Aktivist und Autor

Larry Kramer ist tot

Wütend war er bis zum Ende: Larry Kramers Protestaktionen gegen Aids bewegten in den Achtzigern New York. Jetzt ist der Aktivist und Künstler gestorben - er wurde 84 Jahre alt.

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Larry Kramer im Jahr 2016: "Ich denke, es ist wichtig, dass wir unsere Geschichte kennen"
Paul Zimmerman/ WireImage/ Getty Images

In den frühen Achtzigern war er einer der ersten Aktivisten, die die tödliche Dimension der neuen Krankheit Aids kommen sahen, bis in den Neunziger hatte er Einfluss auf die Gesundheitspolitik der USA. Jetzt ist der Aktivist, Künstler und Dramatiker Larry Kramer mit 84 Jahren gestorben.

Der 1935 im US-Bundesstaat Connecticut geborene Kramer besuchte die Eliteuniversität Yale und arbeitete danach zunächst in der Filmbranche: Seine Drehbuchadaption von D. H. Lawrence' Roman "Liebende Frauen" wurde 1969 für einen Oscar nominiert.

Am bekanntesten wurde er aber als öffentliche Figur durch seinen lautstarken Kampf gegen Aids. In den Magazinen der schwulen Szene schrieb er etwa in den Achtzigern: "Unser Fortbestand als schwule Männer auf dieser Erde steht auf dem Spiel. Wenn wir nicht für unsere Leben kämpfen, werden wir sterben." 1985 feierte sein autobiografisch geprägtes Stück "The Normal Heart" Premiere, darin wird die Aidskrise in New York aus der Sicht eines schwulen Autoren erzählt; das Stück inspirierte Massen zum Protest.

1987 gründete Kramer die "Aids Coali­tion to Un­leash Po­wer" (ACT UP), eine Protestbewegung, die mit ihren Aktionen auch künstlerisch auf die Aidskrise aufmerksam machte: Bei sogenannten "Die-Ins" legten etwa Hunderte Menschen den Straßenverkehr in Manhattan lahm, indem sie sich bewegungslos auf den Boden legten.

Unbequem bis zum Ende

Kramer, der in der LGBTQ-Szene auch umstritten war - unter anderem, weil sein Zugang zu Sexualität ein eher aktivistischer war, der sich weniger mit theoretischen Zugängen zu gesellschaftlichen Machtverhältnissen auseinandersetzte - blieb bis zum Ende seines Lebens wütend, unbequem. Seine Bewegung "Act Up" erinnerte er etwa in einem Gespräch mit der "taz" 2006 ambivalent. Er beklagte eine mangelnde Solidarität der Schwulen- und Lesbenbewegung: "Die Leute kämp­fen nicht, ich habe keine Ah­nung, warum nicht. Auf dem Hö­he­punkt von Aids, als wir ge­stor­ben sind wie ­die Flie­gen, kön­nen es nicht mehr als Zehn­tau­send ge­we­sen sein, die ­sich en­ga­giert ha­ben. In einem Land von, wer weiß, fünf, sechs, ­sie­ben Mil­lio­nen."

Noch 2014 wurde "The Normal Heart" als Fernsehfilm adaptiert, der Film mit Julia Roberts und Mark Ruffalo gewann einen Emmy. Eines seiner letzten Projekte war eine zweiteilige Chronik über die Geschichte Homosexueller in den USA. Darüber sagte er: "Ich denke, es ist wichtig, dass wir unsere Geschichte kennen - die Geschichte darüber, wie schlecht wir behandelt wurden und wie hart wir kämpfen mussten, um zu bekommen, was wir verdienen: Gleichheit." Jetzt ist Kramer im Alter von 84 Jahren gestorben.

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eth/rtr/dpa