AfD-Eilantrag gegen Brandner-Abwahl abgewiesen
Bundesverfassungsgericht
by Mit Informationen von Kai KüstnerDie AfD ist mit einem Eilantrag gegen die Absetzung ihres Abgeordneten Brandner als Vorsitzender des Rechtsausschusses gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht schreitet nicht sofort ein, will aber genau prüfen.
Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag der AfD-Bundestagsfraktion gegen die Abwahl ihres Abgeordneten Stephan Brandner vom Vorsitz des Rechtsausschusses abgelehnt. Damit wollte die Fraktion erreichen, dass er seine Aufgaben mit sofortiger Wirkung wieder wahrnehmen darf (Az. 2 BvE 1/20).
Der Vorgang werfe aber neue Fragen auf, die die Richter im eigentlichen Verfahren prüfen wollten, teilte das Gericht in Karlsruhe mit. Hintergrund des Verfahrens ist, dass die Abgeordneten anderer Parteien im Ausschuss Brandner am 13. November mit ihrer Mehrheit abgesetzt hatten. Sie halten ihn für untragbar - ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Bundestags.
tagesschau 12:00 Uhr, 29.05.2020
Empörung über Brandners Haltung
Grund für die Abwahl waren mehrere Eklats, die der Jurist aus Thüringen ausgelöst hatte. Zuletzt hatte er die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an den AfD-kritischen Rocksänger Udo Lindenberg auf Twitter mit der Bemerkung "Judaslohn" kommentiert. Auch mit seinen Reaktionen auf den antisemitisch motivierten Terroranschlag von Halle mit zwei Toten und mehreren Verletzten hatte er Empörung ausgelöst.
Seit Brandners Absetzung wird der Ausschuss von seinem stellvertretenden Vorsitzenden Heribert Hirte (CDU) geleitet.
Brandner: "Kleiner Sieg"
Brandner selbst hatte einen Rücktritt ausgeschlossen. Auf die Entscheidung aus Karlsruhe reagierte er auf Twitter: Zwar sei der Eilantrag abgelehnt worden, aber in der Hauptsache sei der Verfahrensausgang offen. Wörtlich schrieb er: "Das ist wie ein kleiner Sieg, mehr war - zunächst - nicht zu erwarten."
Der AfD-Politiker sprach sogar von einem "schönen Geschenk" des Bundesverfassungsgerichts: "Gleichwohl gibt’s schönere Geschenke - wenn man gewonnen hätte im Eilverfahren, wäre es noch schöner gewesen."
"Kein Platz für Hass und Hetze"
Die Unionsfraktion im Bundestag sieht sich dagegen in ihrer Auffassung bestätigt, "dass Herr Brandner nicht in der Lage ist, das Amt des Ausschussvorsitzenden seriös und fachlich fundiert auszuüben". Jetzt liege es bei der AfD, einen neuen Vorsitzenden vorzuschlagen, sagte Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU). Der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Jan-Marco Luczak, betonte noch einmal: "Im Rechtsausschuss ist kein Platz für Hass und Hetze."
Auch der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, erklärte, die AfD hätte längst einen anderen Abgeordneten für den Vorsitz des Rechtsausschusses benennen können. Zu Recht halte es das Verfassungsgericht auch für bedenklich, dass der Ausschuss von einer Person geleitet werde, die das Vertrauen der Ausschussmehrheit offensichtlich nicht besitze, weil dies die Arbeitsfähigkeit des Gremiums gefährde. Er sprach von einer "klugen Entscheidung".
AfD benannte keinen Nachfolger
Die AfD bestimmte bisher keinen neuen Kandidaten aus ihren Reihen. Das war für die Verfassungsrichter mit ein Grund für die Ablehnung des Eilantrags. Die AfD habe es selbst in der Hand, ihre Beeinträchtigung durch die Benennung eines anderen Kandidaten zu verringern, teilte das Gericht mit. Damit sei sie an der Erfüllung ihrer Oppositionsaufgaben nicht vollständig gehindert.
Im Eilverfahren prüfen die Richter den Sachverhalt noch nicht vertieft. Vereinfacht gesagt geht es darum, ob dem Kläger bis zur eigentlichen Entscheidung nicht wiedergutzumachende Nachteile entstehen.
Paragraf zur Abwahl nicht vorhanden
Für diese Folgenabwägung gelten besonders strenge Maßstäbe, wenn sich der Eilantrag gegen andere Verfassungsorgane richtet, in diesem Fall den Bundestag und den Rechtsausschuss. In der Geschäftsordnung des Bundestags ist nur die Benennung des Vorsitzenden ausdrücklich vorgesehen, nicht seine Abwahl.
In Paragraf 58 heißt es lediglich: "Die Ausschüsse bestimmen ihre Vorsitzenden und deren Stellvertreter nach den Vereinbarungen im Ältestenrat." Mit Blick auf Brandners Abwahl war eine Änderung der Geschäftsordnung diskutiert, aber dann nicht für nötig gehalten worden.