Pistol, Formationen, Blitzgewitter: Die Scheme-Entwicklungen in der NFL
by Adrian FrankeIn der NFL wird nur zu gerne kopiert: Was anderswo funktioniert, wollen Coaches nur zu gerne auf die eine oder andere Art auch auf ihr System übertragen. Aber welche offensiven Trends deuten sich gerade an? Und wie reagieren Defenses darauf? SPOX blickt mittels Rückblick voraus.
Die NFL verändert sich. Gemeint ist - in diesen Tagen schon fast ausnahmsweise - keine Veränderung durch Geisterspiele, ausfallende Trainingseinheiten oder die Verlagerung aller Aktivitäten auf sozial distanzierte Online-Medien. Hier geht es um rein sportliche Aspekte, und die vergangene Saison hat in dieser Hinsicht im Detail, aber auch aus der Vogelperspektive mehr als genug Ansätze geliefert.
Konkret lassen sich in der NFL mehr und mehr zwei Kern-Ideen - mit selbstverständlich weiteren Ansätzen darüber hinaus - für offensive Herangehensweisen erkennen. Nie schwarz-weiß gedacht und nie als absolute Aussage zu verstehen, aber als Basis, als Grundlage.
"Auf der einen Seite haben wir diese Wide Zone Teams, basierend auf Mike Shanahans Ideen - wobei die 49ers heute deutlich vielseitiger sind - und auf der anderen Seite die Teams, die mehr auf Spread-Elemente setzen. Das fühlt sich teilweise an, als würde man in zwei Richtungen gezogen werden", stimmte Ex-NFL-Quarterback J.T. O'Sullivan im SPOX-Interview zu.
Zu den beiden Grund-Trends kommen die Baltimore Ravens als, zumindest was das NFL-Level angeht, Anomalie. Eine einzigartige Offense, gebaut um einen einzigartigen Spieler, deren Auswirkung auf die NFL und potenzielle Nachahmer noch abzuwarten sind. Aber was genau bedeutet das für das Gesamtbild? Und welche Trends lassen sich wiederum im Detail erkennen?
49ers, Titans und Co.: Die Wide Zone Teams
Der ligaweit auffälligste offensive Trend ist eigentlich schon über 20 Jahre alt, und wenn man genau ist, noch älter. Die Denver Broncos unter Mike Shanahan hatten bereits um die Jahrtausendwende enormen Erfolg mit ihrer Mischung aus dem Outside und Wide Zone Scheme in Kombination mit der West Coast Offense.
Fast nach Belieben, so schien es, wurden hier 1.000-Yard-Runner produziert - mit Terrell Davis als größtem Erfolg: Zwischen 1996 und 1998 lief Davis für 1.538, 1.750 und 2.008 Yards.
Die Grundprinzipien wurden bereits in der Analyse zur 49ers-Offense vor dem Super Bowl ausführlicher beschrieben, daher in aller Kürze:
- Die Offensive Line macht nach dem Snap einen Schritt "Playside", also in die Richtung, in die der Run gehen soll. Während im Power Run Game Blocker konkret einen Gegenspieler zugeteilt haben, stellt sich im Zone Blocking für Offensive Linemen die Frage: Habe ich einen Gegenspieler direkt gegenüber von mir ("covered"), oder steht mir gegenüber kein Verteidiger ("uncovered")?
- Hat der Lineman einen Gegenspieler, so wie hier im Beispiel alle Blocker außer dem Right Tackle, sieht der Ablauf so aus: Jeder Spieler macht einen seitlichen Schritt Playside, um dann seinen Gegenspieler zu blocken. Das Ziel ist es, seinen Körper zwischen den Gegner und die Seitenauslinie zu bekommen.
- Je nach Defense-Formation arbeiten die Blocker ohne direkten Gegenspieler sofort auf das Linebacker-Level zu und versuchen da, einen Verteidiger abzuschirmen. Bei einer Konstellation wie hier zwischen Right Tackle und Right Guard bilden beide zunächst einen Double-Team-Block, aus dem sich dann einer der beiden - hier der Right Tackle - löst und so ebenfalls auf das Linebacker-Level kommt. Die meisten Outside-Zone-Designs zielen darauf ab, mindestens zwei Blocker auf das nächste Level zu bringen.
- Dafür wird der Backside-Block (der äußere Block auf der Seite, auf die der Run nicht geht) auch nicht selten ignoriert und der Backside-Tackle arbeitet stattdessen nach innen, etwa im Double-Team mit dem Backside-Guard. Der Cutback-Verteidiger kann schließlich selbst ungeblockt nicht einfach in die Mitte stürmen, er ist meist für Play Action Rollouts des Quarterbacks oder mögliche Reverse-Plays zuständig.
- Der zentrale Unterschied zwischen Outside Zone und Wide Zone liegt beim Running Back: Wo es im Outside Zone die klar integrierte Optionen gibt, je nach Möglichkeit auch nach innen zurück zu ziehen, haben typische Wide-Zone-Plays ein klares Ziel: um jeden Preis nach außen kommen. Die Line blockt zwar zunächst auch in einer Outside-Zone-Bewegung, versucht dann aber eher, das gesamte Geschehen nach innen zu blocken, während der Running Back meist etwa einen Punkt zwei bis vier Yards außerhalb des äußersten Spielers an der Line anpeilt. Aus defensiver Sicht sehen beide Plays sehr ähnlich aus, weshalb auch beide geeignet sind, um darauf aufbauend identische Play-Action-Designs umzusetzen.
So kann Outside Zone dann im Bewegtbild aussehen:
Und die Anzahl der Teams, die ihre Offense mehr und mehr maßgeblich auf das Outside Zone Blocking aufbauen, wächst. San Francisco, die Rams, Minnesota, Cleveland, Tennessee, Atlanta, Green Bay - hier wird es auch in der kommenden Saison zahlreiche Ableger geben.
Oft erfolgt das mit direkter Verwurzelung: Kyle Shanahan, Mike Shanahans Sohn, bei den 49ers, Sean McVay (Rams) und Matt LaFleur (Packers) kommen aus der direkten Shanahan-Schule. Gary Kubiak (Minnesota) hat mit Mike Shanahan in Denver gearbeitet, Kevin Stefanski (Browns) zuletzt unter Kubiak und Arthur Smith (Tennessee) war 2018 einer von LaFleurs Assistenten und übernahm die Offense, als LaFleur nach Green Bay ging.
Coaches, das ist kein Geheimnis, installieren letztlich das, was sie kennen.
Outside Zone: Wie entwickelt sich die Idee weiter?
Zunächst sei auch hier aber wieder vor zu striktem Schwarz-Weiß-Denken gewarnt. Teams, deren Offense auf dem Outside und Wide Zone Blocking Scheme maßgeblich aufbaut, limitieren sich keineswegs exklusiv darauf. Auch diese Teams nutzen Man Blocking Konzepte im Run Game. Auffällig aber war gerade bei Shanahans 49ers im vergangenen Jahr, wie vielseitig San Francisco in dieser Hinsicht geworden ist - das Championship Game gegen Green Bay war das Paradebeispiel dafür.
Outside Zone ist noch immer die Basis, aber eine gegnerische Defense muss sich auf deutlich mehr Komponenten vorbereiten - nicht mehr nur auf die Frage, ob angesichts der sehr ähnlichen Blocking-Designs ein Run oder ein Play Action Pass kommt. Und: Shanahan zeigte auch darüber hinaus, wie die Entwicklung weitergehen könnte.
Ligaweit sieht man den Trend, die Defense mit mehr sich bewegenden Teilen herauszufordern: Motion und Shifts, also Spieler, die sich vor dem Snap in Bewegung setzen und insbesondere wenn sie sich im Moment des Snaps noch bewegen, sind eine nicht zu unterschätzende Waffe geworden, um offensiv noch effizienter zu agieren.
Laut PFF ging der Liga-Schnitt in der vergangenen Saison um weitere vier Prozent auf 47 Prozent hoch; bei 47 Prozent der offensiven Plays gab es also Motion oder Shifts. Shanahan derweil? Seine 49ers führten die NFL mit 78 (!) Prozent an, lagen also 31 Prozentpunkte über dem Schnitt. Seit 2015 hat Shanahan sich hier schrittweise konstant gesteigert, über die letzten fünf Jahre ging es von 56 auf 78 Prozent hoch.
Dieses Element macht sich vor allem in zwei Aspekten bemerkbar: Mit mehr Motion hat San Francisco sich auch mehr Optionen gegeben, um im Run Game auf verschiedene Arten zu attackieren. End Arounds, Jet Sweeps, diese Elemente haben jetzt einen festen Platz in der Offense. Der andere Part: Alles im Passspiel ist darauf ausgerichtet, dem Quarterback offene Würfe und Yards nach dem Catch zu kreieren.
Kernkompetenz: Dem Quarterback die Arbeit erleichtern
Der Kern der Outside Zone Offenses ist noch immer die Mischung mit dem Play Action Passspiel. Kein anderes Blocking Scheme macht es leichter, Run Plays und Play Action Pässe nahezu identisch aussehen zu lassen; unter den fünf Quarterbacks mit der höchsten Play-Action-Rate waren in der vergangenen Saison mit Goff, Garoppolo und Cousins drei Vertreter dieser Outside Zone Offenses.
Doch was gerade in San Francisco 2019 zu beobachten war, ging darüber hinaus. Keine Offense warf den Ball 2019 im Schnitt kürzer als San Francisco (6,7 Yards über die Line of Scrimmage) oder zentraler: Laut PFF gingen 62 Prozent der Pässe in den mittigen Bereich des Feldes zwischen den Field Numbers. Jimmy Garoppolo musste gemäß Next Gen Stats nur 15,3 Prozent seiner Pässe in enge Fenster werfen, unter Quarterbacks mit mindestens 200 Pässen der elftniedrigste Wert.
Mehr noch: Der Quarterback muss nicht nur weniger komplexe Reads und schwierige Würfe umsetzen, auch in puncto Yards arbeitet die Offense ihm mehr zu als nahezu jedes andere Grund-Scheme. Garoppolo verzeichnete 6,6 Yards nach dem Catch pro Completion, fast ein halbes Yard im Schnitt mehr als der Zweitplatzierte Ryan Tannehill. In der Top-6 dieser Kategorie waren letztes Jahr fünf Quarterbacks, die in auf dem Outside Zone Scheme basierenden Offenses spielten:
Platzierung | Spieler (Team) | Yards after Catch/Completion |
1. | Jimmy Garoppolo (San Francisco) | 6,6 |
2. | Ryan Tannehill (Tennessee) | 6,2 |
3. | Patrick Mahomes (Kansas City) | 6,1 |
4. | Derek Carr (Oakland) | 5,9 |
5. | Kirk Cousins (Minnesota) | 5,8 |
6. | Jared Goff (Los Angeles Rams) | 5,7 |
6. | Aaron Rodgers (Green Bay) | 5,7 |
6. | Baker Mayfield (Cleveland) | 5,7 |
Gerade die Verknüpfung mit Motion, um so defensive Zuteilungen noch durcheinander zu bringen und Receiver dann nach einem Play Action Fake komplett frei zu bekommen, ist keineswegs auf die 49ers beschränkt. Laut PFF wurden in der vergangenen Saison 43 Wide-Receiver-Screen-Pässe via Play Action und mit einem Jet-Element eingebaut geworfen. Alleine zwölf davon gingen auf das Konto der Rams.
Eingebaute Fakes: Simplere Reads für den Quarterback
Die Idee, Quarterbacks mehr einfache Reads und die Möglichkeit für explosive Plays bei simpleren Pässen zu geben, beschränkt sich keineswegs auf die Outside Zone Offenses. 34 Quarterbacks hatten 2019 mindestens 50 Play Action Dropbacks - von diesen 34 Quarterbacks hatten nur vier eine Play-Action-Quote (sprich: wie viele ihrer Pässe insgesamt via Play Action kamen) von unter 18 Prozent: Gardner Minshew (14,2 Prozent), Mason Rudolph (17,2), Joe Flacco (17,3) und Jameis Winston (17,7).
17 dieser 34 Quarterbacks hatten eine Play-Action-Quote von mindestens 25 Prozent, wenigstens ein Viertel ihrer Pässe kam also per Play Action. Acht (Wentz, Brissett, Cousins, Garoppolo, Mahomes, Goff, Mariota und Jackson) standen sogar bei über 30 Prozent.
In puncto Scoring-Effizienz war Lamar Jackson (14 Touchdowns, 0 Interceptions) der Spitzenreiter, gefolgt von Kirk Cousins (14:2) und Russel Wilson (10:0). Die Titans-Offense derweil produzierte Yards: Der Yards-pro-Pass-Schnitt ging bei Play Action verglichen mit normalen Dropbacks um 6,3 (Mariota) beziehungsweise 5,7 (Tannehill) Yards hoch. Kein anderer Quarterback kam auf eine Differenz von mehr als 4,7 Yards.
Doch die Ravens gingen noch weit darüber hinaus. Sie waren nicht nur in puncto Scoring brandgefährlich bei Play Action, Lamar Jackson führte die Liga auch mit weitem Abstand in der Nutzung von Run Pass Options an. 173 Mal spielten die Ravens laut Pro Football Reference eine Run Pass Option, bei der der Quarterback nach dem Snap einen Verteidiger liest und dann anhand dieses Reads entscheidet, ob er den Ball an den Running Back übergibt oder einen Pass wirft.
Nur Arizonas Kyler Murray (108) kam ansonsten überhaupt auf mehr als 100 Versuche.
Der Ravens-Weg
Baltimore allerdings war ohnehin in vielerlei Hinsicht eine Anomalie. Die Ravens etwa nutzten die Pistol-Formation - dabei steht der Quarterback beim Snap einige Yards hinter dem Center, doch steht der Running Back nicht wie in der Shotgun neben, sondern hinter ihm - nach PFF-Statistiken 569 Mal. Platz 2 waren auch hier die Cardinals - mit 62 Snaps in der Pistol. 170 Zone Read Runs liefen die Ravens aus der Pistol, wie etwa diesen Touchdown gegen die Patriots. Im Schnitt verzeichneten sie dabei monströse 6,9 Yards.
Fraglos waren die 2019er Ravens in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung. Lamar Jackson stellte einen neuen Quarterback-Rushing-Rekord auf und knackte die 1.200-Yard-Marke, er war der zentrale Grund dafür, dass Baltimore ein historisch effizientes Run Game auf den Rasen zauberte.
Nun ist weder zu erwarten, dass Baltimore das Eins-zu-Eins wiederholt, noch, dass man das System einfach kopieren kann - es gibt, zumindest aktuell, keinen zweiten Lamar Jackson. Und doch sind NFL-Coaches sehr gut darin, Dinge, die funktionieren, notfalls auch mit kleinen Adjustierungen zu übernehmen.
Es mag nirgendwo sonst eine tragende Säule der Offense werden wie in Baltimore, doch könnten etwa die Texans mit Watson, die Bills mit Allen, die Cardinals mit Murray oder auch die Seahawks mit Wilson und die Giants mit Jones diese Effizienz sehen und es in Teilen in ihre Offense übernehmen.
Ein neuer Quarterback-Typ
Insgesamt passt das in ein übergreifendes Thema: Der Quarterback-Prototyp in der NFL verändert sich. Jackson ist dabei das Extrem, mit Murray und Josh Allen dann dahinter - doch auch Wentz, Mahomes, Watson, Herbert, Burrow und Daniel Jones: Schaut man auf die Quarterbacks, die über die letzten Jahre in die Liga gekommen sind, fällt auf, dass Mobilität ein zunehmend großer Faktor ist.
Man muss noch immer aus der Pocket gewinnen können, doch die Fähigkeit, zu improvisieren, außerhalb der Play-Struktur zu gewinnen und zumindest vereinzelt auch als Runner eine Gefahr zu sein wird immer wichtiger. Der Super-Bowl-Run der Chiefs hat das abermals unterstrichen, mehrfach war Mahomes hier zu Fuß ein Dosenöffner für die Offense.
Das gibt einer Offense nicht nur zusätzliche Möglichkeiten, im Idealfall kann ein Quarterback eine Defense dann auch bestrafen, wenn sie Man Coverage spielt; einerseits mit präzisen Pässen, andererseits aber auch mit seinen Beinen. Lamar Jackson etwa war mit 0,5 Expected Points Added pro Dropback der beste Quarterback in der NFL gegen Man Coverage.
So lässt sich eine Medaille mit zwei Seiten feststellen. Einerseits ist es ein Kernelement für die besten Offenses der Liga, ihrem Quarterback die Arbeit möglichst zu erleichtern. Das kann durch Spread-Formationen passieren, bei denen die Defense in die Breite gezogen, Matchups isoliert und vor dem Snap mögliche Coverage-Hinweise entlockt werden, wie es die Chiefs oftmals machen. Es kann durch Run Pass Options, Play Action und spezifisch auf Yards nach dem Catch ausgelegte Offenses funktionieren.
Die andere Seite der Medaille? Der Quarterback muss auf einer Play-für-Play-Basis weniger komplexe Reads mit tiefen Dropbacks durchführen; gleichzeitig sollte er, damit die Offense auch über einen längeren Zeitraum auf Elite-Level funktioniert, auf die eine oder andere Art zusätzlichen Value mit seiner Athletik mitbringen. Auch wenn die Offense nicht wie die der Ravens maßgeblich um diese Qualität herum aufgebaut ist.
NFL Offenses: Wie reagieren die Defenses auf all das?
Wohin führt all das? Über die letzten Jahre vor allem dazu, dass Offenses mehr und mehr dominieren. Defenses sind nicht nur in ihrer Entwicklung von Jahr zu Jahr deutlich inkonstanter als Offenses, sie sind auch innerhalb einer Saison anfälliger für größere Schwankungen - abhängig unter anderem vom jeweiligen Gegner - und sind zunehmend in eine Art Komplementär-Rolle zu Offenses gerutscht, wenn man das Gesamtbild unter der Frage, wie man Spiele gewinnt, betrachtet.
Welche Antworten finden Defenses darauf? Ein Trend ist, sich mit Aggressivität wieder ein Stück weit aus der Rolle des stets reagierenden Parts herauszubewegen. Auch hier sind die Ravens weit vorne mit dabei: Baltimore blitzte bei 54,9 Prozent der defensiven Passing-Snaps - eine enorme Zahl und über zehn Prozentpunkte vor den Zweitplatzierten Tampa Bay Buccaneers (43,4 Prozent). Auch New England ist hier seit Jahren vorne mit dabei, die Buccaneers haben ebenfalls schnell die Identität von Todd Bowles in der Hinsicht angenommen.
Der direkte Zusammenhang damit ist Man Coverage. New England, Baltimore, Tampa Bay - all das sind Defenses die deutlich über dem Liga-Schnitt stehen was Man Coverage angeht, um dann daraus möglichst aggressiv blitzen zu können. Und insbesondere New England und Baltimore sind Sub-Backage-Defenses, heißt: Es wird bevorzugt mit mehr als vier Defensive Backs gleichzeitig auf dem Feld gespielt.
Defensive Flexibilität: Die Zukunft für die NFL?
Das hilft dabei, gegen unterschiedliche Matchups bestehen zu können - und es gewährt kreative Freiheiten. Insgesamt zehn Spieler mit über 100 Pass-Rush-Snaps hatten die Ravens in der vergangenen Saison; die Patriots mit derer elf toppen Baltimore sogar noch. Zum Vergleich: Teams, die in ihrem Pass-Rush-Ansatz eher traditioneller vorgehen wie die 49ers (acht Spieler mit mindestens 100 Pass-Rush-Snaps), Steelers (6), Bills (8) oder Colts (8) rangieren merklich dahinter.
Baltimore war in puncto Expected Points Added pro Dropback die ligaweit beste Defense in Man Coverage, wie The Athletic jüngst herausgearbeitet hat. Insgesamt waren die Patriots und Ravens was Expected Points Added bei gegnerischen Dropbacks angeht beide in den Top 4.
Bei den Patriots sind insbesondere Linebacker maßgeblich in den Pass-Rush eingebaut, bei Baltimore hatten mit Chuck Clark und Earl Thomas zwei Safeties über 60 Pass-Rush-Snaps. Beide setzen auf eine Art positionslosen Ansatz, die Ravens noch extremer. Spieler tauchen überall auf dem Feld auf, sodass die Offense aus Pre-Snap-Formationen oftmals keine Schlüsse ziehen kann, was sie nach dem Snap erwartet. Das weiter auszubauen könnte die Defense wieder mehr in eine agierende Rolle befördern.
Die Dolphins haben mit ihrer Cornerback-intensiven Offseason gezeigt, dass sie auf einem ähnlichen Weg sind, die Lions dürften auch noch deutlich mehr in diese Richtung gehen und die Giants könnten ebenfalls diesen Weg einschlagen. Gleichzeitig waren die 49ers und Steelers in der vergangenen Saison mit ihren über die Front aufgebauten Defenses ähnlich erfolgreich.
Das führt letztlich zu einer weiteren Debatte: Ist es lohnenswerter, seine Defense primär über Secondary und Coverage, oder aber über Front und Pass-Rush aufzubauen? Schaut man auf die Trends, scheint zumindest eine kleine Entwicklung in Richtung der Coverage-Denkweise stattzufinden. Aber um das Blatt im konstanten Duell mit den Top-Offenses auch langfristiger wieder wenden zu können, wartet noch ein langer Weg.