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Die Studie war vor einer Woche in der Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlicht worden. Ihr zufolge kann eine Behandlung von Covid-19-Erkrankten mit Hydroxychloroquin möglicherweise die Sterblichkeitsrate erhöht. © APAweb /REUTERS, George Frey

Wissenschafter kritisieren Studie zu Hydroxychloroquin

Diese Studie hatte WHO zur Aussetzung klinischer Tests mit Malariamittel bewogen, auch die Zulassung von Remdesivir gegen Covid-19 verzögert sich.

Dutzende Forscher aus der ganzen Welt haben sich besorgt über eine unlängst veröffentlichte Studie zum Einsatz von Hydroxychloroquin als Corona-Medikament geäußert, die die WHO zur Aussetzung klinischer Tests mit dem Malariamittel veranlasste. Die Studie sei von "vielen Wissenschaftern rings um die Welt im Detail geprüft" worden, hieß es in einem am Donnerstagabend veröffentlichten offenen Brief.

Diese Prüfungen habe "sowohl Besorgnis angesichts der Methodik als auch der Erhebung der Daten ausgelöst". In dem offenen Brief wird eine lange Liste von aus Sicht der Unterzeichner problematischen Punkten angeführt. Unter anderem wird die Weigerung der Autoren kritisiert, anderen Wissenschaftern Zugang zu den Daten zu geben. Auch werde nichts über die Länder und die Krankenhäuser gesagt, aus denen die Daten kommen. Unterzeichnet wurde der offene Brief von Forschern verschiedenster Bereiche unter anderem von der Harvard-Universität und dem Imperial College London.

Die Studie war vor einer Woche in der Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlicht worden. Ihr zufolge kann eine Behandlung von Covid-19-Erkrankten mit Hydroxychloroquin möglicherweise die Sterblichkeitsrate erhöht. Daraufhin hatten mehrere Länder die Behandlung von Covid-19-Erkrankten mit dem Malariamittel untersagt, die Weltgesundheitsorganisation WHO setzte klinische Tests mit dem Mittel unter Verweis auf die Studie aus.

Für die Studie hatten Forscher der Harvard Medical School in Boston und des Universitätsspitals Zürich die Daten von 96.000 Patienten in hunderten Krankenhäusern weltweit ausgewertet. Sie kamen nach eigenen Angaben zu dem Ergebnis, dass Hydroxychloroquin sowie der verwandte Wirkstoff Chloroquin nicht nur keinen Nutzen bei Covid-19-Patienten hätten, sondern möglicherweise wegen schwerer Nebenwirkungen sogar das Sterberisiko erhöhten.

Hydroxychloroquin und Chloroquin werden seit langem als Mittel gegen Malaria eingesetzt. Ihre Wirksamkeit bei der Behandlung von Patienten mit der vom neuartigen Coronavirus ausgelösten Atemwegserkrankung Covid-19 war bereits vor der Studie in "The Lancet" umstritten.

Die Zeitschrift ihrerseits erklärte nun, sie habe "verschiedene Fragen" zu der Studie erhalten. Sie seien an die Autoren weitergeleitet worden, diese würden sie demnächst beantworten.

Vor Veröffentlichung der Studie hatte unter anderem US-Präsident Donald Trump das Medikament in höchsten Tönen gelobt und mitgeteilt, er nehme es zur Vorbeugung gegen das Coronavirus ein. Am vergangenen Sonntag sagte Trump dann allerdings in einem Interview, er habe die Einnahme von Hydroxychloroquin inzwischen beendet.

Zulassung von Remdesivir gegen Covid-19 verzögert sich

Die Zulassung des Mittels Remdesivir gegen Covid-19 auf dem europäischen Markt verzögert sich. Das Pharmaunternehmen Gilead habe bisher noch keinen Zulassungsantrag gestellt, teilte die Europäische Arzneimittelbehörde EMA am Freitag in Amsterdam mit. Damit werde aber in Kürze gerechnet. Je nach Qualität der vorliegenden Daten sollte dann schnell eine Entscheidung fallen.

Die EMA hatte zunächst mit einer Entscheidung bis Ende Mai gerechnet. Am 30. April hatte die EMA ein beschleunigtes Zulassungsverfahren für Remdesivir gestartet. Davon war der erste Zyklus am 15. Mai beendet worden, wie die EMA mitteilte. Ergebnisse von Studien würden ausgewertet und das Mittel gründlich mit Blick auf seine Nebenwirkungen und seinen Nutzen bewertet.

Die USA hatten bereits Anfang Mai eine Ausnahmegenehmigung für den begrenzten Einsatz des ursprünglich zur Behandlung von Ebola entwickelten Wirkstoffes in Krankenhäusern erteilt. Eine internationale Studie mit mehr als 1.000 Teilnehmern hatte gezeigt, dass Remdesivir bei Covid-19-Patienten die Zeit bis zu einer Genesung im Schnitt um vier Tage verkürzen kann. Die Sterblichkeit ging in der Untersuchung geringfügig zurück, was statistisch jedoch nicht signifikant war.

Remdesivir ist in keinem Land der Welt uneingeschränkt als Medikament zugelassen. Bisher gibt es keine Impfung gegen das neuartige Coronavirus und auch keine zuverlässige zugelassene medikamentöse Therapie.(apa/afp)