IHK Köln

Kritik nach Rücktritt von IHK-Hauptgeschäftsführer

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Köln - Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Köln, Ulf Reichardt, legt mit sofortiger Wirkung sein Amt nieder. Seit 2012 war Reichardt Hauptgeschäftsführer der IHK, die rund 150 000 Mitgliedsunternehmen in der Region vertritt. Reichardt hat am Mittwoch einvernehmlich mit dem ehrenamtlichen Präsidium der IHK Köln seinen Vertrag aufgehoben. „Bereits im März habe ich ja angekündigt, dass ich meine berufliche Zukunft außerhalb der IHK Köln fortsetzen möchte. Für mich ist jetzt der richtige Zeitpunkt, dies in die Tat umzusetzen“, sagte Reichardt.

Was war zuvor passiert?

Im Januar war überraschend das Präsidium der Kammer nach einer Neuwahl komplett neu besetzt worden. Kammerchef Reichardt galt als Vertrauter der früheren Präsidiumsmitglieder, angeführt vom früheren Kammerpräsidenten Werner Görg, Aufsichtsratsvorsitzender der Gothaer Versicherung. Dieser war mit knapper Mehrheit im Januar abgewählt und Nicole Grünewald, die Inhaberin einer Werbe-Agentur, zur neuen Präsidentin gewählt worden.

Was sagt die Präsidentin?

Grünewald zum Rücktritt des Hauptgeschäftsführers: „Für seine Arbeit in den vergangenen Jahren danke ich Ulf Reichardt sehr herzlich und wünsche ihm für den weiteren Lebensweg weiterhin viel Glück und Erfolg.“

Was treibt die IHK gerade um?

Für Donnerstag hat Präsidentin Grünewald auf Drängen von 28 der 92 Vollversammlungsmitglieder der Kammer eine außerordentliche Sitzung des Gremiums einberufen. Darin geht es um folgende Punkte: 1.) Sonderprüfung, 2.) Stopp des Verkaufs der Kammerzentrale, 3.) Unzulässige Nutzung von E-Mail-Adressen und 4.) Streit über Wahlprüfsteine. Das sind Themen, bei denen die 28 Vollversammlungsmitglieder offenbar glauben, die neue Präsidentin habe ihre Befugnisse überschritten.

Das sind neue Kritikpunkte in Sachen IHK-Zentrale

Am Mittwoch ist nun Kritik am scheidenden Hauptgeschäftsführer Ulf Reichardt geäußert worden. Die Rechnungsprüfungsstelle der Industrie- und Handelskammern hat den 2019er Abschluss der IHK Köln quasi beanstandet. Beim Kauf des Lofthaus, der neuen Zentrale der Kammer in Mülheim, sei zwar eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung gemacht worden, diese sei dann aber nicht beachtet worden, wie aus einem Papier der Prüfungsstelle hervorgeht, das die Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Mittwoch einsehen konnte. Darin rät die Stelle, eine erneute Wirtschaftlichkeitsprüfung durchzuführen, damit die Vollversammlung erneut über den Kauf beraten kann. Aus dem Umfeld der IHK war zu erfahren, dass der Jahresabschluss 2019 ohne diesen Aspekt nicht testiert werden kann.

Welche weitere Kritik gibt es an Ulf Reichardt?

Aus dem gleichen Papier der Rechnungsprüfungsstelle der IHK, die einer Art Rechnungshof ähnlich ist, geht hervor, dass Reichardt als Hauptgeschäftsführer einen Beratervertrag für die Jahre 2016 und 2017 vergeben hat. So heißt es in dem Papier: „Bei beiden Beraterverträgen, die die IHK an Herrn T. in 2016 bzw. 2017 vergeben hat, wurde der Nettoauftragswert mit 44 Prozent bzw. 50,9 Prozent erheblich überschritten.“ Außerdem fehle eine Dokumentation über die Arbeiten des Beraters. Dies sei aber mit den für die IHK verpflichtenden Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit nicht vereinbar. Der Berater soll insgesamt einen mittleren sechsstelligen Euro-Betrag erhalten haben.

Was sagt Ulf Reichardt dazu?

Laut Reichardt war der Hauskauf ein Beschluss der Vollversammlung und auf eine Betrachtung nicht-monetärer Faktoren wurde nach Mehrheitsbeschluss der Ehrenamtlichen ausdrücklich verzichtet, sagte er auf Nachfrage. Der Beratervertrag sei kein Verstoß gegen die IHK-Statuten.