Der HSV rutscht auf den dritten Platz. Den Re-Start in die Zweite Liga hatten sich die Verantwortlichen anders vorgestellt. Ende März rumorte es bereits im Vorstand; mit personellen Konsequenzen.

Quelle: Omnisport

„Das kann man nicht einfach so herausschütteln“

Der HSV sah im Spitzenspiel gegen Stuttgart wie der sichere Sieger aus, verlor am Ende aber in der Nachspielzeit. Erinnerungen an das Scheitern im Vorjahr werden wach. Trainer Hecking räumt ein, dass er nun gefordert ist.

Die Blicke der Hamburger Profis hatten nach dem Schlusspfiff eines gemeinsam: Sie gingen nach unten. Vereinzelt lagen die HSV-Spieler sogar reglos auf dem Rasen des Stuttgarter Stadions, ein Großteil des Teams trottete aber schnell mit hängenden Köpfen in die Katakomben. Augenblicke zuvor hatte ein Tor von Gonzalo Castro die Hanseaten bis ins Mark erschüttert.

Doch viel Zeit zum Nachdenken haben sie beim HSV nach dem bitteren 2:3 (2:0) beim direkten Konkurrenten aus Stuttgart nicht.

Bereits am Sonntag (13.30 Uhr, im Sport-Ticker der WELT) muss die Elf von Dieter Hecking gegen den SV Wehen Wiesbaden beweisen, dass sie im Aufstiegskampf der Zweiten Bundesliga nicht die Nerven verliert.

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Am Boden: Der späte Gegentreffer im Spitzenspiel der Zweiten Bundesliga traf die Hamburger Profis hart

Quelle: dpa/Matthias Hangst

„Das kann man nicht einfach so herausschütteln. Aber das ist jetzt unsere Aufgabe“, sagte Hecking nach dem „extrem bitteren Abend“ in Stuttgart. „Wir haben nicht viel Zeit. Das werden wir wieder hinbekommen.“ Hamburgs Trainer weiß, auf welch schmalem Grat seine Mannschaft derzeit wandelt.

Erinnerungen an Darmstadt

Denn längst macht sich die Furcht breit, dass der HSV wie in der vergangenen Saison den Aufstieg verspielen könnte. Das entscheidende Gegentor der Stuttgarter durch Ex-Nationalspieler Castro in der Nachspielzeit könnte noch nachhaltig wirken.

Die Geschehnisse in Stuttgart weisen gewisse Parallelen zur Endphase der vergangenen Spielzeit auf. Damals führten die Hamburger am 26. Spieltag 2:0 gegen Darmstadt 98. Auch damals verspielte der HSV in der zweiten Hälfte die Führung und verlor noch 2:3. Aus den folgenden sieben Spielen holte der damalige Tabellenzweite nur noch drei mickrige Punkte. Am Saisonende wurde man undankbarer Vierter.

Statt mit dem psychologischen Vorteil als Tabellenzweiter hinter Arminia Bielefeld in die entscheidende Saisonphase zu gehen, rutschten die Hanseaten hinter die Stuttgarter auf Rang drei. Der Rückstand beträgt nur zwei Punkte, doch der Trend spricht gegen Hamburg. Die Bilanz nach dem Ende der Corona-Zwangspause ist mager: In drei Spielen holten Heckings Spieler nur Pünktchen.

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"Das ärgert mich maßlos" – HSV-Trainer Dieter Hecking war nach der Pleite gegen Stuttgart enttäuscht

Quelle: dpa/Matthias Hangst

Fragen nach einer erneut scheiternden Rückkehr in die Bundesliga will Hecking noch nicht beantworten. Der 55 Jahre alte Fußballlehrer verweist lieber auf die restlichen Partien. „Wenn die sechs Spiele gespielt sind und wir haben den Aufstieg verspielt, dann ist die Frage berechtigt“, entgegnete Hecking einem Journalisten.

Hecking fordert Cleverness

„Ich muss nach vorne gucken, erst mal selber das Geschehen verarbeiten und meiner Mannschaft den Halt geben, den sie braucht. Wir können jetzt nicht liegen bleiben, sondern müssen uns wieder aufrappeln“, legte er nach. Heckings Worte klingen wie eine Durchhalteparole, doch es besteht auch Grund zur Hoffnung.

Wozu die Mannschaft in der Lage ist, zeigte sie in Stuttgart zumindest 45 Minuten lang. In der ersten Halbzeit waren die Hamburger deutlich besser im Spiel, die Führung durch Joel Pohjanpalo (16.) und Aaron Hunt (45.+2) verdient. Doch nach der Pause – und zwei schnellen Gegentoren – brauchte der HSV zu lange, um sich von den Rückschlägen zu erholen.

Als ihnen das gelungen schien, setzte Stuttgart in Person von Castro zum endgültigen Tiefschlag an. Für Hecking ein Zeichen mangelnder Erfahrung: „Am Ende musst du cleverer sein, einen Punkt mitnehmen und nicht noch mal in einen Konter rennen.“

Zweifel sind angebracht, denn die Mannschaft gab nicht zum ersten Mal in dieser Spielzeit sicher geglaubte Vorsprünge aus der Hand. Auch bei Greuther Fürth vor knapp zwei Wochen kassierte das Team in der vierten Minute der Nachspielzeit noch das 2:2. Insgesamt ließen Kapitän Hunt und seine Kollegen in dieser Serie schon 13 Punkte nach eigener Führung liegen.

dpa/rc