Kritik an China-Politik der Bundesregierung
"Sicherheitsgesetz" für Hongkong
by Kai KüstnerDer Druck auf die Bundesregierung, einen härteren Kurs gegenüber China einzuschlagen, wächst. Die Opposition kritisiert die Koalition scharf. Heute diskutiert der Bundestag über das neue "Sicherheitsgesetz" Chinas für Hongkong.
Viel zu sanft ist die Bundesregierung im Umgang mit China - findet zumindest die Opposition. So fordert der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Alexander Graf Lambsdorff, von Kanzlerin Merkel, den für September in Leipzig geplanten EU-China-Gipfel abzusagen. Und von Außenminister Heiko Maas, endlich eine andere Tonlage gegenüber der Führung in Peking anzuschlagen: "Anstatt den Botschafter einzubestellen oder klare Konsequenzen zu formulieren, beschränkt Maas sich auf eine kurze blutleere Stellungnahme", kritisiert Lambsdorff im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio.
"Das hohe Maß an Autonomie Hongkongs darf nicht ausgehöhlt werden", hatte der deutsche Außenminister wörtlich in einer Erklärung gemahnt. Maas rief China auch zur Einhaltung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit auf - nachdem der Volkskongress in Peking gestern ein umstrittenes neues "Sicherheitsgesetz" für Hongkong gebilligt hatte. International wird das heftig kritisiert. Die USA erwägen gar Sanktionen.
Daniel Satra, ARD Peking, 28.05.2020, tagesthemen 22:35 Uhr
"Verrat an der Demokratiebewegung"
Die deutsche Reaktion fällt jedoch auch nach Ansicht der Grünen zu verhalten aus: "Angela Merkel und Heiko Maas müssen endlich Klartext reden", fordert der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin. Die Sprecherin für Menschenrechte der Grünen, Margarete Bause, wirft Außenminister Maas auf Twitter gar "Verrat an der Demokratiebewegung in Hongkong" vor.
Anfang Juli übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. Ein Schwerpunktthema wird das Verhältnis zu China sein. So ist für September ein EU-China-Gipfeltreffen in Leipzig geplant.
Handelsbeziehungen erschweren Positionierung
Über den richtigen Umgang mit dem Wirtschaftskoloss wird seit Jahren in der Berliner Politik heftig gestritten. Kritiker werfen der Bundesregierung beständig vor, die Lage der Menschenrechte in China nicht mutig genug zu verurteilen. Aus Angst, die Handelsbeziehungen zum bevölkerungsreichsten Staat der Erde könnten leiden. Die Corona-Krise, befürchten sie, dürfte den Mut der Bundesregierung nicht unbedingt gestärkt haben.
Andere wiederum meinen, zu harte Kritik an China würde dort nur zu einer Trotzreaktion führen und die Menschenrechtslage nicht verbessern.
Kai Küstner, ARD Berlin
29.05.2020 07:48 Uhr