Verbot von Chlorothalonil
Mehr Chance als Risiko für die Landwirtschaft?
by wasc;brasBauern müssen auf Chlorothalonil verzichten: Seit Anfang Jahr dürfen Landwirte das Pflanzenschutzmittel Chlorothalonil, das im Verdacht steht krebserregend zu sein, nicht mehr einsetzen. Was sind die Folgen? Die Bauernverbände der Kantone Aargau und Solothurn befürchten, dass ohne das Fungizid Chlorothalonil die Ernten geringer ausfallen könnten, oder dass Bauern auf den Anbau gewisser Produkte verzichten könnten, was zu einer Verknappung führen würde.
Bei Bio-Aargau, dem Zusammenschluss der Aargauer Bio-Landwirtschaftsbetriebe, sieht man das Verbot viel positiver. Verbandspräsident Stefan Schreiber schlägt andere Lösungen für die Befürchtungen der Bauern vor.
Befürchtung: Schäden an Pflanzen und weniger Ernte. Bei den beiden Bauernverbänden der Kantone Aargau und Solothurn vermutet man, dass es bei einigen Produkten künftig mehr Verluste geben könnte. Wenn man das gut wirkende und jahrzehntelang erprobte Chlorothalonil nicht mehr einsetzen dürfe, dann könnten sich je nach Wetterlage und Feuchtigkeit Pilze besser ausbreiten und Pflanzen schädigen. Dadurch würden die Ernten kleiner.
Konter 1: Bio-Pflanzen sind von Natur aus widerstandsfähiger. Statt auf Pestizide würden Landwirte besser vermehrt auf Bio-Produktion setzen, sagt Stefan Schreiber. Der Aargauer ist seit 25 Jahren Bio-Bauer in Wegenstetten im Fricktal und Präsident von Bio-Aargau. Im Bio-Landbau würden Pflanzen langsamer wachsen, hätten deshalb einen stärkeren Eigenschutz. Daneben seien die Pflanzabstände bei der biologischen Landwirtschaft grösser, die Pflanzen erhalten mehr Luft und Sonne, was sie ebenfalls resistenter gegenüber Schädlingen und Pilzen macht. Bio-Pflanzen bräuchten also gar keine oder kaum Pestizide wie Chlorothalonil.
Konter 2: Bio-Landwirtschaft hat höhere Wertschöpfung. Ja, bei biologischer Produktion seien die Erträge tatsächlich kleiner als bei konventioneller Landwirtschaft, das bestreitet auch Stefan Schreiber nicht. Allerdings dürfe man nicht nur auf den mengenmässigen Ertrag schauen. Ganz Unternehmer betont Bio-Bauer Schreiber, dass sich mit Bio-Produkten mehr verdienen lasse. Man spare Kosten für Pestizide und könne seine Erzeugnisse teurer verkaufen.
Befürchtung: Bauern setzen nun auf andere Produkte. Der Aargauer und der Solothurner Bauernverband können sich vorstellen, dass einige Bauern mittelfristig bei der Produktion umstellen. Von Gemüse und Kartoffeln zu Mais oder Getreide, wo man weniger Chlorothalonil spritzen muss. Das hätte zur Folge, dass gewisse Produkte aus Schweizer Produktion knapper würden.
Konter: Zurück zu alten, widerstandsfähigen Sorten. Es sei ein generelles Problem in der heutigen Landwirtschaft, dass Pflanzen auf maximalen Ertrag gezüchtet seien und dass die Agro-Chemie-Konzerne zu ihrem Saatgut perfekt passende Pestizide verkaufen, was den Ertrag ebenfalls maximiere, erklärt Bio-Aargau-Präsident Stefan Schreiber. Um den Verzicht auf Chlorothalonil zu meistern, könnten Bauern auch überlegen auf eine andere Sorte ihrer Produkte zu setzen, also zum Beispiel eine alte Gemüse- oder Kartoffelsorte anzubauen. Solche alten Sorten seien häufig widerstandsfähiger und bräuchten weniger Pestizide wie Chlorothalonil und die Bauern würden nebenbei auch unabhängiger von der Agro-Industrie.
Eher eine Chance als ein Risiko: Bei Bio-Aargau sieht man aus all diesen Gründen das neue Chlorothalonil-Verbot eher als Chance für die Landwirtschaft. Aktuell gebe es im Aargau rund 250 Bio-Betriebe, sagt Stefan Schreiber, rund 11 Prozent der Landwirtschaft. Er hofft, dass sich der eine oder andere Betrieb mit dem Chlorothalonil-Verbot nun allenfalls überlegt, komplett auf Bio-Produktion umzusetzen. Denn neben allen konkreten Argumenten, sei Bio ja sowieso auch langfristig besser für Umwelt, Natur und Menschen.