferinnen und Helfer in einen Hinterhalt gelockt und attackiert werden“, kommentierte Bellino.

Die AfD fühlt sich „an die Brennpunkte in den Pariser Vorstädten oder in Malmö“ erinnert. „Dort werden Polizisten und Rettungskräfte schon seit Jahren regelmäßig schwer angegriffen“, sagte der AfD-Innenpolitiker Klaus Herrmann. mit dpa