Lausanne rockt – ein bisschen wilder Osten im wilden Westen
Lausanne hat nun hochoffiziell neue Besitzer und einen registrierten NHL-Spieleragenten als Sportdirektor. Mit dem kanadischen Stürmer Cory Conacher ist schon mal ein hochkarätiger Ausländer für nächste Saison verpflichtet worden.
by Klaus ZauggEismeister Zaugg
Der tschechische Unternehmer Zdenek Bakala und der russisch-amerikanische Financier Gregory Finger sind die Investoren, die Lausanne offiziell gekauft haben. Auch der neue Sportdirektor Petr Svoboda ist Aktionär seines Arbeitgebers. Es wird versichert, keiner der neuen Eigentümer besitze eine Mehrheit der Aktien.
Um es etwas sperrig zu formulieren: Ein Investor ist ein Marktteilnehmer, der zum Zwecke der langfristigen Vermögensmehrung in ein Geschäft einsteigt. Wenn Investoren ihr Geld in unser Eishockey investieren, läuft etwas. Und manchmal laufen die Dinge aus dem Ruder. Dem EHC Kloten ist beispielsweise die Heimsuchung von Investoren sportlich nicht gut bekommen. Hans-Ulrich Lehmann blieb nach den beiden Investoren Philippe Gaydoul und Ken Stickney nur noch der geordnete sportliche Rückzug in die zweithöchste Liga.
Das Problem: Die Vermögensmehrung durch den Einstieg bei einer Hockeyfirma ist in der Schweiz nicht möglich. Kloten war ein nicht ganz glückliches Investment von Philippe Gaydoul zum Verhängnis geworden, aus dem ihn Ken Stickney erlöste. Der Amerikaner war dem Irrtum erlegen, in der Schweiz sei mit Hockey Geld zu verdienen, und stieg nach seinem Abschied aus Kloten bei Lausanne ein.
Leben von Mäzenen
Ausländische Investoren werden vom Glanz unseres Hockeys geblendet: die höchsten Zuschauerzahlen ausserhalb der NHL, hohes sportliches Niveau, Wohlstand und Rechtssicherheit im Land. Aber nach einem Einstieg mit Pauken und Trompeten, nach der Ankündigung von herrlichen meisterlichen Zeiten folgen gar oft die Ernüchterung und die Suche nach einem Ausweg aus dem Minus-Geschäft.
In Genf ging es nach dem Abschied der Anschutz-Gruppe nur weiter, weil Chris McSorley den Amerikanern den Klub abgekauft hat und seither auf eine Art und Weise führt, dass ihm eigentlich das Ehrenbürgerrecht der Stadt verliehen werden müsste. Und Ken Stickney ist es nun gelungen, Lausanne den tüchtigen Financiers und Geschäftsleuten aus Osteuropa anzuvertrauen.
Unser Hockey lebt eben nicht von Investoren. Unser Hockey lebt von Mäzenen. Also von Männern und Frauen, die ihr Geld ins Hockeygeschäft investieren und keinen Gewinn und keine Gegenleistung erwarten (ausser vielleicht etwas Anerkennung). Weil sie diesen Sport lieben und nicht, weil sie ihr Vermögen mehren wollen. Denn noch immer gilt: Der beste Weg im Hockeygeschäft ein kleines Vermögen zu machen ist mit einem grossen Vermögen zu beginnen.
Nun hat also Lausanne neue ausländische Besitzer. Honorige Herren, die – wie Zdenek Bakala und Gregory Finger – seit Jahren in der Schweiz ansässig und mit den hiesigen Verhältnissen vertraut sind. Und sicherlich schon viel erlebt haben. Über den «Kapitalista» Zdenek Bakala und seine Geschäfte in Tschechien hat sogar das staatliche Fernsehen schon viel Interessantes berichtet.
Werden alte Schulden beglichen?
Aber was kümmern uns Geschichten aus dem «wilden Osten»? Vielleicht ist es bloss eine Verschwörung gegen einen ehrenwerten Unternehmer und Kronen-Milliardär und braucht uns nicht zu interessieren.
Die Chancen für Ville Peltonen steigen, doch noch zu seinem Geld zu kommen. Der aus einem noch zwei Jahre laufenden Vertrag gefeuerte finnische Trainer habe, so ist zu vernehmen, inzwischen den Rechtsweg beschritten und sein Name stehe auf der Liste der Gläubiger, die per Betreibung zu ihrem Geld kommen möchten.
Sportdirektor Petr Svoboda hat bestätigt, dass man mit Peltonens Agenten Juha Sintonen noch nicht gleicher Meinung sei. Aber man werde die Angelegenheit regeln. Die ehrenwerten neuen Besitzer werden sicherlich alles daransetzen, offene Rechnungen zu begleichen und so dem Gerede von Schulden und Betreibungen ein Ende zu bereiten. Es gilt ja, Vertrauen zu wecken.
Geschäfte unter «petit copains»
Am meisten Aufregung im Tagesgeschäft verspricht Sportdirektor Petr Svoboda. Der 54-jährige Tscheche ist der Nachfolger von Jan Alston, der nach neun Jahren erfolgreicher Arbeit am 27. Februar vor die Türe gesetzt worden ist.
Petr Svoboda hat sich schon gut im Welschland eingelebt. Der Stanley-Cup-Sieger von 1986 (Montréal) und Olympiasieger von 1998 pflegt offensichtlich den charmanten Führungsstil, den die Welschen als Geschäfte unter «petit copains» bezeichnen. Seinen älteren Bruder Karel hat er als «Skill Coach» angestellt und ein Schuft, wer Familiensinn kritisiert. Der neue Trainer Craig McTavish ist ein alter Kumpel aus den NHL-Zeiten in Philadelphia und wiederum ein Schuft, wer wahre Männerfreundschaft hinterfragt. Wichtiger ist doch die Fachkompetenz. Craig McTavish war als Spieler mehrfacher Stanley-Cup-Sieger und als Cheftrainer immerhin Stanley-Cup-Finalist. Und es ist doch praktisch, dass Lausannes Sportdirektor im Register der NHL-Spieleragenten eingetragen ist.
Petr Svoboda hat inzwischen allerdings erklärt, dass er sich aus dem Agentengeschäft zurückgezogen habe. Und ganz offensichtlich ist er mit seine Erfahrung aus mehr als 1000 NHL-Partien ein tüchtiger Sportchef. Gewährsleute melden, dass er bereits Cory Conacher (30) für nächste Saison verpflichtet habe. Der kanadische Stürmer war ein Schlüsselspieler im SCB-Meisterteam von 2016 und seither in der NHL-Organisation von Tampa unter Vertrag. Petr Svoboda hat in der NHL zuletzt in Tampa verteidigt.
Wilder Osten im wilden Westen
Die neuen Besitzer und der neue Sportdirektor bringen also schon ein bisschen «wilden Osten» nach Lausanne. Was nicht abwertend gemeint ist, da sei Gott davor. Sondern als Kompliment für eine reiche Unterhaltungskultur. Schliesslich ist Hockey auch im Welschland ein Teil der Unterhaltungsindustrie. Und Präsident Patrick de Preux versichert, nie sei der HC Lausanne in besseren Händen gewesen als nun mit den neuen Besitzern. So gerühmt hat er allerdings auch schon, als Ken Stickney am 17. Februar 2016 neuer Besitzer des Klubs geworden war.
Der HC Lausanne hat leidenschaftliche Fans und eine bewegte Geschichte. Lausannes Hockeykultur können wir wohlwollend als sportlichen «Wilden Westen» unseres Hockeys bezeichnen. Seit 1980 stieg Lausanne aus den Höhen der NLA bis in die 1. Liga hinab, meisterte mehrere Sanierungen, ist glanzvoll auferstanden, verfügt heute über eine wunderbare neue Arena und zum ersten Mal in der Geschichte auch über eine Mannschaft, die im Titelkampf die Titanen aus der Deutschschweiz herauszufordern vermag.
Und ist es denn nicht ein gutes Omen, dass Lausanne im letzten Saisonspiel am 29. Februar, schon unter dem neuen Trainer Craig McTavish, den SC Bern besiegt (3:2) und aus den Playoffs gekippt hat? 29. Februar ist allerdings bloss alle vier Jahre.
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