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Vivien Leigh und Clark Gable als Scarlett O'Hara und Rhett Butler in "Vom Winde verweht"

Küssen trotz Corona - wie die Filmbranche in der Pandemie weiterarbeiten will

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Die wegen des Coronavirus stillstehende Filmbranche will wieder drehen – mit einem Sicherheitskonzept ähnlich dem der Fußball-Bundesliga. Trotz Quarantäne und Tests bleiben Sorgen: Der Ernstfall ist nicht versichert.

Wie hätte "Vom Winde verweht" wohl ausgesehen, wenn sich Clark Gable und Vivien Leigh als Rhett Butler und Scarlett O'Hara nicht hätten berühren dürfen? Wäre der Film dennoch ein Klassiker der Filmgeschichte geworden?

Seit Wochen beraten Filmschaffende in Deutschland, wie ihre wegen des Coronavirus abgebrochenen Dreharbeiten weitergehen, verschobene Projekte starten können. Verboten waren Dreharbeiten selbst während des Lockdowns nicht, ihre Umsetzung war wegen der Infektionsgefahr aber praktisch unmöglich. Lediglich einige Studioproduktionen liefen weiter, darunter Vorabendserien.

"Es gibt deutliche Unterschiede zwischen einer Studioproduktion, in der Abstände leichter eingehalten oder die Kulissen verändert werden können, und einer größeren Produktion mit Statisten und Außendrehs", sagt Filmproduzent Nico Hofmann, Geschäftsführer der UFA und Vorstandsmitglied der Produzentenallianz. Mit Blick auf eigene Projekte sagt er: "Wir gehen momentan jede Produktion durch und legen individuelle Richtlinien fest."

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"Ich bin ein vehementer Gegner davon, Drehbücher umzuschreiben", sagt Produzent Nico Hofmann. Seine Maxime: Weiterdrehen, ohne Abstriche.

Ohne Nähe geht es nicht

Schauspiel ist körperlich, häufig nah, das gilt nicht nur für Kuss- oder Sexszenen, sondern auch für die Inszenierung eines lautstarken Streits oder eines Handgemenges. "Es wäre schade, wenn es künftig noch weniger erotische Szenen geben würde. Aber auch in anderen Einstellungen gilt: Menschliche Nähe ist das, was wir schildern. Ohne geht es nicht", sagt Sebastian Andrae, Drehbuchautor und Vorstand vom Verband Deutscher Drehbuchautoren.

Die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse hat inzwischen Arbeitsempfehlungen für Drehs vorgelegt, die Branche blickte auf der Suche nach Lösungen auch über den Tellerrand – etwa zur Fußball-Bundesliga, deren Sicherheitskonzept von den Bundesländern und Gesundheitsämtern abgenickt wurde. "Wir haben viel von den Fußballern gelernt, die Situation ist sehr vergleichbar mit Dreharbeiten: Es gibt Teams vor und hinter der Kamera, für die unterschiedliche Regeln gelten." Wenn der Abstand in einer Szene über mehr als eine Minute hinweg nicht eingehalten werden könne, müssten die Schauspieler in Quarantäne. "Für alle Rollen gilt, dass die Beteiligten regelmäßig auf Corona getestet werden müssen", sagt Hofmann.

In der Branche gelten diese Maßnahmen als alternativlos, um die Produktionen fortsetzen zu können und gleichzeitig ihre Fertigstellung nicht zu gefährden. Eine Infektion am Set wäre in vielen Fällen das sichere Aus der Produktionsfirma. Allerdings sind auch die Schutzmaßnahmen teuer.

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Die Mitarbeiter von Filmdrehs sollen in Gruppen eingeteilt werden und flächendeckend getestet werden. Das Schauspielensemble soll sich in Quarantäne begeben.

Ensemble in Quarantäne

„Wir müssen über eine finanzielle Kompensation und den sozialversicherungsrechtlichen Status für Schauspieler reden, die während eines Drehs in Quarantäne müssen, ihre Familien nicht sehen dürfen und keine anderen Aufträge annehmen können", sagt der Schauspieler Hans-Werner Meyer, Vorstand im BFFS, dem Bundesverband Schauspiel.

Auch der am Set anfallende Mehraufwand treibt die Kosten, sagt Nico Hofmann: "Fieber messen, Kontakte protokollieren, Hygienemaßnahmen strikt einhalten. Die Arbeitszeit erhöht sich dadurch um bis zu 20 Prozent - und damit auch die Drehkosten."

Geld, das trotzdem sinnvoll angelegt ist, findet der Produzent: "Ich bin ein vehementer Gegner davon, Drehbücher umzuschreiben. Es macht auch keinen Sinn, wichtige Stoffe zu verändern. Wir müssen das Gegenteil tun und ohne Abstriche weiterdrehen."

Ein Projekt verschiebt das nächste

Die Situation der Schauspieler ist exemplarisch für alle beteiligten Gewerke – von Technik über Casting bis hin zum Catering: "Viele Kollegen werden vertröstet, weil die Projekte immer weiter nach hinten verschoben werden", sagt Meyer. Oft gebe es lose Absprachen, aber noch keine Verträge - ein in der Branche praktizierter Umgang. Doch ein Vertragszeitraum ist vergütungspflichtig, eine bloße Absprache nicht. "Wer sich einen Zeitraum für eine Beschäftigung freihält, die dann nicht eintritt, hat für diese Zeit kein Einkommen und müsste entweder voll vergütet werden oder Kurzarbeitergeld bekommen."

Die Honorare der Autoren teilen sich in mehrere Raten auf, die letzte und in der Regel höchste Rate ist an den ersten Drehtag geknüpft. Fernsehsender hätten diese Drehrate trotz verschobener Dreharbeiten überwiesen, lobt Drehbuchautor Sebastian Andrae. Schwieriger sei es dagegen bei Kinofilmen, da insbesondere kleine Produktionen ohnehin immer unter prekären Bedingungen entstehen würden.

Momentan werde intensiv weitergeschrieben, sagt Andrae, schließlich sei absehbar, dass irgendwann wieder gedreht werde und neue Stoffe benötigt würden. "Außerdem ist das Schreiben der ungefährlichste Teil eines Films. Wir arbeiten eh im Home Office."

Corona-Fälle sind nicht versichert

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Fordert finanzielle Kompensation für Quarantäne und Vergütung für verabredete Projekte: Schauspieler Hans-Werner Meyer.

Was passiert, wenn sich ein älterer Schauspieler oder auch eine Schauspielerin mit Vorerkrankung, also zur Risikogruppe gehörend, am Set infiziert und so schwer erkrankt, dass eine Intensivbehandlung notwendig wird? Beim dringlichsten Problem der Branche spielt das Alter des Ensembles eine untergeordnete Rolle: Keine Versicherung deckt einen Corona-bedingten Drehstopp ab.

Vor drei Wochen unterschrieben mehr als 100 Filmschaffende einen offenen Brief an die Bundesregierung, in dem sie einen Ausfallfonds forderten. Aufgrund der fehlenden Absicherung werde "jeder Kinofilmdreh eine tickende Zeitbombe", heißt es in dem Schreiben, das an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und die Kulturbeauftragte der Bundesregierung, Monika Grütters, ging.

Inzwischen gab es dazu einen runden Tisch. "Die Produzentenallianz ist mit Monika Grütters im Gespräch über einen Ausfallfonds, damit die Produktionen abgesichert sind und fortgesetzt werden können", sagt Nico Hofmann. "Das ist für viele Firmen existenziell, aber auch wichtig für den Filmstandort Deutschland." Produzenten aus dem Ausland lockten bereits mit sogenannten Completion Bonds, einer Versicherung für die Fertigstellung eines Films.