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Die Stadt berät Mieter, die wie hier, einst an der Wingertstraße, gegen Verdrängung kämpfen. © Christoph Boeckheler
Wohnen 

Frankfurt: Appell an Hauseigentümer

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Die Frankfurter Stabsstelle Mieterschutz fordert mehr Verantwortungsbewusstsein beim Verkauf von Immobilien. Es gebe schließlich Akteure auf dem Markt, denen das Schicksal der Bewohner vollkommen gleichgültig sei.

Verkäufer von Mietshäusern sollten sich stärker Gedanken darüber machen, an wen sie ihre Immobilien veräußern. Dazu hat Kai Schönbach, der Leiter der seit gut einem Jahr tätigen städtischen Stabsstelle Mieterschutz, am Dienstag aufgerufen.

Es sei sehr wichtig, dass Hauseigentümer verantwortlich verkauften. Schließlich gebe es auf dem Immobilienmarkt Akteure, denen das Schicksal der Bewohnerinnen und Bewohner vollkommen gleichgültig sei - Schönbach berichtete etwa von Fällen, in denen neue Eigentümer rasch nach dem Kauf „hanebüchene“, aber mit Paragrafen gespickte Mieterhöhungsschreiben an die Mieter versandten. Später folgten Modernisierungsankündigungen. In der Summe hätten die Mieten in einem Fall um 60 bis 75 Prozent steigen sollen.

Obwohl die Begehren oft nicht rechtlich haltbar seien, die Begründungen teilweise einfach „Quatsch“, gebe es Mieter, die aus Angst vor Streit und wegen der angespannten Wohnungssituation in Frankfurt solchen Mieterhöhungen zustimmten, sagte Schönbach. Eines der wichtigsten Ziele der Stabsstelle sei es daher, Mieter über ihre Rechte und die Möglichkeiten, sich, am besten gemeinsam, zu wehren, zu informieren.

Die Stabsstelle

Die Stabsstelle Mieterschutz informiert über die rechtliche Situation von Mietern, berät Hausgemeinschaften, wie sie sich wehren können, wenn sie Entmietung fürchten, vermittelt Mieter an Stellen bei der Stadt und Mieterschutzvereine und bietet Mediationen zwischen Mietern und Vermietern an.

Kontakt zum vierköpfigen Team unter 069 / 212 377 77 oder per E-Mail an mieterschutz.amt64@stadt-frankfurt.de. Mehr Informationen gibt es unter www.frankfurt-mieterschutz.de (cm)

Die Stadt versuche bereits Eigentümer, die Mietshäuser verkaufen wollen, etwa an Genossenschaften zu vermitteln, sagte der Frankfurter Planungs- und Wohnungsdezernent Mike Josef (SPD). Sinnvoll sei es aber darüber hinaus, wenn nach Münchner Vorbild auch in Frankfurt ein Netzwerk von Genossenschaften und gemeinwohlorientierten Wohnungsgesellschaften entstünde, das gemeinsam Gebäude erwerben würde. Dann wüssten Hauseigentümer, die verantwortlich verkaufen wollten, auch besser, an wen sie sich wenden könnten.

Wichtig, um Verdrängung zu verhindern, wäre es laut Schönbach zudem, es den Städten endlich zu ermöglichen, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Gebieten mit Milieuschutzsatzung zu versagen. Diese Umwandlung spielt in Frankfurt weiterhin eine große Rolle, wie Zahlen der Bauaufsicht zeigen. Allein im vergangenen Jahr erteilte sie für 1554 bestehende Wohnungen die für eine Umwandlung nötigen Abgeschlossenheitsbescheinigungen.

Die Leiterin des Amts für Wohnungswesen, Waltraud Meier-Sienel, sagte, die bei ihr angesiedelte Stabsstelle, die bisher 222 Bürgeranfragen bearbeitete, erfülle eine extrem wichtige Aufgabe. Zuvor hätten sich immer mehr Hausgemeinschaften, die ihre Verdrängung fürchten, an das Amt gewandt. Dessen mietrechtliche Beratung richte sich aber nur an einzelne Mieter und das auch nur bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze.

Schönbach machte klar, dass die Stabsstelle die Arbeit von Mieterschutzvereinen nicht ersetze, sondern ergänze. Bei ihr handele es sich um ein sehr niedrigschwelliges Beratungsangebot. Anders als Mieterschutzvereine oder Rechtsanwälte dürfe die Stabsstelle Mieter nicht vertreten. Sie zeige diesen lediglich auf, wie sie vorgehen könnten.