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Welche Zukunft haben Deutschlands Häfen? Gerade in Hamburg wird jetzt über neue Kooperationen nachgedacht

Quelle: picture alliance / dpa

Deutschland Hafenwirtschaft steht vor einer Neuordnung

Nicht zuletzt befeuert durch die Corona-Krise bahnt sich eine neue Allianz im Norden an, die bessere Verhandlungspositionen bringen könnte. Unterdessen klagen Umweltschützer erneut gegen die bereits laufende Elbvertiefung – wegen einer Pflanze.

Ruhig geht es seit Wochen im Hamburger Hafen zu. Zwar sind wieder die zwischenzeitlich unterbrochenen Liniendienste aus Asien unterwegs in Richtung Deutsche Bucht, aber die möglichen Umschlagskapazitäten werden deswegen noch lange nicht ausgeschöpft. Immerhin kündigt sich demnächst ein Höhepunkt an, am 7. Juni soll die „HMM Algeciras“ im Hafen festmachen. Es kann als Vertreter der Megamax-24-Klasse 24.000 Standardcontainer aufnehmen und ist derzeit das größte Containerschiff der Welt, geschickt von der Reederei Hyundai Merchant Marine in Südkorea.

Doch seit Donnerstagabend bestimmt weder die Flaute noch die freudige Erwartung auf den Besuch die Debatte in Deutschlands größtem Hafenstandort. In Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven geht es in den Vorstandsbüros, aber auch an den Kaikanten um ein Thema, das sehr viel längerfristig die maritime Wirtschaft beschäftigen dürfte, nämlich eine mögliche Kooperation des Hamburger Hafenkonzerns HHLA – dessen Aktien mehrheitlich im Besitz der Hansestadt selbst sind –, des Konkurrenten Eurokai und der Bremer BLG Logistics. Möglich ist inmitten der Corona-Krise eine Zusammenarbeit, die im Rahmen einer nationalen maritimen Strategie schon häufiger auf der Tagesordnung stand, jedenfalls auf der politischen. Als es in den 2000er-Jahren um den Betrieb des JadeWeser Ports in Wilhelmshaven ging, wollten die Hamburger nach einer ersten Zusage dann doch nicht mitmachen. Seitdem sind hier Eurokai und BLG gemeinsam als Teilhaber der Eurogate-Gruppe Betreiber in Wilhelmshaven und auch gemeinsam in Bremerhaven aktiv.

In den Verhandlungen mit Reedereien war die deutsche Aufteilung nicht von Vorteil, der interne Wettbewerb der Standorte konnte ausgenutzt werden. Auch Kostenvorteile wurden so nicht generiert. Nun – wohl nicht zuletzt wegen des erwarteten Rückgangs im Welthandel – ändert sich der Blick. Die HHLA, ein SDax-Unternehmen, gab an, dass es Sondierungsgespräche mit den lokalen Branchennachbarn führe. Die „ergebnisoffenen“ Verhandlungen drehen sich um „Möglichkeiten einer engeren Kooperation im Containergeschäft in der Deutschen Bucht“. Sie seien in einem frühen Stadium. Wie zu erfahren war, wurde die Stadt Hamburg mit Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) aber schon eingebunden. Allerdings dürfte auch das Bundeskartellamt die Entwicklung genau beobachten.

Der Aktienkurs von HHLA sprang in einer ersten Reaktion um sechs Prozent nach oben, kam dann aber wieder deutlich zurück und landete am Freitagnachmittag im Minusbereich. Das Papier war in der Corona-Krise von über 25 auf unter 10 Euro gefallen. HHLA wird in diesem Jahr voraussichtlich kräftig Umschlag und Umsatz verlieren, eine entsprechende Einschätzung gab das Unternehmen unlängst selbst ab.

Zumindest die Zukunft des Hamburger Hafens dürfte auch stark davon abhängen, ob die bereits gestarteten Arbeiten zur Elbvertiefung und Elbverbreiterung fortgesetzt werden können. Dagegen klagten erneut Umweltschützer vor dem Bundesverwaltungsgericht, das am Freitag die Argumente der Kläger sowie des Bundes und Hamburgs anhörten. Das Gericht in Leipzig hatte die Pläne für die Elbvertiefung 2017 in einem ersten großen Urteil weitgehend bestätigt, allerdings den Planfeststellungsbeschluss wegen einzelner Naturschutzprobleme für rechtswidrig erklärt. Seitdem wurden die Planungen nachgebessert. Die Umweltschutzverbänden BUND und Nabu bezweifeln, dass die nun vorgesehenen Maßnahmen ausreichen, die Eingriffe in die Natur wirksam auszugleichen. Konkret geht es um Ausgleichsflächen für den Schierlings-Wasserfenchel.

Elbvertiefung kostet wenigstens 700 Millionen Euro

Der Fluss soll so ausgebaut werden, dass Containerriesen mit einem Tiefgang bis zu 13,50 Meter unabhängig von der Flut und bis zu 14,50 Meter auf der Flutwelle den Hamburger Hafen erreichen können. Zudem sollen bessere Möglichkeiten geschaffen werden, dass die Schiffe einander beim Ein- und Auslaufen passieren können. Die Hafenwirtschaft setzt große Hoffnungen in die 700 bis 800 Millionen Euro teure Elbvertiefung. Ein Urteil will das Bundesverwaltungsgericht voraussichtlich nächsten Donnerstag verkünden.

Die nicht ausreichende Flusstiefe hat übrigens auch schon Auswirkungen auf die Ankunft des Rekordschiffs „HMM Algeciras“. Dieses wird zunächst in Rotterdam einen Halt einlegen und einen Teil der Ladung löschen, weil es sonst nicht die Elbe hochkäme.


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