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Wenigstens einen Punkt gewann Hertha BSC in Leipzig, nachdem Jarsteins (l.) Fehler die Berliner vorübergehend auf die Verliererstraße gebracht hatte

Quelle: REUTERS

Leipzig verpasst Sieg trotz schwerem Patzer von Herthas Torwart

RB Leipzig hat den Sprung auf Platz 2 verpasst. In der 68. Minute lieferte zwar Herthas Torhüter Rune Jarstein kuriose Schützenhilfe. Doch das RB-Team hatte kurz danach selbst einen folgenschweren Aussetzer.

RB Leipzig hat gegen Hertha BSC den nächsten Dämpfer kassiert und kann die Jagd auf Spitzenreiter Bayern München wohl endgültig abhaken. Das Team von Trainer Julian Nagelsmann kam gegen die Berliner am Mittwoch nicht über ein 2:2 (1:1) hinaus und verpasste damit den Sprung auf den zweiten Platz der Fußball-Bundesliga. Sechs Spieltage vor Schluss hat Leipzig neun Punkte Rückstand auf die Bayern. Hertha bleibt unter dem neuen Trainer Bruno Labbadia nach zuvor zwei Siegen ungeschlagen.

Mit einem Sieg wollte Leipzig nicht nur an Borussia Dortmund vorbeiziehen, sondern auch die Patzer der Konkurrenten aus Leverkusen und Mönchengladbach im Kampf um die Qualifikation für die Champions League nutzen. Zunächst rannte RB dem Rückstand durch Marko Grujic (10. Minute) hinterher, den Lukas Klostermann (24.) egalisierte.

In Unterzahl, Nationalspieler Marcel Halstenberg (63.) hatte die Gelbe-Rote Karte gesehen, traf Patrik Schick (68.) dank eines kapitalen Fehlers von Hertha-Torhüter Rune Jarstein. Per Foulelfmeter glich jedoch der eingewechselte Hertha-Stürmer Krzysztof Piatek (82.) aus. Hertha ist damit seit sieben Bundesliga-Auswärtsspielen ungeschlagen (4 Siege, 3 Remis), innerhalb einer Saison ist das für die Berliner eingestellter Rekord.

Leipzigs Trainer haderte nach dem Spiel. „Das haben wir uns selber zuzuschreiben. Wir müssen ganz einfach mal lernen, dass wir nicht ständig in Rückstand geraten. Als wir dann reingekommen sind ins Spiel, geraten wir durch eine Standardsituation in Rückstand, verteidigen wie eine Schülermannschaft.“, sagte er. Sein Team sei „schwer ins Spiel reingekommen, was auch normal ist, für uns war es die erste englische Woche seit Monaten. Für Hertha war es ja keine englische Woche, die hatten vier Tage Pause. Ich verstehe die Spielansetzung nicht. Hertha spielt am Freitag, wir am Sonntag und haben am Mittwoch unser Spiel. Es ist zum wiederholten mal so, dass wir einen richtig beschissenen Spielplan kriegen. Das wurde bei der DFL angesprochen, interessiert ja aber keinen“.

Für Leipzig hatte es einen ersten Dämpfer schon vor dem Anpfiff gegeben. Spielmacher Kevin Kampl musste nach der Erwärmung mit muskulären Problemen passen, für den Slowenen rückte Tyler Adams in die Startelf. Herthas neuer Trainer Bruno Labbadia setzte auf seine Derby-Sieger aus der Vorwoche, darunter auch Matheus Cunha. Der Ex-Leipziger war im Winter nach Berlin gewechselt – und feierte am Mittwoch seinen 21. Geburtstag an alter Wirkungsstätte.

RB kassiert wieder Gegentor nach Ecke

Zunächst hatte Cunha auch allen Grund zum Jubeln. Eine Ecke von Marvin Plattenhardt landet direkt auf dem Fuß des ungedeckten Grujic. Die Liverpool-Leihgabe traf mühelos aus wenigen Metern. Wie schon beim Geister-Auftakt gegen Freiburg kassierte Leipzig ein Gegentor nach einer Ecke. Kurz darauf musste Plattenhardt vom Feld. Der Linksverteidiger hatte sich kurz vor dem Tor bei einem Kopfballduell mit Adams verletzt.

Nagelsmann reagierte taktisch, stellte auf Dreierkette um. Dennoch fand RB zunächst weiterhin kein Mittel gegen die kompakt stehenden Berliner. Christopher Nkunku musste den offensiven Linksverteidiger geben, kam auf der Position aber kaum zur Geltung. Also nutzte der Franzose einen ruhenden Ball. Sein Eckball landete auf dem Kopf von Nationalspieler Klostermann und schlug schließlich im langen Eck ein.

Nagelsmann wollte eigentlich „die Räume bespielen“, doch die bot Hertha schlicht nicht an. Im letzten Drittel agierte Leipzig zu hektisch und unüberlegt, entwickelte vor der Pause nur durch einen Freistoß von Marcel Sabitzer (37.) noch einmal Gefahr. Hertha-Torjäger Vedad Ibisevic (41.) hatte die erneute Führung auf dem Fuß, schoss aus der Drehung jedoch aus Nahdistanz weit über das Tor.

Das Spiel blieb umkämpft und chancenarm. Zu allem Überfluss musste Leipzig über eine halbe Stunde in Unterzahl auskommen. Halstenberg foulte seinen früheren Teamkollegen Cunha – und sah die Gelb-Rote Karte. Nagelsmann opferte zugunsten einer stabilen Opfer Nkunku, brachte Außenverteidiger Angelino für den Franzosen.

Für Leipzigs Führung hätte es den Wechsel nicht gebraucht. Schick zog aus gut 18 Metern einfach mal ab, Jarstein hielt eigentlich. Doch irgendwie bekam der Norweger den Ball nicht zu packen und warf ihn sich selbst in Richtung Tor, in das er dann auch trudelte.

Leipzigs Torwart Peter Gulacsi zeigte Anteilnahme nach dem schwren Patzer:„Mitgefühl hat man immer. Er weiß selbst, dass er den halten muss. Das war sehr unglücklich. Ich bin sicher, dass er Hertha noch Punkte retten wird. Er wollte den Ball erst festhalten, dann prallt er ein bisschen raus. Das ist eine automatische Bewegung, war aber sehr unglücklich.“ Doch die Berliner zeigten sich von dem Eigenwurftor nicht geschockt, nach Foul von Ademola Lookman an Cunha versenkte Piatek den Strafstoß souverän.

„Die Mannschaft hat ein richtig gutes Spiel gemacht. Vor allem die Reaktion, nachdem wir aus dem Nichts das 1:2 kassiert haben. Da zurückzukommen, war top. Normalerweise ist das der Genickschlag. Aber sie haben eine super Reaktion gezeigt und sich den Punkt mehr als verdient“, sagte Herthas Trainer Bruno Labbadia.

Werner darf nicht unter 60 Millionen Euro gehen

Unterdessen wurde bekannt, dass Leipzig seinen Stürmer-Star Timo Werner im Sommer wohl nicht für eine Summe unter der festgeschriebenen Ablöse von rund 60 Millionen Euro ziehen lassen wird. Das bestätigte RB-Vorstandschef Oliver Mintzlaff der „Sport Bild“. Bis zum 15. Juni könnte der Tor-Garant, der in der laufenden Bundesliga-Saison bislang 24 Treffer erzielte, Leipzig für diesen Betrag zur kommenden Spielzeit verlassen.

„Sollte es so kommen, und wir bekommen wieder die Entscheidung in die Hand, dann sind wir tiefenentspannt“, betonte Mintzlaff angesichts des noch bis 2023 datierten Vertrages von Werner bei den Sachsen. Hintergrund: Champions League-Sieger FC Liverpool und dessen Trainer Jürgen Klopp buhlen offen um Werner, sind aber wohl zu Corona-Zeiten nicht bereit, die festgeschriebene Ablöse zu zahlen.

Auch Markus Krösche gab sich gelassen. „Timo ist ein wichtiger Spieler für uns, er hat bisher eine herausragende Saison gespielt. Dass Spieler, die eine herausragende Saison spielen, auch bei anderen Teams im Gespräch sind, ist völlig normal“, sagte der Sportdirektor bei Amazon Prime Video. „Das macht uns nicht nervös, weil wir langfristig mit ihm verlängert haben und er für uns auf Torejagd geht. Er hat Vertrag, er fühlt sich wohl, wieso sollte er wechseln?“

dpa/pk