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Menschen haben in der Nähe des Ortes des Polizeieinsatzes Blumen niedergelegt. | Bild: Elizabeth Flores/Star Tribune/dpa

Tod eines Afroamerikaners erhitzt die Gemüter in den USA

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Demonstranten sind nach dem Vorfall durch die Straßen von Minneapolis gezogen. | Bild: Carlos Gonzalez/Star Tribune/AP/dpa

Der Afroamerikaner fleht um Hilfe. Doch das Knie eines weißen Polizeibeamten bleibt ihm unerbittlich im Genick. Der Vorfall hat in den USA erneut Rassismus-Vorwürfe gegen die Polizei genährt.

Ich kann nicht atmen», fleht der Afroamerikaner George Floyd immer wieder. Doch ein weißer Polizist kniet ungerührt mehrere Minuten lang auf dem Hals des Verdächtigen - bis Floyd schließlich das Bewusstsein verliert. Wenig später stirbt er in einer nahen Klinik.

Der Vorfall aus der Stadt Minneapolis im Bundesstaat Minnesota erhitzt in den USA die Gemüter und rückt die Spannungen zwischen der schwarzen Minderheit und der Polizei erneut ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Inzwischen werden amtliche Darstellungen der Polizei von Tathergängen häufig von Handyvideos in Frage gestellt.

«Es sollte in Amerika kein Todesurteil sein, schwarz zu sein», sagte der Bürgermeister von Minneapolis, Jacob Frey, in einer emotionalen Pressekonferenz. Die vier in den Fall involvierten Polizisten seien mit sofortiger Wirkung entlassen worden, erklärte Frey. Was die Videos des Vorfalls vom Montagabend zeigten, sei «in jeder Hinsicht falsch». «Was wir gesehen haben, ist schrecklich», sagte er. In dem Fall ermittelt inzwischen auch die Bundespolizei FBI.

Am Mittwoch forderte Frey, der Polizeibeamte müsse festgenommen und angeklagt werden. «Wieso ist der Mann, der George Floyd getötet hat, nicht im Gefängnis?» fragte er vor Journalisten. «Wenn Sie es getan hätten, oder ich es getan hätte, wären wir jetzt hinter Gittern.»

Auch in Washington äußerten sich mehrere Abgeordnete und Senatoren entsetzt. Was Floyd widerfahren sei, müssten schwarze Amerikaner «seit Generationen» ertragen, erklärte etwa die demokratische Senatorin Kamala Harris. Handyvideos hätten dies nur sichtbarer gemacht. «Der Abbau von systemischem Rassismus beginnt damit, Gerechtigkeit zu fordern und Täter zur Rechenschaft zu ziehen», schrieb sie auf Twitter. Der designierte Präsidentschaftskandidat der Partei, Joe Biden, erklärte auf Twitter: «George Floyd hatte Besseres verdient. Und seine Familie verdient Gerechtigkeit.»

Auf den Straßen von Minneapolis forderten am Dienstag (Ortszeit) Hunderte Demonstranten Gerechtigkeit. Wie örtliche Medien übereinstimmend berichteten, kam es nach einer zunächst friedlichen Versammlung später auch zu Zusammenstößen mit der Polizei. Nachdem Protestierende vom mutmaßlichen Tatort zu einem Polizeirevier gezogen waren, sollen dort Polizeifahrzeuge und Fensterscheiben beschädigt worden sein. Einsatzkräfte gingen demnach mit Tränengas und Geschossen gegen die Demonstranten vor.

Die Darstellung der Polizei des Vorfalls hatte zunächst sehr sachlich und unstrittig geklungen. Die Beamten seien an den Ort gekommen, um einen Betrugsfall zu untersuchen, hieß es. Der gut 40 Jahre alte Verdächtige, der möglicherweise betrunken gewesen sei, habe aber Widerstand geleistet. Dann hieß es: «Die Beamten konnten den Verdächtigen in Handschellen bekommen und stellten fest, dass er medizinische Hilfe zu brauchen schien.» Die Beamten hätten daher einen Krankenwagen gerufen. Es blieb jedoch unklar, ob der Mann schon vor dem Vorgehen der Polizisten medizinische Hilfe gebraucht hätte.

Ein zehn Minuten langes Video des Vorfalls, das sich auf Facebook wie ein Lauffeuer verbreitete, zeigte hingegen einen dramatischen Hergang. Es zeigt einen weißen Polizisten, der sein Knie in Floyds Genick presst. Anfangs spricht Floyd noch und sagt wiederholt: «Ich kann nicht atmen.» Er fordert die Beamten mehrmals auf, ihn loszulassen. Er sagt ihnen auch zu, dann freiwillig ins Polizeiauto einzusteigen. «Ich kann nicht atmen», wiederholt er. Ein Passant fordert die Polizisten wiederholt auf, den Verdächtigen loszulassen.

Der Mann am Boden wird dann zunehmend ruhiger, bevor er das Bewusstsein zu verlieren scheint. «Messt seinen Puls», schreit ein Passant. Sanitäter laden den Mann etwa acht Minuten nach Beginn des Videos in einen Krankenwagen. In dem Video sind zwei Polizisten zu sehen; welche Rolle die beiden weiteren ebenfalls entlassenen Beamten spielten, blieb zunächst unklar.

Der Anwalt Benjamin Crump erklärte über Twitter, Floyds Familie habe ihn engagiert, um sie in diesem Fall von «missbräuchlicher, exzessiver und unmenschlicher Gewaltanwendung» zu vertreten. Die Polizei müsse zur Rechenschaft gezogen werden. Floyds Schwester Bridgett sagte dem Fernsehsender NBC am Mittwoch mit gebrochener Stimme, der Vorfall sei «herzzerreißend» und «sehr verstörend».

In den USA kommt es immer wieder zu aufsehenerregenden Fällen von Polizeigewalt gegen Schwarze. Der jüngste Vorfall erinnert an den ebenfalls auf Video festgehaltenen Fall des Afroamerikaners Eric Garner. Der damals 43-Jährige wurde 2014 von New Yorker Polizisten zu Boden geworfen. Sie drückten ihm die Luft ab, später starb er im Krankenhaus. Garners letzte Worte - «Ich kann nicht atmen» - wurden zu einem Slogan der Bewegung «Black Lives Matter». Diese setzt sich in den USA für Gleichberechtigung von Schwarzen und Weißen und gegen Polizeigewalt ein. Schwarze Amerikaner machen in den USA nur rund 13 Prozent der 330 Millionen Einwohner aus.

Zuletzt hatte in den USA ein Video aus dem Bundesstaat Georgia für Aufsehen gesorgt - ein verstörendes Handyvideo zeigte, wie der schwarze Jogger Ahmaud Arbery (25) offenbar von weißen Männern angegriffen und dann erschossen wurde. Nach der Tat im Februar hatte es zwei Monate gedauert - bis zur Veröffentlichung des Videos - bis es in dem Fall erste Festnahmen gab.

Wie schnell es zu Spannungen zwischen schwarzen und weißen Amerikanern kommen kann, hatte diese Woche auch ein Vorfall in New York gezeigt. Ein afroamerikanischer Hobby-Vogelbeobachter hatte eine weiße Frau im Central Park gebeten, den Parkregeln entsprechend ihren Hund anzuleinen, wie ein Video zeigte, das die Schwester des Mannes auf Twitter veröffentlichte. Die Frau lehnte dies jedoch ab, rief die Polizei an und sagte, ein afroamerikanischer Mann bedrohe sie. Das Video wurde schnell millionenfach angesehen. Die Frau wurde daraufhin von ihrem Arbeitgeber, einer Investmentfirma, rausgeschmissen. Afroamerikaner als bedrohlich darzustellen, gilt in den USA als typisches rassistisches Stereotyp.

Pressemitteilung der Polizei, Englisch

Bürgermeister Frey auf Twitter, Englisch

Video von Bürgermermeister Freys Pressekonferenz, Englisch

Tweet CBS Minnesota mit Videoclip

Bericht CBS Minnesota

Bericht CNN