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Getty Images/iStockphoto Nierensteine verursachen höllische Schmerzen

Mediziner: "Vernichtungsschmerz": Ab zum Arzt! 4 Symptome können Anzeichen für lebensgefährliche Nierensteine sein

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Immer mehr Menschen leiden unter Nierensteinen. Die sind nie harmlos und können sogar lebensgefährlich sein. Welche Therapien helfen, bei welchen Anzeichen Sie sofort zum Arzt müssen und wie Sie mit zwei einfachen Maßnahmen verhindern, dass sich erneut Steine bilden.

Wer schon mal eine Kolik durch Nierensteine hatte, ist überzeugt: Die Schmerzen sind extrem. Frauen, die schon einmal geboren haben, beschreiben sie als schlimmer als Wehen. Mediziner sprechen sogar von einem „Vernichtungsschmerz“.

Und im Vergleich mit den letzten 20 Jahren treten Nierensteine immer häufiger auf. „Waren es damals noch rund drei Prozent, gehen wir heute von mindestens fünf Prozent aus“, berichtet Oliver Reich, Chefarzt der Klinik für Urologie und Chirurgie der München Klinik Harlaching.

Warum Nierensteine eine Volkskrankheit geworden sind

Die Zunahme lässt sich – wie bei Diabetes und anderen Zivilisationskrankheiten – mit unserem Lebensstil erklären: Zu wenig Bewegung, unregelmäßige, unausgewogene und zu fleischlastige Ernährung, hinzu kommt noch „zu wenig trinken, etwa, weil die Betroffenen während der Arbeit keine Zeit dazu haben“, berichtet Oliver Reich aus der Praxis.

Denn Nierensteine bilden sich, wenn manche Substanzen aus der Nahrung, vor allem Oxalsäure und Kalzium, aber auch Harnsäure und weitere, im Urin zu stark angereichert werden. Dann bilden sich Kristalle, weitere lagern sich an, es bildet sich ein Stein. Die weitaus meisten Nierensteine bestehen aus Kalziumoxalat, beim Rest handelt es sich vor allem um Harnsäuresteine. Sie stehen in Zusammenhang mit Gicht.

Die Größe von Nierensteinen kann differieren und von winzig klein bis zu Ausmaßen reichen, die das gesamte Nierenbecken auskleiden, also acht mal vier mal fünf Zentimeter betragen (Nierenbeckenausgussstein). Solche Exemplare seien dank einer guten medizinischen Versorgung bei uns jedoch eher die Ausnahme, sagt der Professor.

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Symptome von Nierensteinen – von stumm bis Kolik

Denn in den meisten Fällen machen sich die Steine durch deutliche Symptome bemerkbar, nur bei manchen Betroffenen können sie ein Leben lang „stumm“, also symptomlos, bleiben. Dann befinden sie sich meist in einer Nische des Nierenkelchs und bewegen sich von dort nicht weg. Problematisch werden Nierensteine vor allem dann, wenn sie sich in Bewegung setzen, den Nierenausgang verstopfen, in den Harnleiter fallen oder den Eintritt in die Blase verstopfen.

Je nachdem, wo sich der Stein befindet, kann er also zu einer Kolik und massiven Schmerzen führen, dem Vernichtungsschmerz, aber auch zu Zwischenformen und ausstrahlenden Schmerzen, von leichtem Ziehen, das immer wieder auftritt (wellenartig), Unterbauchbeschwerden - Männer können auch Hodenschmerzen bekommen - sowie Rückenschmerzen.

„Entsprechend wird das manchmal verwechselt, etwa mit Bandscheibenproblemen oder einer Blinddarmentzündung“, warnt Reich. Auf jeden Fall sollten auch leichte Schmerzen von einem Arzt abgeklärt werden. Ansprechpartner ist der Hausarzt, der dann zum Urologen oder Orthopäden überweist – denn oft kommen die Rückenschmerzen ja tatsächlich von Verspannungen oder den Bandscheiben.

Notfall Nierenstein – deshalb kann er lebensgefährlich sein

Bei Nierenkoliken und anderen extremen Schmerzen durch den Stein werden die Patienten meist per Notarzt in die Klinik eingeliefert. Im schlimmsten, allerdings seltenen Fall, kann der Stein den Harnleiter komplett verschließen. Die Niere bildet jedoch weiterhin Urin, Abfallstoffe aus dem Blut reichern sich an und können die Niere bleibend schädigen. Es besteht sogar das Risiko, dass sie reißt und der Urin in das Körperinnere fließt. „Das ist ein absoluter Notfall“, warnt Reich.

Doch vor allem besteht das Risiko, dass sich im aufgestauten Urin Bakterien rasant vermehren. Dann können eine Infektion und Fieber auftreten – eine lebensgefährliche Urosepsis. „Der Austausch zwischen Blut und Urin in der Niere ist extrem stark und deshalb gelangen die Bakterien rasch ins Blut“, erklärt der Experte das besondere Risiko dieser Form der Blutvergiftung.

Rasche medizinische Abklärung und Behandlung bei Nierenkolik und anderen massiven Schmerzen können deshalb lebenswichtig sein.

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Behandlung – Schmerzen lindern ist der erste Schritt

„Das wichtigste ist, erst mal den Schmerz zu lindern, was nur mit starken Medikamenten, etwa Opiaten und über die Vene gelingt“, berichtet der Professor. Dann wird per Ultraschall und falls nötig  mithilfe von CTs untersucht. „Oft sehen wir dann schon die gestaute, also erweiterte Niere, weil ein Stein irgendwo den Urinabfluss behindert“, sagt der Experte aus der Klinik.

Im zweiten Schritt suchen die Ärzte mit diesen bildgebenden Verfahren, wo sich der Stein befindet und wie groß er ist. Zusätzlich werden Blut und, falls möglich, Urin untersucht. „Im Urin befinden sich dann mikroskopisch kleine Blutmengen, weil der Stein etwa im Harnleiter entlangschrammt und ihn dabei etwas verletzt hat.“

Nierenstein-Therapie: Nierenstau beheben, Urin ableiten

Nach der Schmerzbehandlung wird zielgerichtet der Stein behandelt. „Ist der Stein nicht sehr groß und bereits weit Richtung Blase gewandert, kann er oft auf natürlichem Weg den Körper verlassen“, erklärt Reich. Viel trinken und Medikamente, die den Harnleiter etwas erweitern, erleichtern das.

Kommt diese konservative Behandlung nicht in Frage, etwa weil der Stein zu groß ist, muss in erster Linie der Urin abgeleitet werden, damit die Niere nicht weiter gestaut wird. „Dazu legt der Urologe eine innere Schiene an“, sagt der Mediziner. Dabei wird über eine Blasenspiegelung ein kleiner Schlauch von der Blase zur Niere geführt. Sind bereits Bakterien im Spiel, eine Infektion ist entstanden und Urosepsis droht, wird die Niere von außen entstaut. Dafür kommt eine sogenannte Nierenfistel, ein künstlicher Abfluss, zum Einsatz.

Nierenstein zertrümmern oder lasern

Danach geht der Patient erst mal nach Hause und es wird abgewartet, bis sich alles etwas beruhigt hat. „Oft rutscht der Stein mit Hilfe der Schiene und den Harnleiter erweiternden Medikamenten inzwischen von selbst hinaus“, nennt der Urologe eine häufige Lösung des Problems.

Passiert das nicht, wird der Stein direkt in Angriff genommen. In vielen Fällen lässt er sich mit Stoßwellen zertrümmern, diese Methode wurde an der München Klinik Harlaching entwickelt. Bei dieser Therapieform handelt es sich um Druckwellen, die das Gewebe möglichst schonen, den Stein jedoch pulverisieren. Dessen Fragmente können in den folgenden Tagen dann meist problemlos ausgeschieden werden. Die Behandlung ist berührungsfrei, Narkose ist nicht nötig.

In anderen Fällen wird der Harnleiter intubiert und der Stein mit kleinsten Instrumenten über diesen natürlichen Abfluss entfernt.

Ist der Stein sehr groß, wird an der Flanke perkutan mit Hilfe des Lasers der Stein zerstört und abgesaugt. Die offene Operation, die früher üblich war und bei der der Nierenstein mit Skalpell entfernt wird, käme nur noch sehr selten zum Einsatz, berichtet der Experte.

Stumme Nierensteine behandeln oder nicht?

Die Behandlung von Nierensteinen ist heute in weit mehr als 90 Prozent erfolgreich. Sollten deshalb auch stumme Nierensteine behandelt werden, also solche, die nur durch Zufall entdeckt werden und keine Probleme bereiten? „Es gibt Berufsgruppen, etwa Piloten, die dürfen keine Nierensteine haben, weil das Risiko einer plötzlichen Kolik die Passagiere gefährden könnte“, erklärt Reich. Auch Lkw-Fahrern wird geraten, auf Nierensteine zu achten. Der Experte empfiehlt die Behandlung aber auch Betroffenen, die etwa viel reisen, und dabei in Gegenden kommen, die über keine optimale medizinische Versorgung verfügen.

Damit nach den Nierensteinen nicht vor den Nierensteinen ist

Nierensteine haben die Tendenz, sich wieder zu bilden, wenn keine gezielte Prävention stattfindet. „Dafür ist es wichtig, vor allem wenn zum ersten Mal Nierensteine aufgetreten sind, dass der Stein untersucht wird, damit man weiß, aus was er besteht“, berichtet Clemens Cohen, Chefarzt der Klinik für Nieren-, Hochdruck- und Rheumaerkrankungen in der München Klinik Harlaching. Kalzium und Oxalat, aus denen die meisten Nierensteine bestehen, sind Stoffe, die man mit der Nahrung aufnimmt. Ist die Konzentration der beiden Salze im Urin zu hoch, fallen sie aus und bilden Kristalle. Um diese Konzentration zu senken gibt es zwei Möglichkeiten, fasst Clemens Cohen zusammen:

  1. Sie müssen mehr als zwei Liter Urin pro Tag produzieren, damit keine Kristalle im Urin ausfallen. Achten Sie also darauf, ob Sie ausreichend urinieren. Damit Sie auf diese Menge kommen, sollten Sie mehr als zweieinhalb Liter pro Tag trinken. Wer viel schwitzt, etwa durch körperliche Arbeit und Sport, muss entsprechend mehr trinken. Gleiches gilt, wenn es sehr warm ist.
  2. Es gibt natürliche Hemmstoffe, die eine Kristallbildung, also die Vorstufe der Steine verhindern. Diese Citrate sind in den allermeisten Gemüsesorten enthalten. Wer sich also vegetarisch ernährt, kann die erneute Bildung von Nierensteinen verhindern.

Allerdings gibt es auch Gemüsesorten, die ungünstig bei Nierensteinen sind, weil sie Oxalat enthalten, nämlich Spinat und Rhabarber. Davon sollten Betroffene nicht so viel essen.

„Dann treten sogar noch mehr Nierensteine auf“

Da die meisten Steine auch aus Kalzium bestehen, wäre der logische Schluss, dass Menschen, die zu Nierensteinen neigen, auch weniger Kalzium zu sich nehmen, also den Milch- und Käseverzehr einschränken sollten. Der Experte stellt jedoch klar: „Das ist ungünstig, wie Studien zeigen, dann treten sogar noch mehr Nierensteine auf.“ Denn wenn die Ernährung kalziumarm sei, nähme der Körper automatisch mehr Oxalat aus dem Essen auf und das Risiko für Nierensteine steigt. Kalzium zu sparen ist also in Hinblick auf die Prävention von Nierensteinen nicht hilfreich.

Auf einen einfachen Nenner gebracht: Mit viel trinken und leicht vegetarischer Kost lässt sich das Wiederauftreten von Nierensteinen meistens verhindern. Wer noch nie Nierensteine hatte, muss diese Tipps nicht so streng beachten, sollte aber die Risikofaktoren einschränken – sich also mehr bewegen, weniger Fleisch und Wurst essen, dafür jedoch täglich Gemüse essen und ausreichend Flüssigkeit aufnehmen.

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