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Soldaten der UN-Truppe MONUSCO patrouillieren im März in Ituri

DR Kongo: Die Krise in Ituri wiederholt sich

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Es klingt wie ein Echo vergangener Zeiten. Wieder massakrieren Milizen in Kongos Ituri-Provinz die Bevölkerung. Und wieder verläuft die Fehde zwischen Bauern und Viehhirten. Selbst alte Kämpfer warnen vor einem Genozid.

Thomas Lubanga ist nicht der übliche Ansprechpartner in Menschenrechtsfragen. Bei den blutigen Kämpfen, die zwischen 1999 und 2003 die ostkongolesische Provinz Ituri erschütterten, war er einer der Milizenführer. Gerade erst hat er seine 14-jährige Haftstrafe abgesessen, die der Internationale Strafgerichtshof wegen der Rekrutierung von Minderjährigen über ihn verhängt hatte. Eben dieser Lubanga wettert nun gegen eine neue Welle der Gewalt im Kongo, in deren Mittelpunkt die Miliz "CODECO" steht. Seit März sollen Mitglieder der CODECO rund 300 Menschen in der Provinz Ituri getötet haben. Angaben der Vereinten Nationen zufolge sind 200.000 Menschen auf der Flucht vor CODECO.

"Was sie im Kongo macht, lässt sich als Völkermord bezeichnen", sagt er der DW im Interview - und sieht den alten Konflikt neu entflammt: "Die Tragödie, die sich zwischen 1999 und 2003 ereignete, ist nicht grundlegend aufgearbeitet worden, um zu verstehen, was passiert ist, damit dem Konflikt endgültig Einhalt geboten wird."

Der Ituri-Krieg war eines der grausamsten Kapitel in der konfliktreichen jüngeren Geschichte des Ostkongo. In wenigen Jahren starben Zehntausende Menschen, Hunderttausende flohen. Die Grenzen wurden entlang ethnischer Linien gezogen, Menschenrechtler warnten auch damals vor einem Völkermord. Nun stehen sich die gleichen Gruppen wieder gegenüber, viele Beobachter im Kongo sehen eine Neuauflage des alten Konflikts.

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Im Nachbarland Uganda leben viele Menschen aus Ituri in Flüchtlingslagern (hier ein Bild von Juni 2019)

Undurchsichtige Strukturen

CODECO steht für "Kooperative für Entwicklung im Kongo" - ein Name, der nicht nach Kampfansage klingt. "CODECO war ursprünglich eine Landwirtschaftskooperative, die in der Zaire-Ära als CODEZA gegründet wurde", sagt Kongo-Experte Christoph Vogel von der Universität Zürich, der sich intensiv mit den Vorgehensweisen verschiedener Rebellengruppen in der Region befasst. Bereits in dem früheren Ituri-Konflikt sei die Organisation durch ihre Nähe zur FRPI-Miliz aufgefallen, die im Bündnis mit anderen Gruppen der Lendu-Ethnie Massaker verübte. Danach habe man lange Zeit nicht viel von ihr gehört.

Heute sind die Hierarchien und Hintermänner nach außen schwer durchschaubar. "Die CODECO ist eine Struktur ohne Kopf oder Schwanz, die sich ständig neu definiert", sagt Provinzgouverneur Jean Bamanisa Saïdi. Für lokale Personen, die an Einfluss gewinnen möchten, sei es somit leicht, eine Miliz für die eigenen politischen Ziele zu gewinnen und zu benutzen. "Es gibt einige Leute, die denken, wenn man eine bewaffnete Gruppe manipuliert, kann man sich nachher an einen Tisch setzen, um Posten auszuhandeln", sagt er. Namen will er aber nicht nennen.

Zurück zu den Wurzeln

Für eine erfolgreiche Konfliktlösung geht es auch darum, aus vergangenen Fehlern zu lernen. So fordert Kongo-Experte Christoph Vogel einen "nachhaltigen und vernünftigen Plan" zur Wiedereingliederung der Kämpfer, der weiter reicht als zuvor. "Es gab sehr teure Programme, die von der Regierung in Kooperation mit internationalen Gebern und der UN durchgeführt worden sind. Meistens fehlte es aber daran, dass die Kombattanten nicht nur aus den bewaffneten Gruppen herausgeholt, sondern auch in die Gesellschaft wiedereingegliedert, also im sozialen Umfeld rehabilitiert und mit Jobs versorgt wurden."

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Antrittsbesuch in Ituri: Als Felix Tshisekedi Anfang 2019 zum Präsidenten wurde, hofften viele auf Verbesserungen

Auch die Gräben zwischen den ethnischen Gemeinschaften, die in den vergangenen Konflikten gewachsen sind, gilt es zu überwinden. Kongos Präsident Felix Tshisekedi, seit knapp anderthalb Jahren an der Macht, hatte zur Konfliktlösung Germain Katanga und Floribert Ndjabu ins Spiel gebracht, zwei Lendu-Milizenführer aus dem Ituri-Krieg um die Jahrtausendwende. Christoph Vogel sieht das ambivalent. "Einerseits ist unbestritten, dass die großen Strippenzieher - sei das Lubanga oder Katanga - immer noch gut funktionierende Netzwerke zu den bewaffneten Gruppen, in die Politik und Wirtschaft haben. Andererseits kann man nie genau sagen, welche Interessen sie verfolgen."

Neue Spielregeln, neue Nebenschauplätze

Die aktuellen Verstrickungen, da sind sich Beobachter und Politiker einig, erfordern einen umfassenden Ansatz, der sowohl auf die lokalen Strukturen als auch auf die globalen Zusammenhänge abzielt. Gouverneur Jean Bamanisa Saïdi verweist auf einen regen Waffenhandel über das Nachbarland Uganda: "Es gibt auch Leute, die die Grenze überqueren, Leute, die hierherkommen, um Kurse über Terrorismus zu geben. Denn das, was hier passiert, ist Terrorismus. Es werden aber auch hier manchmal Leute angeheuert, um in Uganda ähnliche Anschläge zu verüben."

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Im Rahmen der Blauhelmmission MONUSCO sind UN-Soldaten in der Region

Auch andere Krisen - etwa im Nordkivu um die Stadt Beni oder in der Region Masisi - seien neu entbrannt, berichtet hingegen Christoph Vogel - und verweist gleichzeitig auf ein "politisches Schattenboxen" in der Hauptstadt Kinshasa, das sich zwischen Tshisekedis Regierung und einer Koalition um dessen Vorgänger Joseph Kabila entsponnen habe. "Da gibt es jede Menge Grabenkämpfe, die Politiker beschäftigen sich hauptsächlich mit sich selbst und mit ihren jeweiligen Widersachern. In Sachen Konfliktlösung im Ostkongo ist nicht viel passiert mit der Ausnahme von Militäroperationen." Gouverneur Saïdi forderte im DW-Gespräch bereits neue ausländische Truppen, die der Bevölkerung von Ituri aus der Klemme helfen sollten. Soldaten allein werden allerdings kaum reichen, um Kongos Osten nachhaltig zu befrieden.