https://www.ndr.de/sport/fussball/hecking390_v-contentxl.jpg
Zwischen Fassungslosigkeit und Zorn: HSV-Trainer Dieter Hecking nach dem Spiel in Stuttgart.

Ein Déjà-vu mit Folgen? HSV vergeigt Aufstiegsgipfel

by

Dieter Hecking vergrub die Hände tief in den Hosentaschen und presste die Lippen aufeinander. Verteidiger Rick van Drongelen stürmte wutentbrannt vom Platz, ehe er an einer Bande zu Boden sank und minutenlang ins Leere starrte. Der Abwehrchef des Hamburger SV war wenige Augenblicke zuvor maßgeblich an der entscheidenden Szene des Zweitliga-Spitzenspiels beim VfB Stuttgart beteiligt gewesen. Gemeinsam mit seinem Abwehrkollegen Timo Letschert war es van Drongelen nicht gelungen, einen Konter der Gastgeber zu stoppen. Und so ging das Aufstiegsduell am Donnerstagabend in der zweiten Minute der Nachspielzeit mit 2:3 verloren. Nach einer 2:0-Führung. Für manchen in der Mannschaft und für sehr viele Fans war dieses Totalversagen in einem eigentlich schon gewonnen Spiel ein Déjà-vu.

Stuttgart zieht vorbei

Nach diesem "extrem bitteren Abend" (Hecking) muss man sich in der Tat fragen, ob der HSV drauf und dran ist, erneut den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga zu verspielen. Statt Platz zwei zu festigen und den Vorsprung auf den Verfolger auszubauen, mussten die "Rothosen" den direkten Aufstiegsplatz an Stuttgart abtreten. Als Dritter hat der HSV nun zwei Punkte weniger als der VfB. Der Rückstand auf Arminia Bielefeld beträgt nun schon sieben Punkte. Zudem hat der Spitzenreiter noch ein Nachholspiel gegen Dresden in petto. Und von hinten macht der 1. FC Heidenheim Alarm (nur ein Punkt Rückstand). Auch Darmstadt als Fünfter ist nur vier Punkte entfernt.

Hecking: "Es bleibt spannend bis zum Schluss"
In der Pressekonferenz nach dem 2:3 in Stuttgart richtete HSV-Trainer Dieter Hecking seinen Blick nach vorn: "Es sind noch 18 Punkte zu vergeben, davon müssen wir noch eine Menge holen."29.05.2020 09:55 Uhr

Wie gegen Darmstadt in der Vorsaison

Ein Erlebnis wie das in Stuttgart hatte der HSV vor einem Jahr zu Hause. Am 26. Spieltag führten die Hamburger gegen Darmstadt bereits 2:0, ehe sie die Partie noch mit 2:3 verloren - das Siegtor für die Hessen fiel ebenfalls in der zweiten Minute der Nachspielzeit. Das Ergebnis damals war richtungsweisend. Zwar hielt sich der HSV zunächst noch auf Rang zwei, holte aber nur noch sechs Punkte und stürzte auf Rang vier ab.

Sieg gegen Wiesbaden ist Pflicht

Hecking, der damals noch nicht in der Verantwortung war, muss jetzt vor allem auf die Psyche seiner Spieler einwirken, damit sie sich von dem späten K.o. erholen, der einmal mehr Zweifel nährte, ob die aktuelle Mannschaft die Klasse und Konstanz für höhere Aufgaben besitzt. Beim HSV wiederholen sich immer wieder die gleichen Fehler: Das Team kassiert viel zu viele Tore durch Standards und hat bereits mehrmals Partien aus der Hand gegeben, in denen es eigentlich die Kontrolle über den Gegner hatte.

Der Trainer hatte jedenfalls Mühe zu verbergen, wie sehr ihn nervte, dass sein Team am Ende kopflos in einen Konter rannte, statt wenigstens das Remis zu sichern. "Das kann man nicht einfach so herausschütteln. Aber das ist jetzt unsere Aufgabe", sagte er. "Wir haben nicht viel Zeit." Bereits am Sonntag (13.30 Uhr / im Livecenter von NDR.de) kommt der SV Wehen Wiesbaden in den Volkspark. Wenngleich der HSV nach der Corona-Pause noch kein Spiel gewonnen hat: Ein Sieg gegen den Abstiegskandidaten sollte Pflicht sein.

Hecking: Aufrappeln, nicht liegen bleiben

Verlieren ist jetzt ohnehin verboten, wenn der HSV zumindest den Relegationsplatz noch sichern will. Zumindest Verfolger Heidenheim könnten sich die Hanseaten im Auswärtsspiel am vorletzten Spieltag noch aus eigener Kraft vom Leib halten. Gedanken an den "Worst Case" will Hecking vorerst nicht zulassen. "Wenn die sechs Spiele gespielt sind und wir haben den Aufstieg verspielt, dann ist die Frage berechtigt", sagte er. "Ich muss nach vorne gucken, erst mal selber das Geschehen verarbeiten und meiner Mannschaft den Halt geben, den sie braucht. Wir können jetzt nicht liegen bleiben, sondern müssen uns wieder aufrappeln."