https://www.rbb24.de/content/dam/rbb/rbb/rbb24/2020/2020_05/imago_images/imago0051836472h.jpg.jpg/size=1920x1080
Bild: imago images
Streamkritik | RSB-Orchesterakademie im Delphi

Aufgeladen

Audio: Inforadio | 29.05.2020 | Hans Ackermann

Mit einem Konzert im "Theater im Delphi" hat das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin eine Reihe mit Live-Konzerten ohne Publikum eröffnet. Dabei spielen junge Musikerinnen und Musiker mit erfahrenen Kollegen zusammen. Von Hans Ackermann

"Idyll für Streichorchester" - diesen sprechenden Titel hat der tschechische Komponist Leoš Janáček 1878 seinem Werk gegeben. Eine Orchestersuite, die mit sanften Akkorden beginnt, gespielt von den rund 20 beteiligten Streichern des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin. Mit gut zwei Metern Abstand voneinander haben sich die Musikerinnen und Musiker im Zuschauerraum des ehemaligen Kinosaals verteilt.

Janáčeks "Idyll" wird vom Orchester an diesem Abend nicht einfach nur gespielt, sondern immer wieder "aufgeladen" - wie der Dirigent Steffen Tast erklärt. Dazu hat der Geiger, der auch Mentor der Orchesterakademie ist, zwischen jeden der insgesamt sieben Sätze aus Janáčeks Orchestersuite eine kurze Musik eines anderen Komponisten platziert.

Das Orchesterstück wird mit Kammermusik kombiniert

Nach dem ersten Satz der Suite folgt ein Satz für Solo-Violine von Johann Sebastian Bach, nach dem zweiten Satz ein Tanz von Béla Bartók. Auf diese Weise wird das Orchesterstück mit Kammermusik verschiedener Epochen kombiniert - ein "Aufladungs-Experiment", das sich an diesem Abend bestens bewährt.

Bei den eingefügten Solo- und Duo-Werken stehen jeweils junge Mitglieder der Orchester-Akademie des RSB im Mittelpunkt, exzellente Geigerinnen und Bratscher und auch der junge Cellist Uschik Choi. Der Absolvent der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" lässt mit einem Solostück des Komponisten Bernd Alois Zimmermann mit größter Virtuosität die Avantgarde in den gemütlichen alten Kinosaal einziehen.

Ein visuell ansprechendes Onlinekonzert durch faszinierende Nahaufnahmen

Die Finger des Cellisten, die Hände der Geigerinnen und Bratscher, immer mal wieder auch ein Blick in das konzentrierte Gesicht des Dirigenten - mit faszinierenden Nahaufnahmen aus insgesamt vier im Raum verteilten Kameras gelingt hier ein visuell herausragendes Onlinekonzert. Die aufwendige Mikrofonierung des Raumes ergibt eine außergewöhnlich gute Tonqualität.

Nach gut zwei Stunden endet der Abend mit Musik von Felix Mendelssohn Bartholdy. Im freudig gespielten Finale der Streichersinfonie in d-Moll, die der Komponist im Alter von 11 Jahren geschrieben hat, spürt man bei den Orchestermitgliedern noch einmal die befreite Stimmung. Nach der langen Pause nun endlich wieder zusammen musizieren zu dürfen - Erleichterung, die man hier sehen und hören konnte.