Kommentar
Essen mit Gewissensbissen
by Marina KormbakiViele möchten weniger Fleisch essen, setzen die hohen ethischen und ökologischen Ansprüche aber nicht um. Ein Kommentar.
Die Befragung der Bundesbürger nach ihren Essgewohnheiten offenbart hohe ethische und ökologische Ansprüche – die aber selten mit der Wirklichkeit auf den Tellern übereinstimmen. Deutschland isst mit Gewissensbissen.
Die Kluft zwischen erwünschtem und tatsächlichem Verhalten zeigt sich vor allem beim Fleischkonsum. Die Missstände der Fleischproduktion mit Blick auf Arbeitsbedingungen, Tierwohl und Klimafolgen sind bekannt. Sie treiben die Menschen um. Nur noch jeder Vierte gibt an, täglich Fleisch zu essen. Die Selbstauskünfte widersprechen allerdings den Fakten. 2019 aß jeder Bundesbürger im Schnitt 59,5 Kilo Fleisch. Der Marktanteil von Bio-Fleisch liegt bei unter zwei Prozent.
Der Widerspruch zwischen Reden und Handeln erzeugt Frust beim Einzelnen und in der Gesellschaft. Ernährungsdebatten weisen oft Züge von Kulturkämpfen auf. Die Politik kann den Frust mindern, indem sie es den Menschen erleichtert, sich ihren Idealen gemäß zu ernähren, etwa mit einem ökologischen Umbau von Subventionen und dem Verbot tierquälerischer Stallpraktiken. Sie kann dem Verbraucher aber nicht die Last der Verantwortung nehmen. Er oder sie entscheidet, was auf den Tisch kommt.
Marina Kormbaki
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