Umstrittene Studie
Müller stärkt Drosten im Streit mit "Bild" den Rücken
Seit Tagen liefern sich die "Bild"-Zeitung und der Berliner Virologe einen medialen Schlagabtausch. Das Blatt wirft ihm Fehler bei einer Studie vor. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller hat Drosten jetzt in Schutz genommen.
Im Streit um den Virologen Christian Drosten hat sich der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD) hinter den Charité-Experten gestellt. Zuvor hatte die Bild-Zeitung Drosten Fehler in einer Untersuchung zur Ansteckungsgefahr durch Kinder vorgeworfen. Drosten selbst wies die Anschuldigungen zurück und sprach von einer Kampagne, die gegen ihn gefahren werde.
"Senat kann sich glücklich schätzen"
Drosten sei "als Virologe weltweit anerkannt", sagte Müller am Donnerstag auf Nachfrage des rbb. Der Senat könne sich "glücklich schätzen, ihn als Berater an seiner Seite zu haben". Gerade Drosten und sein Team hätten viel dazu beigetragen, dass die Öffentlichkeit die Corona-Pandemie und damit Wissenschaft besser verstehe und Entscheidungen nachvollziehen könne. Das mache Drosten allerdings auch zum Ziel teils heftiger Reaktionen, so Müller weiter.
Drosten selbst hatte, genauso wie der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, Drohbriefe erhalten. "Die Bedrohungen und Diffamierungen, die Drosten und auch Lauterbach aktuell erleben müssen, verurteile ich auf Schärfste", sagte Müller. "Sie sind in keiner Weise zu tolerieren. Das ist eine Entwicklung, die mich besorgt."
Innensenator Andreas Geisel (SPD) erklärte, Drosten habe ein Sicherheitsgespräch mit dem Landeskriminalamt bekomen. Eine unmittelbare persönliche Gefährdung sehe man nicht, so Geisel, aber man beobachte den Sachverhalt sehr sorgfältig und sei mit Drosten im Austausch.
Kekulé fordert Rückzug der Studie
Drosten hatte vor allem in der Anfangszeit der Coronakrise eng mit dem Berliner Senat zusammengearbeitet und die Landesregierung über neueste Entwicklungen der Forschung informiert. Er ist aktuell Teil einer Arbeitsgruppe, die sich um die Corona-Testkapazitäten in Berlin kümmert. Der von Drostens Team an der Charité entwickelte Test auf das Virus ist weltweit im Einsatz.
Statistiker hatten Drosten zuletzt vorgeworfen, seine neue Studie zur Ansteckungsgefahr durch Kinder enthalte zahlreiche Fehler. Von der folgenden Berichterstattung in der Boulevardzeitung "Bild" hatten sich mehrere der zitierten Experten allerdings später distanziert. Am Donnerstag hatte auch der Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie des Universitätsklinikums Halle, Alexander Kekulé, im "Tagesspiegel" gefordert, dass Drosten die Studie zurückzieht. Drosten und andere Virologen machten im Gegenzug deutlich, dass Kekulé schon seit Jahren nicht mehr in der Forschung aktiv sei, zudem sei er kein Experte für Sars-Viren.
Sendung: Abendschau, 28.05.2020, 19.30 Uhr