Founder der Woche: Wie Trump-Herausforderer @jack tickt
by Jakob SteinschadenPopcorn-Time! In den USA eskaliert der Streit um Meinungsfreiheit und Zensur auf Social Media, und im Ring stehen sich nun gegenüber: US-Präsident Donald Trump in der einen Ecke, und Jack Dorsey, Mitgründer und CEO von Twitter in der anderen. Denn im US-Wahlkampfjahr 2020, während Corona-Krise und Riots auf den Straßen vieler US-Städte, will Dorsey nicht länger zuschauen. Zuschauen dabei, wie Trump seine Erfindung Twitter dazu nutzt, um Fake News und Stänkereien aller Art zu verbreiten.
Und so hat Dorsey zu einem Mittel gegriffen, das Trump auf die Palme bringt. Er hat zwei Tweets des US-Präsidenten als Falschinformation kennzeichnen lassen, und er hat einen weiteren Tweet ausblenden lassen, weil Trump damit Gewaltverherrlichung betreibe und gegen die Regeln bei Twitter verstößt.
„Zensur!“, schreit Trump und will gleich mal neue Gesetze, die Social-Media-Betreiber in die Pflicht nehmen – und zwar darüber, was sie zulassen und was nicht. Trump hätte da wohl gerne, dass die Rechtskonservativen mit ihren Tweets möglichst viel Reichweite bekommen und seine Feinde (z.B. CNN, die New York Times oder Jeff Bezos‘ Washington Post) möglichst wenig. Denn deren „Fake News“ könne man ja auch blocken.
Gefährliche Tweets
Nun hat sich Dorsey auf einen ziemlich gefährlichen Pfad begeben. Spätestens ab heute wird die ganze Welt genauestens analysieren, welche Tweets Twitter nun kennzeichnet und ausblendet und welche nicht. Und wer die Welt und ihre Menschen kennt, der weiß: Was wahr ist und was nicht, ist leider oft Ansichtssache.
Anders als Zuckerberg, der Trumps Postings unangetastet online lässt, begehrt Dorsey damit gegen den Zugriff der hohen US-Politik auf die Twitter-Inhalte auf. Ein Minenfeld, wie Dorsey weiß. „Wir können nicht Schiedsrichter der Wahrheit sein. Ich glaube, es wäre gefährlich, wenn das irgendjemand von uns wollen würde. Was können wir also tun? Wir fokussieren uns auf irreführende Informationen, die jemanden in eine bestimmte Richtung führen wollen“, sagt Dorsey im Interview mit Rolling Stone. Das werde man 2020 fortsetzen – auf falsche oder umstrittene Informationen über Wahlen hinweisen.
Twitter-Dorsey, stets im Schatten von Facebook und Zuckerberg, ist am ehesten der Typ, der sich traut, sich mit Trump und Co anzulegen und nicht eine möglichst vage Position einzunehmen, um sich aus der Schusslinie zu halten. Zuckerberg sieht neben Dorsey mit Kinnbart, Nasen-Piercing und Wollmütze aus wie ein braver College-Boy neben dem Gitarristen einer Hardcore-Band. Aber bitte nicht falsch verstehen: Dorsey kann auch Milliardär-Style. Seine teuren Autos, seine dutzende Millionen Dollar teuren Häuser und seine Dates mit Models zeugen auch vom Playboy-Leben.
Bitcoin und BGE
Wo Dorsey politisch steht, ist nicht ganz eindeutig – ein „radikaler Linker“, wie Trump die Betreiber der Social-Media-Plattformen bezeichnete, ist er nicht, aber er wird wohl eher bei den Demokraten als bei den Rpublikanern einzuordnen sein. Zum einen etwa spendete er an Humanity Forward, eine Initiative des ehemaligen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Andrew Yang, zum anderen versuchte Megainvestor Elliott Management von Paul Singer (also ein Big Spender der Republikaner), ihn als Twitter-CEO loszuwerden.
Wird Dorsey 2020 als Twitter-CEO überleben? Das wird stark davon abhängen, was Trump und die Republikaner gegen ihn mobilisieren werden. Dorsey dürften aber die Projekte nicht ausgehen. Er ist auch noch CEO des Payment-Dienstes Square und ein großer Anhänger von Kryptowährungen und des Bedingungslosen Grundeinkommens. In seiner Twitter-Bio steht nicht etwa, welche Jobs er hat, sondern nur ein Wort: Bitcoin. Mit Hashtag, eh klar.