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Die Deutzer Kirmes

Schausteller und Zirkusse: Überleben in der Coronakrise

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Zirkusse und Schausteller sind besonders hart von den Folgen des Corona-Lockdowns betroffen. Kleine, alteingesessene Familienbetriebe kämpfen ums Überleben.

Im Frühling, Sommer und Spätsommer finden in Deutschland landauf, landab kleine und große Volksfeste statt. Vom Cannstatter Wasen über die Rheinkirmes bis hin zu den vielen Festivitäten auf dem Land: All das bauen Schausteller auf, deren Metier eine jahrhundertealte Tradition hat. Die Maßnahmen gegen die Verbreitung von COVID-19 haben zur bundesweiten Absage sämtlicher Großveranstaltungen bis zum 31. August geführt - darüber hinaus sogar zur Absage des Oktoberfestes.

Hohe monatliche Belastungen, auch im Corona-Stillstand

Wer kennt sie nicht, Fahrgeschäfte wie Autoscooter, "Wilde Maus" oder "Breakdancer"? Sie alle stehen seit Monaten still, viele Schausteller in Deutschland sehen sich mittlerweile in ihrer Existenz bedroht. Laut Albert Ritter, dem Präsidenten des Deutschen Schaustellerbundes, ist die Lage der Branche "ganz besonders dramatisch", denn seit den Weihnachtsmärkten gibt es in der gesamten Branche keine Einnahmen mehr.

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Ein Bild wie aus einer anderen Ära: Das Oktoberfest vor Corona

Was Kirmesgängern oft nicht klar ist: Riesenräder, Achterbahnen oder Geisterbahnen bedeuten Anschaffungskosten in Millionenhöhe, ein Schausteller hat bei diesen Beispielen monatliche Belastungen zwischen 15.000 und 35.000 Euro. "Wir brauchen dringend Hilfe vom Staat, wenn er uns das Arbeiten verbietet", so Ritter. Daher fordern er und seine Mitstreiter statt Darlehen einen finanziellen Rettungsschirm. "Denn wenn die Schausteller sterben, dann stirbt auch die 1200 Jahre alte Tradition der Kirmesse und Volksfeste", so Ritter.

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Albert Ritter, der Präsident des Deutschen Schaustellerbundes e.V.

Für die Schausteller sei es nicht nachzuvollziehen, wenn Tourismus, Freizeitparks und andere Branchen Lockerung erführen, Volksfeste aber abgesagt blieben. "Wir Schausteller sind ja Menschen, die immer anpacken. Wir wollen nicht in die soziale Hängematte. Und so haben viele Kollegen sich Plätze gesucht, wo sie ihre Betriebe aufbauen können und 'Kirmes to go' anbieten: Popcorn, Mandeln oder ein Imbiss, um wenigstens zu überleben. Das kann aber nur kurzfristig helfen." Seine Kollegen haben in den letzten Wochen fieberhaft nach Alternativen zu den abgesagten Kirmessen und Festen gesucht und entsprechende Konzepte entwickelt: zum Beispiel abgetrennte, kleinere Rummelplätze auf umzäunten Messegeländen. Oft werden diese aber noch von den Gemeinden abgelehnt.

"Manege zu": vom Familienbetrieb bis zum großen Mittelständler

Mit den Schaustellern in einem Boot sitzen die Zirkusleute. Am härtesten trifft es kleine Familienbetriebe wie den Zirkus Frankordi in Leinfelden-Echterdingen. Seit 1812 ist der Zirkus Familiensache, heute halten Ricardo und Jenni Frank mit ihren Kindern Jason, Naomi und Joel die Familientradition am Leben. Auch nach dem Lockdown geht es den Franks "leider unverändert, da wir immer noch nicht auftreten dürfen. Da wir unsere Hauptverdienstzeit von April bis Juli haben und uns diese leider wegbricht, sieht es für uns über das ganze Jahr sehr schlecht aus", so Ricardo Frank im DW-Interview.

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Eine echte Zirkusfamilie: die Franks vom Circus Frankordi

Seit Mitte Februar sitzt der kleine Betrieb mit seinen zwei Wohnwagen und seinen Tieren, darunter Lamas, Enten, Gänse und Hasen, auf der Wiese eines Landwirts fest. Tierfutter und Heizöl werden knapp, Rücklagen gibt es kaum. Da der Zirkus normalerweise in Seniorenheimen, Behinderteneinrichtungen, Schulen und Kindergärten auftritt, gäbe es die Möglichkeit, Shows "mit gewissem Abstand" draußen im Freien anzubieten. "Viele Einrichtungen haben diese Möglichkeit aber leider nicht, oder diese Auftritte wurden von Seiten der Behörden untersagt." Die Familie bemüht sich um alternative Auftrittsmöglichkeiten, ist momentan aber wie viele ihrer Kollegen auf Spenden angewiesen. Für seinen Betrieb und seine Zunft wünscht sich Ricardo Frank von den Gemeinden Unterstützung in Form von Stellplätzen, "gerade, wenn es wieder weitergeht."

Auch Branchengiganten brauchen Hilfe

Doch nicht nur die Kleinen, auch die ganz Großen der Zirkusbranche sind mittlerweile in Not geraten. Wie der Wirtschaftsminister der kanadischen Provinz Québec, Pierre Fitzgibbon, mitteilte, will Québec eines seiner Aushängeschilder, den durch Corona stark angeschlagenen Cirque du Soleil, mit einem Darlehen in Höhe von 182 Millionen Euro retten.

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Außerhalb Corona-Zeiten eine Erfolgsstory: Der kanadische Cirque du Soleil ist ein weltweit agierendes, großes Unternehmen mit mehr als 4500 Mitarbeitern.

Solche Kredite seien allerdings nicht die Lösung, so Markus Strobl, Zirkusmanager beim international bekannten Circus Roncalli. Roncalli ist einer der bekanntesten europäischen Zirkusse, ein großes, mittelständisches Unternehmen mit 250 Mitarbeitern. "Auch bei uns sind die Mitarbeiter in Kurzarbeit und die Artisten momentan über die ganze Welt verteilt" bei ihren Familien zu Hause. Es gibt keine Planungssicherheit, selbst für den Herbst ist nicht klar, ob die Künstler wieder einfliegen können. Kredite sind für Strobl "nur ein aufgeschobenes Risiko". Viel wichtiger sei es, "dass der Zirkus als Kulturgut anerkannt wird", so wie es inFrankreich, Italien oder Spanien der Fall sei, wo Zirkusse gefördert würden. Strobl spricht sich für Förderung und eine Senkung der Steuerlasten aus, ähnlich wie bei den Theatern.

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Markus Strobl, Zirkusmanager und Leiter Medien, Digital und Kommunikation bei der Roncalli Unternehmensgruppe

Das Oktoberfest ist eines der bekanntesten Feste überhaupt. Der Circus Roncalli, der schon lange auf Tierschauen verzichtet, präsentiert unter anderem Hologramm-Shows, die auf der ganzen Welt für sehr große mediale Aufmerksamkeit sorgten. Hinter diesen beiden international bekannten Aushängeschildern kämpfen hunderte mittlere und kleine Betriebe gerade um ihr Überleben. Der Verlust dieser Branchen wäre für die Kultur fatal.