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Bild: imago images/Contrast
Interview | Ex-Union-Keeper Sven Beuckert

"Die Fans haben mich auf Händen in die Kabine getragen"

Am Sonntag spielt Union gegen Borussia Mönchengladbach. In einem Pflichtspiel gab es dieses Duell vor dem Hinspiel zuletzt 2001. Damals wurde Union-Keeper Sven Beuckert zum Pokalhelden. Im Interview erinnert er sich an die Sensation zurück. 

rbb|24: Herr Beuckert, wenn wir gedanklich mal an den 6. Februar 2001 zurückgehen, das DFB-Pokal-Halbfinale gegen Gladbach: Was geht Ihnen da als erstes durch den Kopf?

Sven Beuckert: Als erstes geht mir durch den Kopf, dass einen Tag zuvor noch Schnee lag und das Spiel fast ausgefallen wäre. Viele Fans haben dann aber das Stadion geräumt, sodass wir spielen konnten. Wir haben dann als Drittligist und krasser Außenseiter gegen Gladbach gewonnen, womit keiner gerechnet hatte. Aber wir hatten in dieser Saison wirklich eine super Mannschaft. Es war eigentlich ein ausgeglichenes Spiel und nach der Verlängerung dann glaube ich auch ein verdientes Unentschieden.

Das Spiel wurde erst im Elfmeterschießen entschieden, in dem Sie im Fokus standen. Sie haben die Elfmeter von Arie van Lent und Max Eberl abgewehrt. Haben Sie diese Situationen noch vor Augen?

Der Trainer sagte vor dem ersten Schuss noch: "Bleib lange stehen. Arie van Lent guckt sich die Ecke aus und schießt dann aber meistens in die Mitte." Das habe ich dann auch gemacht. Er hat dann auch versucht, den Ball zu schieben. Ich bin lange stehen geblieben und konnte ihn halten, weil er ziemlich zentral kam. Bei dem Versuch von Max habe ich mir einfach eine Ecke rausgesucht und die war richtig. Man denkt schon immer mal wieder zurück. Das ist jetzt zwar 19 Jahre her, aber man wird trotzdem immer wieder darauf angesprochen.

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Freude pur: Die Union-Fans tragen Sven Beuckert auf Händen.Bild: imago images/Contrast

Was war nach dem Spiel in der Kabine los? Können Sie sich an die - vermutlich sehr lange - Nacht noch erinnern?

Erstmal war viel Trubel auf dem Platz. Das war ja fast genauso wie letztes Jahr beim Aufstieg von Union. Ich glaube, die haben mich dann auf Händen in die Kabine getragen. Und da ging es dann natürlich noch weiter. Wir waren alle durchweicht von Sekt und isotonischen Getränken, weil frenetisch gefeiert wurde. Das war schon Wahnsinn.

War das rückblickend vielleicht der schönste Abend Ihrer Karriere oder wurde dieses Spiel vom Erlebnis Pokalfinale im Olympiastadion drei Monate später noch getoppt?

Die Feierlichkeiten nach dem Spiel gegen Gladbach waren schon gut, aber einmal im Leben im Pokalfinale zu stehen, das ist dann schon noch mal das absolute Highlight. Es war schade, dass wir das dann gegen Schalke verloren haben. Aber wir haben das Erreichen des Pokalfinales und den Aufstieg trotzdem gefeiert, weil es für uns natürlich ein Highlight war.

2009 mussten Sie ihre Karriere früher als geplant beenden. Sie hatten einen schweren Unfall, bei dem Ihr Daumen abgerissen wurde. Wie ist das damals genau passiert?

Ich wollte mein Pferd auf die Wiese führen, als es sich erschrocken hat und durchgegangen ist. Ich wollte es an einem Strick festhalten, aber der hatte sich um meinen Daumen gewickelt. Und dann war nicht der Strick gerissen, sondern der Daumen weg. Dann war ich lange krank und musste meine Laufbahn schließlich auch beenden. Das Daumengelenk ist versteift und ich spüre auch wenig. Aber ich bin froh, dass der Daumen noch dran ist und ich damit noch arbeiten kann. Die Reiterei ist aber trotzdem noch meine Leidenschaft.

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Heute ist Beuckert Torwarttrainer bei Drittligist MSV Duisburg.Bild: imago images/MaBoSport

Was machen Sie seitdem?

Ich bin Trainer beim MSV Duisburg. Ich war erst Co-Trainer der Amateure und bin seit 2011 Torwarttrainer in der 1. Mannschaft. Wir sind aktuell im Quarantäne-Hotel vor dem Restart am Sonntag gegen 1860 München.

Als Spieler haben Sie 2005 und 2007 mit dem MSV Duisburg selbst den Aufstieg in die Bundesliga erlebt, sind 2001 mit Union in die 2. Liga aufgestiegen. Den Unionern gelang der Bundesliga-Aufstieg im letzten Sommer. Haben Sie die Ereignisse verfolgt?

Union hat in den letzten Jahren schon versucht, eine gute Mannschaft aufzustellen, um oben mitspielen zu können. Bei der Entwicklung des Vereins, des Umfelds und des Stadions war irgendwann klar, dass sie die Chance haben werden, aufzusteigen. Letztes Jahr war es dann so und ich wollte unbedingt dabei sein. Das war eine sensationelle Stimmung. Damals habe ich es ja nicht von der Tribüne aus erlebt, sondern war auf dem Platz. Aber ich glaube, dass es jetzt nochmal eine Hausnummer mehr war - auch durch die neue Tribüne. Ein Aufstieg in die erste Liga ist doch noch mal etwas anderes, auch noch mit Relegationsspielen. Es hat ja eigentlich keiner so richtig daran geglaubt, dass Union das schaffen kann. Aber sie waren so stark und haben es am Ende auch verdient geschafft. Die Stimmung danach war einfach sensationell. Ich stand diesmal nicht als Spieler, sondern als Fan auf dem Platz und hatte schon Gänsehaut.

Am Sonntag trifft Union - wie vor 19 Jahren im Pokal-Halbfinale - wieder auf Borussia Mönchengladbach. Rechnen Sie den Berlinern da Chancen aus?

Wenn sie ein gutes Spiel machen, haben sie immer Chancen - egal gegen wen. Aber ich weiß auch, dass Gladbach eine spielerisch sehr starke Mannschaft ist, die oben mit dabeibleiben will. Deswegen wird es wahrscheinlich sehr schwer.

Sechs Spieltage vor Schluss kämpfen die Berliner noch um den Klassenerhalt. Was denken Sie: Bleibt Union in der Bundesliga?

Sie haben auf alle Fälle eine sehr gute Ausgangsposition. Es wird nicht einfach, ohne die Fans im Rücken. Aber der Trainer hat ja schon gesagt, dass man da nicht jammern muss. Aber ich hoffe, dass Union das hinbekommt und zu Hause noch den einen oder anderen Punkt holt, damit es am Ende reicht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Lisa Surkamp, rbb Sport.