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Rappelvoller Badeplatz: Am Wörthsee ist an schönen Tage immer die Hölle los, sagen die Einheimischen.© Andrea Jaksch

Riesen-Ansturm auf Berge und Seen: Polizei befürchtet erneutes Chaos mitten in Corona-Pandemie - und warnt

Zu Pfingsten

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Corona-Krise: An Pfingsten wird es die Ausflügler an die Seen und in die Berge ziehen – die Einheimischen befürchten Blechlawinen und Parkplatznot. Und die Polizei warnt.

Update, 29. Mai: Mit Blick auf das kommende Pfingstwochenende warnt die Polizei nun noch einmal eindringlich alle Ausflügler, sich an die geltenden Regeln und Gesetze zu halten. 

Pfingst-Ausflüge an Seen und Berge in Corona-Pandemie: Polizei warnt Anreisende

Die Mitteilung des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd im Wortlaut: „...weist die Polizei noch einmal eindringlich darauf hin, dass auch am kommenden Wochenende und an den folgenden Tagen der beginnenden Pfingstferien die Einhaltung der Parkordnung und das Freihalten der Rettungswege in den Ausflugsregionen verstärkt kontrolliert werden. Die örtlichen Dienststellen des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd werden hierbei von Einsatzkräften der Operativen Ergänzungsdienste, von der Kontrollgruppe Motorrad sowie Einheiten der Bayerischen Bereitschaftspolizei unterstützt. Festgestellte Verstöße werden konsequent geahndet. Dies kann von einem Bußgeld bis hin zur Abschleppung des Fahrzeugs oder einer Ordnungswidrigkeitenanzeige führen.“

Wörthsee: So voll, dass es gefährlich wird - Ansturm nach Corona-Lockerungen?

Bisweilen nimmt die Verzweiflung skurrile Züge an: „Bei mir haben schon ein paar Mal Leute geklingelt und gefragt, ob sie vor meiner Garage parken dürfen“, sagt eine Anwohnerin. Parkplätze sind am Wörthsee ein kostbares Gut. Zwischen zehn und elf Uhr ist hier meist alles dicht. Die Folge: zugeparkte Rettungswege, Einfahrten oder Wiesen – und genervte Anwohner. Die Frau mit der beliebten Garageneinfahrt sagt: „Wenn es schön ist, ist hier einfach die Hölle los.“ Sie geht an schönen Sonntagen nicht mehr auf ihre Terrasse, weil „der Verkehr einfach nicht auszuhalten ist“.

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Bürgermeisterin Christel Muggenthal (l.) hat Verständnis für die Ausflügler, mahnt aber zu angemessenem Verhalten.© Andrea Jaksch

Am ohnehin überfüllten See rechnet man heuer mit einem größeren Ansturm. „Es werden sicher mehr Gäste werden“, sagt Bürgermeisterin Christel Muggenthal – und zeigt zugleich Verständnis: „Die Leute wollen ja raus.“ Schon an den letzten schönen Tagen habe sich gezeigt, dass sehr viele Fußgänger und Radler auf den teils sehr engen Wegen am See unterwegs waren. „Da gab es brenzlige Situationen – auch, was den Abstand angeht.“

Manchmal ist es am Wörthsee so voll, dass es gefährlich wird. Im vergangenen Jahr hatte sich ein Mann auf der Walchstadter Seite des Sees mit einer Motorsäge ins Bein geschnitten. Für den Notarzt: kein Durchkommen. Sämtliche Straßen zugeparkt. „Die Erstversorgung musste dann die Wasserwacht übernehmen, die über den See kam“, sagt Muggenthal: „Da war für uns ein Punkt erreicht, an dem wir handeln mussten.“

Andere sorgen sich auch um die Sicherheit ihrer Kinder: „An heißen Tagen, vor allem am Wochenende, kann man in der Seestraße keine Kinder mehr radeln lassen. Die Straße ist zu eng, die Autofahrer weichen auf den Bürgersteig aus“, sagt eine Mutter. Dazu komme, dass viel Ausflügler „ihren halben Hausstand“ an den See schleppten.

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Der überfüllte Parkplatz am Vatertag.© Photographer: Andrea Jaksch

Andere am Ort leben aber auch von den Gästen. Wirte, Pensionsbetreiber, Bootsverleiher. Und sie brauchen den Umsatz – gerade nach der Corona-Zwangspause. Till Weiß, Pächter des „Augustiner am Wörthsee“, blickt einem möglichen Ansturm noch gelassen entgegen. Statt 720 Plätzen hat er jetzt nur noch 280. „Mehr können einfach nicht rein.“ Seine Beobachtung: „Bisher sind die Leute sowieso noch recht verhalten. Wer Risikogruppe ist, hält sich mit dem Wirtshausbesuch noch zurück.“
Claudia Muschiol 

Ausflugsparadies Walchensee: Müll, Wildparker und Stau - Ansturm an Pfingsten?

Thomas Holz ist viel gewohnt. Er ist CSU-Bürgermeister von Kochel am See, zu seiner Gemeinde gehört auch der Walchensee. Seine Region ist schon lange ein Ausflugsparadies – vorausgesetzt, man findet einen Parkplatz. Aber jetzt ist offenbar eine Grenze erreicht. „Am Sonntag vor einer Woche war es kurz vor der Katastrophe“, sagt Holz. „Die ganze Gemeinde war zugeparkt, wie wir es noch nicht erlebt haben.“

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„Kurz vor der Katastrophe“: Bürgermeister Thomas Holz am Walchensee.© Arndt Pröhl

Für Pfingsten rechnet er mit ähnlichen Zuständen: „Private Hofeinfahrten waren zugeparkt“, sagt er, „und es gab Autos, die wurden direkt unter ein Rettungsweg-Schild gestellt. Das ist für uns alarmierend. Da sind dann Menschenleben in Gefahr. Es war reines Glück, dass nichts passiert ist, sonst hätte man nur mit dem Hubschrauber retten können.“

Die Menschen lechzen nach Natur, geradenach dem Ende der Ausgangsbeschränkungen sind die Berge und Seen vielerorts voll. Am Samstag, 9 Uhr, öffnet auch die Herzogstandbahn mit der Talstation direkt am Walchensee wieder. Das dürfte den Ansturm zusätzlich steigern. „Jeder ist bei uns willkommen, das will ich klarstellen“, sagt der Bürgermeister, „aber jeder soll sich doch bitte an die Regeln der Straßenverkehrsordnung, des Anstands und des Naturschutzes halten.“ Die Wirtshäuser sind weiterhin nur beschränkt geöffnet, deswegen nehmen mehr Ausflügler als sonst Brotzeit mit. „Aber nicht wie früher eine Semmel in der Tupperdose. Was wir an Würstlplastik und Gummibärchen-Tüten gefunden haben – Wahnsinn!“, sagt Holz. Vieles wird achtlos weggeworfen. Der Bauhof ist zuletzt Sonderschichten gefahren, um alles aufzusammeln.

An Pfingsten soll die kommunale Verkehrsüberwachung Überstunden machen und auch die Polizei wird verstärkt Streife fahren. Das wird den Ansturm nicht stoppen, aber vielleicht das Schlimmste verhindern.
Stefan Sessler

Samerberg: „Kimmt’s unter der Woche“ - Hochbetrieb an Pfingsten?

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„Überall dasselbe Problem“, sagt Georg Huber, Bürgermeister von Samerberg.© Privat

Die Gemeinde Samerberg im Kreis Rosenheim nennt sich selbst das Wanderparadies. Aber wo Paradies draufsteht, da sind Probleme nicht weit. Da weiß jeder, der die Bibel kennt oder die Wanderparkplätze, von denen die Ausflügler am Wochenende Richtung Hochries, Dandlbergalm oder Heuberg aufbrechen. „Tatsächlich trifft die Blechlawine an den schönen Ausflugswochenenden unsere Anlieger sehr schwer“, sagt Bürgermeister Georg Huber. „Das Alpenvorland hat ja überall dasselbe Problem. Am besten wäre, wenn die Münchner mit der Bahn und mit dem Wanderbus zu uns kommen. Es gibt super Umsteigemöglichkeiten in Rosenheim.“

Aber so eine Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist vielen zu kompliziert. Das weiß auch der Bürgermeister. „Die Paradelösung gibt es nicht“, sagt er. Und nennt sie dann doch. „Die Paradelösung wäre, dass es außerhalb der Gemeinde einen riesigen Park & Ride-Parkplatz gäbe, wo 1000 Autos parken können und ein Shuttle die Menschen dann zu unseren Wanderwegen bringt. Das wäre der Königsweg.“ Aber das ist, wenn überhaupt, Zukunftsmusik.

Für Pfingsten rechnet Huber wieder mit Hochbetrieb – aber er hat einen Tipp, wie man schlechte Laune bei der Parkplatzsuche am Pfingstsonntag vermeiden kann. „Liebe Leute“, sagt der Rathauschef, „kimmt’s doch einfach unter der Woche. Da sind 80, 90 Prozent der Parkplätze frei.“

Stefan Sessler

Tegernseer Tal: Corona ist für viele abgehakt - Wetterprognose für Pfingsten gut

Die Wetterprognosen für Pfingsten sind gut, und Rottachs Bürgermeister Christian Köck weiß, was das fürs Tegernseer Tal bedeutet: Die Ausflügler kommen. „Jeder will jetzt raus, das ist auch verständlich.“ Weniger gut versteht Köck die Neigung der Gäste, ungeniert in Wiesen zu parken und Pizzakartons in der Idylle zurückzulassen. So wie zuletzt am Vatertag, als sich an der schmalen Straße im idyllischen Suttengebiet Auto an Auto reihte und teils kein Durchkommen mehr war. „Eine Steigerung ist eigentlich gar nicht mehr möglich“, meint Köck. Nachdem – anders als an Christi Himmelfahrt – jetzt auch die Wirte wieder geöffnet haben, dürfte der Zulauf aber kaum geringer sein.

Neu ist der Ansturm fürs Tegernseer Tal nicht. Vor allem im goldenen Herbst, zur Wanderzeit, schwappen seit jeher Massen von Tagesausflüglern ins Tal mit seinen schmalen Straßen zwischen Bergen und See. Corona hatte kurz Ruhe gebracht, jetzt ist der Ansturm mit neuer Wucht wieder da. „Für viele ist das Thema Corona offenbar abgehakt“, sagt der Bürgermeister. Ihm erscheine das sorglose Verhalten allerdings „zu sportlich und noch nicht angebracht“.

Christina Jachert-Maier

Starnberger See: Corona-Krise in Bayern - mehr Polizei, mehr Kontrollen

Am Starnberger See rechnet man mit einem Ansturm vor allem von Auswärtigen – das kennt man an der Badewanne Münchens, weil es in jedem Sommer so ist. Wegen der Corona-Krise wird allerdings mit einer nochmals höheren Zahl an Ausflüglern gerechnet. Die Polizei Starnberg hat schon Verstärkung angefordert, die vor allem an den Wochenenden in den Pfingstferien sowohl den Verkehr als auch die Einhaltung der Infektionsschutzbestimmungen streng überwachen wird – an Land und auf dem Wasser. Falschparker, insbesondere in Rettungswegen, sollen sofort abgeschleppt werden.

Die Retter von DLRG und Wasserwacht rüsten sich für ein erhöhtes Einsatzaufkommen. Hauptattraktion auf dem Starnberger und dem Ammersee ist die Seenschifffahrt, die am Samstag mit kurzen Rundfahrten starten will. Details sind noch nicht bekannt.

Coronavirus: DLRG befürchtet Ansturm auf Badeseen - „Wir wollen nicht ein neues Ischgl werden

Corona in Bayern: Wegen der Pandemie wurde die Polizeischüler-Ausbildung verkürzt, der Vizepräsident der bayerischen Bereitschaftspolizei warnt nun vor Ausbildungsdefiziten.

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