Accenture, T-Systems & Co.
IT-Dienstleister versprechen sich von Coronakrise einen Cloud-Boom
Durch die Folgen der Pandemie brechen IT-Dienstleistern wie Accenture, T-Systems und IBM viele Aufträge weg – dennoch darf die Branche auf neue Chancen hoffen.
by Christof KerkmannDüsseldorf. Die digitale Transformation hat vielen IT-Dienstleistern lange eine robuste Nachfrage verschafft – doch auch diese Boombranche leidet unter der Coronakrise: Die Unternehmensberatung Lünendonk erwartet im laufenden Jahr deutlich weniger Geschäft.
Ob der Markt noch leicht wachsen oder schrumpfen werde, sei angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Unsicherheit nicht zu prognostizieren, sagte Partner Mario Zillmann am Donnerstag in München.
„Viele IT-Dienstleister werden vergleichsweise gut durch die Krise kommen“, betonte Zillmann aber. Zum einen profitieren sie von wiederkehrenden Umsätzen durch das IT-Outsourcing und den Betrieb von Systemen für Kunden, Managed Services genannt. Diese können Kunden nicht einfach abschalten.
Zum anderen sei in Branchen wie Bankenwesen, Versicherungen, Handel und öffentlichem Sektor die Nachfrage „weitestgehend stabil“: Die Digitalisierung treibt sie weiter um.
Als stärksten Wachstumstreiber sehen die IT-Dienstleister die Modernisierung der IT und in diesem Zuge die Einführung von Cloud-Diensten. Auf die Frage, wonach sie dieses und nächstes Jahr ihre Prioritäten ausrichten, nannten 89 Prozent der Anbieter die Cloud-Transformation.
Dazu dürfte die Coronakrise beitragen: Während der Ausgangsbeschränkungen zeigen sich die Vorteile der IT aus dem Netz, auf die Mitarbeiter von überall zugreifen können. Virtuelle Konferenzen ersetzen reale Meetings.
Sonderkonjunktur durch SAP
Hinzu kommt die Bezahlung für genutzte Kapazitäten, „pay as you go“ genannt. „Die Cloud gewinnt deutlich an Schwung“, sagte Zillmann. Priorität hatten auch die Anpassung der Architektur auf neue Technologien und die Analyse von großen Datenmengen.
Zudem beschäftigt viele Unternehmen die Entwicklung und Einführung eigener IT-Plattformen, wie sie etwa der Autohersteller Volkswagen für die Vernetzung der Fabriken baut. „Immer mehr Geschäftsmodelle basieren auf Software“, so Zillmann – das ist eine Chance für die Dienstleister, die mit Kapazitäten und Know-how aushelfen. Wenn der Kunde eigene Expertise aufbaue, werde das Beratungsgeschäft allerdings anspruchsvoll, sagte Heiko Packwitz, Marketingchef von Lufthansa Industry Solutions.
Für eine Sonderkonjunktur sorgt SAP: Seit dem vergangenen Jahr beschäftigen sich zahlreiche große Mittelständler und Konzerne mit dem betriebswirtschaftlichen System S/4 Hana – die Standardwartung für die Vorgängerversion endet 2027, daher wird es Zeit für die aufwendige Einführung, trotz Krise.
Dabei gehe es aber nicht nur darum, die Frist einzuhalten, betonte Holger von Daniels, Chef von Valantic. In den Geschäftsführungen werde der Wert des Systems für die Digitalisierung verstanden.
Handelskonflikt schwächte 2019 das Geschäft
Schon im vergangenen Jahr entwickelte sich das Geschäft schlechter als erwartet: Die Abkühlung der Konjunktur machte sich ebenso bemerkbar wie der internationale Handelskonflikt. Der Umsatz der IT-Dienstleister wuchs laut der Lünendonk-Studie um 7,8 Prozent und damit weniger als erwartet, wobei die 25 größten Unternehmen mit einem Plus von 10,6 Prozent deutlich besser dastanden. Diese hätten als Generalunternehmer einige Großprojekte abgewickelt, berichtete Zillmann.
IT-Service-Anbieter, die im Auftrag von Kunden beispielsweise Rechenzentren betreiben, Computer warten oder Outsourcing-Dienstleistungen anbieten, wuchsen sogar nur um zwei Prozent. Durch das Cloud-Computing gebe es „tektonische Verschiebungen“ im Markt, sagte Zillmann: Die IT aus der Wolke macht beispielsweise eigene Hardware weitgehend überflüssig, womit einige Geschäftsmodelle unter Druck geraten.
Lünendonk untersucht regelmäßig den Markt für IT-Beratung und -Systemintegration. Die Liste führt wie in den Vorjahren Accenture an, das den Umsatz in Deutschland um rund sieben Prozent auf 2,4 Milliarden Euro steigerte. Es folgen T-Systems mit 1,6 Milliarden, IBM mit 1,45 Milliarden und Capgemini mit 1,16 Milliarden Euro.
Bei den mittelständischen Anbietern, die in Deutschland traditionell eine wichtige Rolle spielen, ist Adesso mit 450 Millionen Euro die Nummer eins, dahinter folgen GFT Technologies, ESG und Materna.
Lünendonk berücksichtigte 76 IT-Dienstleister, die mit einem Umsatz von 28,1 Milliarden Euro gut zwei Drittel des deutschen Marktes repräsentieren. Die Studie gilt als wichtiges Barometer für den Markt.