AfD scheitert in Karlsruhe mit Eilantrag zu Brandner-Absetzung
Die Abwahl des AfD-Politikers Stephan Brandner als Vorsitzender des Bundestags-Rechtsausschusses hat vorerst Bestand. Das Bundesverfassungsgericht wies einen Eilantrag der AfD-Bundestagsfraktion zurück.
Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag gegen die Abwahl des AfD-Politikers Stephan Brandner (Artikelbild) vom Vorsitz des Rechtsausschusses des Bundestags abgelehnt. Die Fraktion der rechtsgerichteten Partei Alternative für Deutschland (AfD) wollte mit einer einstweiligen Anordnung durchsetzen, dass Brandner seine Aufgaben als Vorsitzender vorübergehend wiederaufnehmen darf. Das wiesen die Richter in Karlsruhe zurück.
Die Abwahl war ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Bundestags und hatte großen Ärger in der AfD ausgelöst. Die Nicht-AfD-Abgeordneten im Ausschuss hatten Brandner für nicht mehr tragbar gehalten und ihn am 13. November mit 37 Ja- gegen sechs Neinstimmen als Vorsitzenden abberufen. Zuvor hatte der Jurist aus Thüringen mit Nachrichten auf Twitter mehrere Eklats ausgelöst. Dazu gehörte seine Reaktion auf den antisemitisch motivierten Terroranschlag von Halle mit zwei Toten und mehreren Verletzten.
Brandner hatte zudem behauptet, dass der Rocksänger Udo Lindenberg sein Bundesverdienstkreuz allein als Lohn für dessen Kritik an der AfD bekommen habe. Auf Twitter hatte er dies mit dem Hashtag "Judaslohn" versehen. Einen Rücktritt hatte Brandner abgelehnt. Die AfD wollte auch keinen anderen Kandidaten nennen. Der Ausschuss wird seither von seinem stellvertretenden Vorsitzenden Heribert Hirte (CDU) geleitet.
Keine Dringlichkeit gegeben
Dass die AfD nicht selbst einen Ersatz stellte, war für die Verfassungsrichter mit ein Grund für die Ablehnung des Eilantrags. Es gehe in dem Verfahren nicht um die Rechte Brandners, sondern um die der AfD-Fraktion. Diese aber habe die Möglichkeit, ihre derzeitige Beeinträchtigung durch einen anderen Kandidaten selbst zu verringern. Würde dagegen Brandner, der das Vertrauen der Ausschussmehrheit offensichtlich nicht besitze, seine Arbeit wieder aufnehmen, wäre die Arbeitsfähigkeit des Ausschusses gefährdet.
Die Richter erklärten weiter, an der Zusage der übrigen Fraktionen, einen anderen AfD-Kandidaten zu billigen, gebe es keinen Grund zu zweifeln. Zudem sei die AfD weiter mit der gleichen Zahl der Sitze im Ausschuss vertreten. Damit sei sie an der Erfüllung ihrer Oppositionsaufgaben nicht vollständig gehindert.
Der aktuelle Beschluss ist zunächst nur eine vorläufige Entscheidung. Die Richter des Zweiten Senats beschäftigten sich nur mit dem Eilantrag, bei dem es darum geht, ob dem Kläger bis zur eigentlichen Entscheidung nicht wiedergutzumachende Nachteile entstehen. Im Hauptsacheverfahren, das die AfD angestrengt hat, müssen die Richter noch entscheiden, ob die Absetzung Brandners verfassungswidrig war. In der Geschäftsordnung des Bundestags ist nur die Benennung des Vorsitzenden ausdrücklich vorgesehen, nicht seine Abwahl. In Paragraf 58 heißt es lediglich: "Die Ausschüsse bestimmen ihre Vorsitzenden und deren Stellvertreter nach den Vereinbarungen im Ältestenrat."
Offene Fragen im Hauptsacheverfahren
Im Organstreitverfahren, das in der Hauptsache entschieden werden muss, sieht das Gericht allerdings durchaus offene Fragen. So erscheine es nicht ausgeschlossen, dass durch die Abberufung Brandners das von der Verfassung geschützte Teilhaberecht der AfD-Bundestagsfraktion beeinträchtigt sein könnte. Nicht eindeutig sei auch die Rechtslage hinsichtlich des Grundsatzes der effektiven Opposition, den die AfD als verletzt gerügt hat.
Brandner nannte die Entscheidung des Gerichts einen "kleinen Sieg". Karlsruhe habe zwar den Eilantrag abgelehnt, in der Hauptsache sei der Verfahrensausgang aber offen, schrieb Brandner auf Twitter. "Das ist wie ein kleiner Sieg, mehr war - zunächst - nicht zu erwarten."
kle/ww (dpa, afp, epd)