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Demonstranten in Minneapolis zünden ein Feuerwerk vor einem brennenden Gebäude.© Julio Cortez/AP/dpa
USA

Minneapolis brennt

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Nach dem Tod von George Floyd bricht sich der aufgestaute Frust der Amerikaner gewaltsam Bahn – landesweit. Und Trump will auf die wütenden Menschen schießen lassen.

Im Morgengrauen rückte die Nationalgarde an und ging vor Banken, Supermärkten und Apotheken in Stellung. „Unsere Mission besteht darin, Leben zu schützen, Eigentum zu erhalten und das Recht auf friedliche Demonstrationen zu wahren“, teilte die Heimatschutz-Truppe mit, die der demokratische Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, angesichts der Gewalt in Minneapolis und der Schwesterstadt St. Paul in Marsch gesetzt hatte.

Zu der Zeit hatten Demonstranten bereits die Polizeiwache des dritten Bezirks gestürmt, der die vier Beamten angehörten, die mit dem gewaltsamen Tod George Floyds in Verbindung gebracht werden. Der 46-jährige Schwarze starb am Montagabend unter dem in seinem Nacken sitzenden Knie eines weißen Polizisten, der das Flehen des wehrlos in Handschellen gelegten Mannes – „Ich bekomme keine Luft“- ignorierte.

Das zehn Minuten lange Video, das die brutale Gewalt gegen Floyd dokumentiert, hat einen anhaltenden Aufschrei der Empörung ausgelöst. Selbst eine sonst eher reservierte Polizei-Organisation verurteilte das Vorgehen gegen den Kleinkriminellen aufs Schärfste. Floyd war mit einem gefälschten 20-Dollar-Schein erwischt worden.

Der Beamte und seine drei untätig dabeistehenden Kollegen verloren binnen 48 Stunden ihre Jobs. Anklage wurde noch nicht gegen sie erhoben. Statt in Untersuchungshaft sitzt der Polizist ungeschoren in einem seiner beiden Häuser. Die zuständige Staatsanwaltschaft bittet um Geduld, sie wolle einen wasserdichten Fall vorbringen.

„Alles nur Gangster“

Michael McDowell reicht das nicht. Der Gründer der „Black Lives Matter“-Bewegung in Minneapolis fürchtet, das einmal mehr mit zweierlei Maß gemessen wird und „ein brutaler Polizist wie in 99 Prozent der Fälle davonkommt, ohne auch nur einen Tag hinter Gitter verbracht zu haben“.

„Die Leute reagieren auf ein gewalttätiges System“, erklärt McDowell die Wut, die die Plünderungen, Brandanschläge und Ausschreitungen nun die dritte Nacht in Folge antreibt. Materielle Dinge ließen sich ersetzen, nicht aber das Leben eines Menschen. „Dieser Mann ist für immer gegangen, weil ein Polizist dachte, er habe das Recht, sein Leben zu nehmen.“ Die Menschen seien dessen überdrüssig. „Das ist der Grund, warum Minneapolis brennt.“

Und der Verdruss schlägt sich nun auch gewaltsam Bahn von New York über Louisville und Denver bis hin nach Los Angeles. Eine junge Frau, die vor einem abgebrannten Geschäft in Minneapolis steht, schlägt den Bogen zu den Rassenunruhen von LA 1991 wegen Polizeigewalt. „Wir machen Randale, bis wir eine Antwort bekommen.“ Für Donald Trump sind die Demonstranten aber bloß „Gangster“. Nachdem diese das Polizeirevier in Brand gesetzt hatten, drohte er via Twitter damit, angesichts des angeblichen Versagens von Gouverneur und Bürgermeister – beide Demokraten – selber Nationalgardisten zu schicken, die „den Job richtig erledigen“.

In einem anderen Tweet verdeutlichte er: „Wenn die Plünderungen anfangen, beginnen wir zu schießen.“ Das soziale Netzwerk versah daraufhin die Äußerungen des US-Präsidenten mit dem Warnhinweis. „Dieser Tweet verstößt gegen die Twitter-Regeln in Sachen Gewaltverherrlichung.“

Kurz nach dem Eintreffen der Nationalgarde nahm die Polizei dann den schwarzen CNN-Reporter Omar Jimenez fest, obwohl sich der ausgewiesen hatte und mit der Aufforderung kooperieren wollte, einen bestimmten Einsatzbereich zu verlassen. „Ein klarer Verstoß gegen die Pressefreiheit“, beschied der Sender. Gouverneur Walz entschuldigte sich umgehend und versprach, das Team freizulassen.