Mann soll in Menschengruppe gerast sein, um seine Lebensgefährtin zu töten
Opfer Marina H.: "Man hat direkt gesehen: Okay, er will dich umbringen"
Im Video: Marina H. offenbart die toxische Beziehung zu ihrem Lebensgefährten
Marina H.s (Name von der Redaktion geändert) Lebensgefährte soll am Dienstag versucht haben, sie umzubringen. Der Mann fuhr mit seinem Auto in Pöcking bei München in eine Gruppe von Menschen, darunter auch Marina und ihre erst zweijährige Tochter. Gegen ihn wurde ein Haftbefehl wegen versuchten Mordes und schwerer Körperverletzung erlassen. Momentan wird er aber wegen seiner eigenen Verletzungen noch im Krankenhaus behandelt. Dass die Tat wohl eine Eskalation am Ende einer Spirale von Drohungen und Gewalt war, offenbart Marina im Interview mit RTL.
Immer wieder soll er die junge Frau emotional und psychisch unter Druck gesetzt haben
Warum genau ihr Freund sie umbringen wollte, das weiß Marina nicht. Die Frage nach dem Wieso hat sie ihm bereits in einer Textnachricht gestellt, die jedoch bislang unbeantwortet blieb. Die junge Frau hat nur Vermutungen, warum er ihr das angetan haben könnte. Bereits seit längerem sei sie durch die Beziehung psychisch angeschlagen gewesen, erzählt sie im Interview mit RTL. Ihr Partner habe sie immer wieder unter Druck gesetzt, auch sexuell. Marina hat den Mann bereits vor längerer Zeit wegen Vergewaltigung angezeigt. Marina war schwanger von ihm, entschied sich aber schlussendlich für eine Abtreibung – die sie am Morgen der Tat vornehmen ließ. Das Baby habe sie nicht bekommen können, sagt sie.
Ihr Ex-Freund lauerte Marina H. nach ihrem Schwangerschaftsabbruch auf
Marina lässt ihre kleine Tochter während des Eingriffs bei den Nachbarn, die sie auch aus der Klinik abholen. Als die Gruppe vor ihrem Wohnhaus ankommt, entdeckt die junge Frau bereits den Wagen ihres Lebensgefährten. "Ich war ganz vorne mit der Kleinen, die Kleine war gerade aus dem Kinderwagen raus, weil sie nicht mehr sitzen wollte. In dem Moment hab' ich sein Auto gesehen. Ich hab' gedacht, er fährt nur so schnell hin und hält dann an, das hat er oft genug schon gemacht", erzählt sie.
Mann rast in Pöcking in Menschengruppe: "Er hat volle Kanne auf mich und auf die Kleine gezielt"
Doch dann habe er sie erkannt und gesehen, dass sie wegen des Eingriffs nicht gut habe laufen können. "Und dann hat er Gas gegeben. Schätzungsweise 50 oder 55 km/h in der Dreißiger-Zone. Er hat volle Kanne auf mich und auf die Kleine gezielt. Es war gezielt, dass er mir und der Kleinen was antun wollte", so Marina. Das Auto sei auf sie zugerast, sie habe den Kinderwagen vor sich gerissen und ihre Tochter weggezogen. Ihr Lebensgefährte sei dann auf ein parkendes Auto geprallt, habe dabei ein Stück Bordstein mitgenommen und noch mal Gas gegeben.
"Er hat so richtig einen Blick draufgehabt, einen "Tötungsblick". Die Augen waren wirklich rot, feuerrot, und richtig böse. Man hat ihn angeschaut und man hat direkt gesehen 'Okay, er will dich umbringen'", erzählt die junge Frau. Offenbar kam ihr Lebensgefährte mit dem Schwangerschaftsabbruch nicht zurecht.
Fünf Menschen, darunter Marina und ihre Nachbarn, wurden bei der Tat verletzt. Ihrer kleinen Tochter ist außer einem Schock zum Glück nichts passiert. Der Mann hat sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert. Er wird selbst weiter im Krankenhaus behandelt, weil er nach der Flucht mit seinem Auto gegen einen Baum geprallt war.
Emotionale und physische Gewalt in der Beziehung: Marinas Schicksal ist kein Einzelfall
Marina erzählt im Interview vom schwankenden Gemütszustand ihres Lebensgefährten, am Anfang sei er sehr nett gewesen und freundlich. Dann habe er immer mehr Druck aufgebaut, emotional und psychisch. Ihr vorgeworfen, ihn nicht zu lieben. Geschlagen habe er sie oder ihre Tochter aber nie. Offenbar drohte der Mann aber bereits früher damit, sich selbst zu töten.
Drohungen, emotionaler und psychischer Druck, sogar eine Vergewaltigung. Was Marina beschreibt, spricht für eine extrem toxische und emotional und physisch gewalttätige Beziehung. Marinas Erfahrungen sind kein Einzelfall. Jede dritte Frau in Deutschland ist bereits einmal in ihrem Leben Opfer von häuslicher Gewalt geworden. Oft schaffen es Betroffene aus Angst oder emotionaler oder finanzieller Abhängigkeit nicht, sich zu trennen oder sich Hilfe von außen zu suchen.
Hier bekommen Sie Hilfe bei häuslicher Gewalt
Im Schnitt versucht jeden Tag ein Mann in Deutschland, seine Partnerin oder Ex-Partnerin zu töten. Erschütternde Zahlen: 2017 gelang es Männern in 147 Fällen, ihre Partnerin oder Ex-Partnerin umzubringen, wie aus Zahlen des Bundeskriminalamtes hervorgeht. Dazu kommen tausende Fälle von Vergewaltigungen, Körperverletzungen, Stalking und sexueller Nötigung. "Für viele Frauen ist das eigene Zuhause ein gefährlicher Ort", so Frauenministerin Franziska Giffey (SPD).
Sie sind Opfer von Gewalt - egal, ob Sie geschlagen, gestalkt oder missbraucht wurden? Sie sind nicht allein, denn es gibt Hilfe. Wir haben für Sie hier wichtige Anlaufstellen aufgelistet, an die Sie sich im Notfall wenden können – zum Beispiel an das "Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen", das Sie jederzeit unter der 08000 116 016 erreichen können.