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Bild: dpa
Berliner Landgericht

Mehrjährige Haft nach tödlichem Stoß vor eine U-Bahn

Audio: Inforadio | 29.05.2020 | Ulf Morling

Der Fall löste Ende Oktober 2019 Entsetzen aus: Nach einem Streit wegen Drogen wurde ein Mann in das Gleisbett eines U-Bahnhofs in Kreuzberg gestoßen. Dort wurde er von einer U-Bahn erfasst und starb. Gegen den Täter ist jetzt das Urteil gesprochen worden.

Nach einem tödlichen Stoß vor eine U-Bahn in Berlin-Kreuzberg ist der Angeklagte zu vier Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Das Landgericht sprach den 27-jährigen Mann am Freitag der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge schuldig. Der Angeklagte hatte sein 30-jähriges Opfer Ende Oktober 2019 in das Gleisbett des U-Bahnhofs Kottbusser Tor gestoßen. Dem 30-Jährigen gelang es nicht mehr, auf den Bahnsteig zurück zu klettern. Er wurde von einer einfahrenden U-Bahn erfasst und dabei tödlich verletzt. 

Die Kammer sei nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der bei der Tat erheblich alkoholisierte Täter mit Tötungsvorsatz handelte, begründete der Vorsitzende Richter das Urteil. "Wir sind sicher, dass er die einfahrende U-Bahn nicht sah." Die Staatsanwältin, die auf Mord plädiert hatte, kündigte Revision an.

Streit um Betäubungsmittel

Zwischen dem Angeklagten und dem 30-jährigen Opfer soll es am 29. Oktober 2019 zunächst zu einem Wortgefecht gekommen sein. Gegenstand war laut Ermittlungen der gescheiterte Versuch des Angeklagten, Betäubungsmittel von einem Begleiter des 30-Jährigen zu erwerben. Als sich diese beiden Männer entfernten, sei ihnen der Angeklagte gefolgt und habe den 30-Jährigen in das Gleisbett gestoßen. Dieser starb noch am Tatort.

Es stehe fest, dass der Angeklagte die Verantwortung für den völlig unnötigen Tod trage, führte der Richter aus. Er habe dem Opfer "irgendetwas antun" wollen und ihm schließlich hinterhältig von hinten einen wuchtigen Stoß versetzt. Der Attackierte sei auf den Füßen aufgekommen und habe gleich versucht, zurück auf den Bahnsteig zu klettern. Weil unklar sei, ob sich das Opfer beim Aufkommen auf das Gleisbett verletzte, sei keine vollendete Körperverletzung festzustellen.

Das Gericht ordnete im Urteil zudem die Unterbringung des 27-Jährigen in eine Entziehungsanstalt nach Vollzug der Strafe an.

Der Verurteilte hatte die Tat bedauert

Der Angeklagte hatte beim Prozessbeginn im April über seine Verteidigerin erklären lassen, er habe unter Einfluss von Alkohol und Kokain gestanden. Bei dem Stoß habe er die Gefahr nicht gesehen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich die U-Bahn gesehen oder gehört habe", so der 27-Jährige.

Er habe keine vollständige Erinnerung an die Tat und könne nicht fassen, dass er "einen so schweren Fehler begangen habe". Er habe den Mann nicht töten wollen und bedauere zutiefst. Der Täter wurde wenige Tage nach dem tödlichen Vorfall verhaftet.

Sendung: Abendschau, 29.05.2020, 19:30 Uhr