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Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister in Hamburg, und Katharina Fegebank (Grüne), Hamburgs Zweite Bürgermeisterin wollen am Dienstag einen 200-seitigen Koalitionsvertrag vorstellen.

Quelle: dpa

Hamburger Posten-Poker geht auf die Zielgerade

Drei Monate nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg stehen SPD und Grüne kurz vor dem Abschluss ihrer Koalitionsverhandlungen. Eine endgültige Einigung scheitert bislang an der Verteilung von Macht und Posten.

Noch ist kein weißer Rauch über dem Hamburger Rathaus aufgestiegen. Doch die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen stehen unmittelbar vor dem Abschluss. Im Großen Festsaal des neoklassizistischen Baus wollen Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) den 200-seitigen Vertrag nach WELT-Informationen am Dienstag der Öffentlichkeit präsentieren. Bis dahin wollen beide Parteien über Pfingsten noch letzte Details klären.

Ein Knackpunkt auf der Zielgeraden ist vor allem der Zuschnitt der Ressorts und die Verteilung der Posten, welche Ressorts also an welche Partei gehen. Bei den derzeit insgesamt elf Senatoren neben Bürgermeister Tschentscher soll es bleiben, darüber sind sich beide Parteien einig. Allerdings könnten die Ressorts neu zugeschnitten werden. Ein Gedankenspiel ist, den Bereich Verkehr aus der Wirtschaftsbehörde herauszulösen und dafür die Gesundheitsbehörde dem Ressort für Soziales zuzuordnen. Auf das Ressort Verkehr hat der bisherige Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks ein Auge geworfen.

Grünen Fraktionschef will Verkehrsressort übernehmen

Rot-Grün regiert den Stadtstaat an der Elbe bereits seit fünf Jahren. Bei der Bürgerschaftswahl am 23. Februar hatte die SPD 39,2 Prozent der Stimmen erreicht und die Grünen mit 24,2 Prozent fast doppelt so viele wie bei der Wahl 2015. Aktuell stellt die SPD neun Senatsmitglieder, die Ökopartei drei. Doch der Zugewinn an Wählerstimmen soll sich aus Sicht der Grünen auch in der Zahl der Posten widerspiegeln, weshalb sie künftig fünf Senatoren für sich beanspruchen wollen.

Derzeit führen die Grünen die Behörden für Wissenschaft, Umwelt und Justiz. Die SPD besetzt bislang unter anderem die Schlüsselressorts Finanzen, Inneres, Soziales, Schule und Stadtentwicklung. Zudem wolle Tschentscher den parteilosen Michael Westhagemann unbedingt als Wirtschaftssenator halten. Sollte dies misslingen, könnte die bisherige Sozialsenatorin und Landeschefin Melanie Leonhard Wirtschaft übernehmen, den Bereich Arbeit dazu. Als ihre Nachfolgerin für Soziales, Familie und Integration wird dann die momentane stellvertretende SPD-Fraktionschefin Ksenija Bekeris gehandelt, wie es aus Verhandlungskreisen heißt.

Rückkehr Ex-Senatorin Anja Hajduk möglich

Ein weiteres Szenario sei zudem, das Finanzressort den Grünen zu überlassen und mit Anja Hajduk zu besetzen. Die 56-Jährige sitzt derzeit im Bundestag und war bereits in Ole von Beusts schwarz-grünem Senat (2008-2010) Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt in Hamburg. Dem neuen Senat sollen möglichst fünf Frauen angehören.

So berichten Verhandlungskreise weiter, dass sich das Feilschen um die Posten sogar über Pfingsten hinziehen könnte. Ohnehin prüfen die beiden Parteichefinnen Leonhard und Anna Gallina (Grüne) über die Feiertage noch einmal „mit spitzer Feder“ umstrittene Formulierungen des neuen Koalitionsvertrages.

SPD will per Videochat über Vertrag abstimmen

An Pfingstmontag soll es eine Videoschalte des SPD-Landesvorstandes geben, um das Papier abzusegnen. Bei den Grünen indes wird erstmals keine sogenannte Landesmitgliederversammlung über den Koalitionsvertrag abstimmen. Wegen der Corona-Pandemie soll stattdessen der rund 40-köpfige Landesausschuss – ein erweiterter Landesvorstand – über das 200-seitige Papier entscheiden.

Nach der Vorstellung des neuen rot-grünen Koalitionsvertrages will sich Tschentscher dann am 10. Juni von der Bürgerschaft erneut zum Bürgermeister wählen lassen.


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