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Den optisch größten Teil des eRockit macht natürlich der Akku aus – der reicht immerhin für rund 120 Kilometer

Quelle: Computer Bild

Dieses E-Bike darf mit 90 km/h auch auf der Autobahn fahren

Ein E-Bike, das bis zu 90 km/h drauf hat: Das eRockit kann sich nicht entscheiden, ob es Fahrrad oder Motorrad sein will. Auf der Testfahrt blieben kaum Wünsche offen. Doch für wen eignet sich das Gefährt?

Bitte beruhigen Sie sich, der nun folgende Test war – auch wenn wir es kaum glauben können – völlig legal. „Computer Bild“ hat in den vergangenen Jahren viele elektrische Zweiräder in der Redaktion gehabt. Vom günstigen Sondors-E-Bike, lange vor irgendwelchen Reformen, über die erste Zero DS und taufrische Zero SR/S, der Elektro-Harley, bis zu richtig guten E-Bikes wie dem VanMoof S3 oder dem beliebten Cowboy. Oder die Armee an elektrischen Tretrollern.

Wir dachten, wir kennen sie alle. Dann kam eRockit zu Besuch. Vorgestellt als „Menschlicher Hybrid“ schlägt das E-Bike die Brücke zwischen Fahr- und Motorrad. Zugelassen ist es als Leichtkraftrad, landläufig als „125er“ bekannt (Führerschein A1 / B196).

Um es zu fahren, muss man in die Pedale treten. Die übertragene Kraft landet aber nicht im Hinterrad, sondern aktiviert lediglich den Motor. Und der beschleunigt dann auf 90 Kilometer pro Stunde. Argh.

Der erste Eindruck vom eRockit

Auch optisch kann sich das eRockit nicht ganz entscheiden, ob es nun ein Fahrrad ist oder lieber ein richtiges Motorrad wäre. Die dicke Upside-Down-Gabel an der Front, die fetten Reifen (vorne 80/100-17, hinten 100/90-17) und der Aluminium-Rahmen mit unterarmdicken Rohren suggerieren, dass hier mehr los ist als auf einem schnöden Pedelec.

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Das eRockit zieht die Blicke auf sich – nicht immer mit positivem Resumee, aber Gespräche sind sicher

Quelle: Computer Bild

Die Pedale, der Sattel und der Lenker hingegen sagen: „Schon, aber irgendwie auch nicht.“ Fakt ist, an den Anblick einer eRockit muss man sich gewöhnen. Und danach hat man alle Hände voll zu tun, Passanten oder anderen Verkehrsteilnehmern an der Ampel zu erklären, was man da eigentlich fährt. Langweilig wird es nicht.

Qualitativ kann die eRockit (übrigens Made in Germany) überzeugen. Alles sitzt, alles passt. Die Armaturen sind bestens bedienbar, der Tacho liefert genaue Angaben zur Fahrt, und die Konstruktion fühlt sich in jeder Situation absolut sicher an.

Das liegt auch an den Bremsen, die vorne mit einer 300er-Scheibe ankern und hinten mit einer 220er-Scheibe unterstützen. Das hat mit einem Fahrrad dann nichts mehr zu tun.

Die Leistung des eRockit

Ein paar nackte Zahlen: Der Motor leistet im Dauerbetrieb fünf Kilowatt, in der Spitze landet er bei 16 Kilowatt. Die Kraftübertragung ans Hinterrad erfolgt mittels Riemen. Die gigantische Batterie in der Fahrzeugmitte fasst 6,6 Kilowattstunden bei 52 Volt. Das reicht für ungefähr 120 Kilometer, natürlich abhängig vom Modus, der eingestellten Rekuperation und dem eigenen Fahrverhalten.

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Der Tacho liefert alle wichtigen Informationen zur Fahrt – eine App steht aber noch aus

Quelle: Computer Bild

Das Gewicht beträgt 120 Kilogramm, die zulässige Höchstgeschwindigkeit liegt bei 90 Kilometern pro Stunde. Der Antrieb über die Pedale dient mehr dem Gefühl als allem anderen. Es kostet keine Kraft, das Fahrzeug zu bewegen, sondern soll den Fahrer lediglich „mit dem Fahrzeug verschmelzen“, sodass man sich trotz elektrischer Fahrt aktiv beteiligt fühlt. Ob das klappt? Und wie!

Eine eRockit-Testfahrt, die ist lustig

Für „Computer Bild“ ging es während der ersten Testfahrt durch den Hamburger Hafen, die schnellste Strecke erlaubte 60 Kilometer pro Stunde. Für das eRockit, nach wie vor optisch an ein Fahrrad erinnernd, nahezu langweilig.

Es fährt sich absolut souverän, lässt sich dank der relativ dünnen Bereifung prima manövrieren und beschleunig gleichmäßig und schnell. Teilweise zu schnell.

Wer das Halten der Geschwindigkeit nicht gelernt hat, erwischt sich immer wieder dabei, wie plötzlich zehn oder auch 20 km/h zu viel auf der Uhr stehen – hier ist Finger ... äh ... Zehenspitzengefühl gefragt. Für den Betrieb der eRockit muss nämlich permanent getreten werden, um dem Motor zu signalisieren, dass man Vortrieb wünscht.

Der Widerstand der Pedale ist dabei vergleichbar mit dem ersten Gang beim Fahrrad – sehr leicht, ganz wenig Kraft. Das bleibt auch eigentlich so. Wer schneller fahren will, muss einfach etwas schneller treten. Insgesamt ist die Fahrt auf der eRockit ein echtes Erlebnis.

Für wen ist das eRockit gedacht?

Hier kommen wir zu einer interessanten Frage: Für wen eignet sich das Gefährt eigentlich? Es kommen diverse Gruppen infrage: Menschen, die um jeden Preis auffallen wollen. Menschen, die im Sinne der elektrischen Mobilität ein Zeichen setzen wollen. Menschen, die für die Stadt ein maximal wendiges Gefährt brauchen, aber keine Lust auf ein Fahrrad haben. Oder einfach Menschen, die glauben, alles gesehen zu haben.

Perfekt scheint es auch für Wohnmobil-Fahrer mit einer Garage, die am Reiseziel auf Erkundungsreise gehen wollen. Es eignet sich hingegen absolut nicht für Motorradfahrer, die längere Touren fahren wollen. Da fehlt es einfach an der Reichweite, der Power und Gepäcklösungen.

Fazit: Was für ein interessantes Gefährt, diese eRockit. Beinahe erstaunlich, dass es für dieses Fahrzeug tatsächlich eine Zulassung gibt und man dafür auch ein Leichtkraftrad-Kennzeichen bekommt. Es wirkt einfach illegal, auch wenn es das wirklich nicht ist. Aber Hand aufs Herz: Wie oft sehen Sie jemanden, der mit einem Fahrrad auf der Autobahn fährt? Richtig. Nie.

Was die Fahrt angeht, bleiben kaum Wünsche offen. Die eRockit fährt sich prima, das Fahrzeug ist absolut sicher gebaut und vermittelt einen stabilen Eindruck. Wer es wagt, dürfte nicht enttäuscht sein.

Tränen in den Augen hat allenfalls das Konto, denn auch wenn sich beim Design die Frage nach „Fahr- oder Motorrad noch gestellt hat, ist die Antwort beim Preis eindeutig: Motorrad. Satte 11.850 Euro kostet das Gefährt. Und damit etwa so viel wie eine KTM Duke 890R oder – um bei Fahrrädern zu bleiben – fast sechs VanMoof S3. Diese Pionierleistung kostet. Trotzdem neugierig? Dann jetzt Probefahrt machen!


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