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DLD-Sync: Corona stellt Pläne der jungen Generation auf den Kopf: "Trotzdem ist Krise ihr Moment"

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Der jüngeren Generation zwischen 20 und 30 Jahren lag die Arbeitswelt zu Füßen – dann kam Corona. Nun brechen Jobs und Ausbildungsplätze weg. Trotzdem ist die Krise für junge Menschen eine große Chance, ist Unternehmerin und Buchautorin Margaret Heffernan überzeugt.

Ende März schaltete das Robert Koch-Institut eine unscheinbare Stellenausschreibung. Gesucht wurden sogenannte „Containment Scouts“, die als Corona-Detektive mögliche Infektionsketten aufspüren sollten, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Es verging keine Woche, da musste das Bewerbungsfenster vorzeitig geschlossen werden. Zu groß war der Run auf die Jobs: Knapp 11.000 Menschen hatten sich beworben - auf 525 verfügbare Stellen.

Ein Vorgeschmack auf das, was da kommen würde. Die Last, mit der Corona auf den Arbeitsmarkt drückt, ist immens. Pech haben vor allem diejenigen, die vor Ausbruch der Krise auf Jobsuche waren, sagt Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarktforschung (IAB). Denn: Die Zahl der neu gemeldeten Stellen brach in den Monaten März und April um mehr als 50 Prozent ein, von 160.000 auf nur noch 73.000. Neben Arbeitslosen trifft diese Entwicklung vor allem eine Gruppe hart: junge Berufseinsteiger.

Noch vor wenigen Monaten stellte der Sprung ins Berufsleben für die allermeisten Studienabsolventen kein größeres Problem dar, während die Wirtschaft fast schon quartalsweise über Fachkräftemangel klagte. Nun ist alles anders. Wer sich umhört unter der Genration Y – also den zwischen 1985 und 2000 Geborenen – hört dieser Tage häufig die immer gleichen Geschichten von Absagewellen und Entlassungen in der Probezeit. Risikokapital für eine Startup-Idee zu bekommen, ist ein momentan nahezu aussichtsloses Unterfangen. Eine ganze Generation im Würgegriff Coronas also?

Corona: Generation Y ist krisenerprobt

„Ganz im Gegenteil“, sagt Jugendforscher Klaus Hurrelmann. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Generation Y und sieht sie tatsächlich bestens gewappnet für die nun drohenden turbulenten Zeiten; bezeichnet sie vielmehr als krisenerprobt. Von den Terroranschlägen auf das World-Trade-Center, über die Finanzkrise 2008 bis zu Reaktorkatstrophe in Fukushima „musste diese Generation heftige Einschläge hinnehmen“. Hinzukomme die rasante Digitalisierung.

Im Werdegang der Generation Y zählen Unsicherheiten somit zum gewohnten Umfeld. Das härtet ab, ist der Jugendforscher überzeugt. „Die Generation Y ist im Krisenmodus groß geworden, musste sich Sorgen machen, in Ausbildung und Beruf durchzudringen, und viele Menschen halten deswegen seit jeher einen Plan B, C oder sogar D für ihre Zukunft bereit.“ Auch die Fähigkeit zu improvisieren komme der Generation nun zugute. Die Grundkompetenz „mit Unischerheiten umzugehen“, werde von den Unternehmen in den kommenden Jahren wegen der Coronakrise zusätzlich nachgefragt, ist sich der Wissenschaftler sicher.

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FOCUS Online / Shuang Liu

Eine Meinung, die auch Unternehmerin und Buchautorin Margaret Heffernan auf dem DLD Sync, einer virtuellen Gesprächsrunde der Digitalkonferenz DLD, teilt. Es sei nun der Moment für junge Menschen, um bestehende Muster aufzubrechen. Corona biete dazu eine große Chance, denn selbst traditionelle Unternehmen wären durch die Krise gezwungen, sich für neue Ideen und Veränderungen zu öffnen.

Krise wird Kluft zwischen Bildungsschichten verschärfen

Trotz dieser Euphorie gibt es Bedenken, ob eine ganze Generation so glimpflich durch eine Krise kommt, die an unserem wirtschaftlichen Fundament rüttelt. Gerade Menschen mit niedrigerem Bildungsniveau dürften kaum von den sich nun auftuenden Chancen profitieren. Doch auch sie sind Teil der viel beschworenen Generation Y. Ein Problem, das auch Hurrelmann erkennt. „Schon vor der Krise nahm die Zahl der einfachen Jobs ab, stattdessen wurden die Qualifikationsprofile immer anspruchsvoller und abstrakter. Die Krise wird die Kluft zwischen den Bildungsschichten weiter verschärfen“, warnt er.

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Sorge bereitet auch der kurzfristige Blick auf die akute Beschäftigungssituation vieler junger Menschen. Zwar mögen die Fähigkeiten junger Absolventen in Zukunft gefragt sein, doch staatliche Subventionen wie das Kurzarbeitergeld zielen ausschließlich drauf ab, Beschäftigte in ihren Anstellungsverhältnissen zu halten. Platz für Neueinstellungen bleibt da wenig.

Subventionen auch für Neueinstellungen

„Bisher ist man am Arbeitsmarkt noch auf einem Auge blind“, sagt IAB-Experte Weber und verbindet seine Kritik mit einem Appell an die Politik. Notwendig sei in der Krise eine Subventionierung von Neueinstellungen, um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren.

Als geeignete Maßnahme schlägt Weber eine Übernahme der Sozialbeiträge bei Neueinstellungen durch den Bund vor. Bei den Lohnkosten machen diese nämlich mehr als 40 Prozent aus. Im Falle einer Übernahme dieser Kosten hätten Unternehmen Weber zufolge erheblich mehr Spielraum, junge Menschen neu einzustellen, für die die Krise gerade zu einer existenziellen Herausforderung wird.

 

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