Altmaiers Corona-Desaster
Umstrittenes Förderprogramm
by Peter HornungMit einem Förderprogramm wollte Wirtschaftsminister Altmaier Firmen und Freiberuflern in der Corona-Krise helfen - indem sie auf Staatskosten Unternehmensberater engagieren können. Doch das Ganze endete im Desaster.
Die Idee an sich war gut, doch ihre Umsetzung endete in einem Desaster: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier wollte kleinen und mittleren Unternehmen helfen lassen, die durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. Der Staat sollte für Unternehmensberater zahlen, um sie vor dem Ruin zu retten. Nun wurde das Förderprogramm vorzeitig beendet, und Tausende Unternehmen und Freiberufler werden voraussichtlich leer ausgehen.
Ab Ende März konnten Firmen und Selbstständige beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einen Antrag stellen: Honorare für Beratungsleistungen bis zur Höhe von 4000 Euro wollte der Bund vollständig übernehmen. Beim BAFA ging daraufhin eine Flut von Anträgen ein. Bis Mittwoch dieser Woche waren es nach Informationen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" (SZ) mehr als 33.000.
Etat reicht nicht ansatzweise aus
Hätte jeder der Antragsteller die volle Fördersumme bekommen, hätte der Bund bis zu 130 Millionen Euro ausschütten müssen. Das Problem: Im Bundeshaushalt waren nur gut 15 Millionen Euro dafür vorgesehen. "Es können auch keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden", heißt es mittlerweile auf der BAFA-Webseite.
Dass das bereitgestellte Geld bei weitem nicht reichen wird, war dem Wirtschaftsministerium offenbar schon seit Wochen klar. Intern war bereits am 19. April die Notbremse gezogen worden, es wurden keine Anträge mehr bearbeitet. Dennoch lief das Programm offiziell weiter, und weit mehr als 20.000 Firmen und Freiberufler stellten Online-Anträge, die schon zu diesem Zeitpunkt längst aussichtslos waren. Auch als NDR, WDR und SZ vor gut zwei Wochen über die Probleme berichteten, erfolgte zunächst keine offizielle Information durch das Ministerium.
Heftige Kritik aus Politik und Wirtschaft
Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft, sprach von einer "geradezu grotesken Fehleinschätzung" und forderte, alle bisherigen Antragsteller bei der Förderung zu berücksichtigen. Die Grünen-Politikerin Katharina Dröge sagte, Wirtschaftsminister Altmaier habe die Beratungsförderung für kleine Unternehmen "komplett an die Wand gefahren".
Von "Managementversagen" spricht der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP, Reinhard Houben. Die Hilfe für kleine und mittelständische Unternehmen sei dringend notwendig. Allerdings sei es ebenso notwendig, eine Selbstbeteiligung von zehn bis zwanzig Prozent einzuführen, um "Trittbrettfahrer" loszuwerden.
Noch kein Geld ausgezahlt
Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums erklärte, die Nachfrage nach der Förderung habe "alle Erwartungen weit übertroffen". Man habe jedoch "die Entwicklung der Antragszahlen fortlaufend beobachtet" und sich "dazu eng mit dem BAFA ausgetauscht".
Auch die vergleichsweise wenigen Firmen und Freiberufler, denen die Hilfe tatsächlich in Aussicht gestellt worden ist, haben bisher noch kein Geld bekommen. Erst müsse man prüfen, so das Ministerium, ob die Beratungen auch korrekt durchgeführt worden seien.
Peter Hornung, NDR
29.05.2020 09:38 Uhr