Google Stadia wird besser, aber die wichtigste Kritik bleibt bestehen
Meinung: Google hat den Cloud-Gaming-Dienst Stadia seit Release erweitert und verbessert, bis Stadia eine größere Spielerschaft erreichen kann, ist es aber noch ein weiter Weg.
by Nils RaettigGoogle Stadia hat noch einen langen Weg vor sich, ehe es zu einem echten Big Player auf dem Gaming-Markt wird. Klar, der Cloud-Gaming-Dienst hat sich im letzten halben Jahr seit Release weiterentwickelt. Aber genau diese Entwicklung zeigt auch, warum der Service noch jahrelang ein Nischen-Produkt bleiben wird - denn trotz allen Fortschritts bleiben Stadias größte Probleme bestehen.
Um zu verdeutlichen, was ich damit meine, schauen wir uns zunächst mal einige der Kritikpunkte an, die Google Stadia zum Release im November 2019 mit sich brachte:
- Es gab nur wenige Stadia-Spiele zu teils hohen Preisen.
- Einige Funktionen wie die nur per Google Chromecast verfügbare 4K-Auflösung liefen nur mit Einschränkungen.
- Angekündigte Funktionen wie die Achievements fehlten komplett.
- Mobile lief Stadia nur auf Googles eigenen Pixel-Smartphones.
- Zugang zum Cloud-Service gab's nur über das Hardware-Bundle der Premiere-Edition für 129 Euro oder über eine Einladung per Budy Pass.
Viele dieser Kritikpunkte ist Google inzwischen angegangen: Seit den Januar-Updates gibt es Achievements, es werden mehr Android-Smartphones unterstützt (wenn auch primär Modelle von Samsung) und mit den März-Updates steht die 4K-Auflösung auch über das Spielen per Browser zur Verfügung. Außerdem kann man Stadia seit April auch kostenlos testen. An den Grundproblemen von Stadia ändert das aber nichts.
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Spieleplattform mit sehr wenig Spielen
Seit Release ist die Zahl der Stadia-Titel zwar von 22 auf fast 50 Titel angewachsen. Im Vergleich zu Steam & Co bietet der Service damit aber immer noch eine stark begrenzte Auswahl. Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass ihr die Spiele neu kaufen müsst - selbst wenn ihr sie bereits für eine andere Plattform besitzt.
Mit dem Pro-Abo, das ihr nach wie vor zwei Monate lang kostenlos testen könnt, stehen zwar manche Spiele auch ohne Kauf zur Verfügung - insgesamt sind das momentan aber nur zwölf Titel.
Wieso erscheinen so wenige Spiele für Stadia? Da Stadia die Grafikschnittstelle Vulkan voraussetzt und Spiele in der Regel extra für Stadia entwickelt (beziehungsweise portiert) werden müssen, überrascht es wenig, dass die Zahl der Stadia-Titel nur langsam wächst. Und gerade dieser Fakt zeigt, dass Stadia noch einen sehr weiten Weg vor sich hat.
Dabei ist nicht zu vergessen, dass Stadia gegenüber anderen Spieleplattformen wie Steam nicht nur den Nachteil der sehr geringen Spieleauswahl ertragen muss. Auch die Abhängigkeit von einer guten Internetleitung und Netzwerkumgebung und das Problem des Input Lags können das Spielerlebnis signifikant verschlechtern.
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Cloud-Gaming soll die Massen ansprechen
Beim Streamen eines Spiels über die Cloud können verschiedene Probleme auftreten. Dazu zählen etwa ein kleines Haken hier und da, nicht ganz so direkte Eingaben wie auf dem PC oder ein teils leicht unscharfes Bild des Video-Streams. Aber nicht jeder Spieler reagiert auf solche Dinge gleich empfindlich.
Außerdem ist es immer noch sehr cool, ohne jede Installation innerhalb von wenigen Sekunden ein neues Spiel zu starten - und das sowohl auf einem PC oder Laptop als auch auf einem Fernseher oder einem Smartphone.
Milliarden Spieler im Blick: Genau darauf setzt Google langfristig, um die weltweit größte Spieleplattform zu werden und die selbst anvisierten Milliarden von Spielern zu erreichen. Wenn es im gleichen Tempo wie bisher weitergeht, dürfte es aber noch sehr lange dauern, bis es soweit ist.
Wie unser Chefredakteur Heiko Klinge über die Entwicklung des Cloud-Gamings und andere wichtige Spiele-Trends 2020 denkt, könnt ihr im folgenden GameStar-Plus-Video sehen:
Stadia wird noch Jahre lang keine große Rolle spielen
Ein Problem beim Cloud-Gaming betrifft außerdem nicht nur Google: Je mehr unterschiedliche Anbieter mit verschiedenen Geschäftsmodellen es gibt, desto unübersichtlicher und damit auch weniger attraktiv wird das Ganze in meinen Augen. Auf der anderen Seite wäre ein einzelner dominierender Anbieter wohl auch nicht das Beste für uns Spieler.
Die Schwierigkeiten von Stadia und das häufig kritisierte Geschäftsmodell stehen damit letztlich beispielhaft für die gesamte Cloud-Gaming-Landschaft. Es würde mich auch in Zuge dessen nicht wundern, wenn das, was bereits vor zehn Jahren mit dem Streaming-Dienst OnLive begonnen hat, mindestens weitere zehn Jahre keine große Rolle spielt.