Politik

Sorge im Hessischen Landtag über antisemitische Demonstranten

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Proteste gegen Corona-Einschränkungen werden unterwandert, urteilt eine breite Mehrheit im Hessischen Landtag. Sie warnt vor allem vor judenfeindlichen Ressentiments.

Eine große Mehrheit des Hessischen Landtags zeigt sich besorgt darüber, dass bei Demonstrationen gegen Corona-Einschränkungen auf judenfeindliche Klischees zurückgegriffen wird. „Der Landtag verurteilt jede Form von Antisemitismus aufs Schärfste“, heißt es in einem Antrag von CDU und Grünen, der am Mittwoch im Parlament debattiert wurde. SPD, FDP und Linke machten deutlich, dass sie diese Sorge teilen.

Diese fünf Fraktionen beobachten, dass sich rechtsextremistische Gruppierungen, Reichsbürger und Antisemiten in die Bewegung einschlichen und Bedenken aus der Bevölkerung für ihre Ziele instrumentalisierten. Innenminister Peter Beuth (CDU) und der CDU-Abgeordnete Manfred Pentz sehen außerdem Vereinnahmungsversuche von Linksextremisten. Minister Beuth zeigte sich besorgt, dass laut einer Erhebung etwa jeder fünfte Deutsche für „Täuschungsthesen“ empfänglich sei.

Alle Redner machten zugleich klar, dass sie öffentliche Kritik an den Grundrechtseinschränkungen wegen der Corona-Pandemie für zulässig halten und die Debatten darüber für notwendig. „Nicht alle, die auf Kundgebungen gehen, sind Verschwörungsideologen“, betonte der Grünen-Abgeordnete Lukas Schauder.

Hermann Schaus (Linke) fügte hinzu, man müsse kein Verschwörungsideologe sein, um die „massivsten kollektiven Grundrechtseingriffe in der Geschichte der Bundesrepublik“ zu hinterfragen. „Kollidierende Grundrechte, wie zum Beispiel das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Versammlungsfreiheit müssen sorgsam abgewogen und im Wege des Ausgleichs miteinander in Einklang gebracht werden“, formulierte die SPD-Abgeordnete Heike Hofmann. Der FDP-Abgeordnete Stefan Müller hob hervor, es sei das gute Recht eines jeden, seine Meinung kundzutun, „und sei sie noch so verrückt, diese Weltanschauung“.

„Hochaggressive Stimmung“

Der Grüne Schauder berichtete allerdings besorgt, was er bei einer Corona-Demonstration am Wochenende in Frankfurt erlebt hatte. Dort habe eine „hochaggressive Stimmung“ geherrscht, Kamerateams und Journalisten seien „beleidigt, bespuckt und bedrängt“ worden. „Wer zu solchen Mitteln greift, ist ein Feind der Demokratie“, urteilte der Grüne.

Demonstranten hätten „krudeste Verschwörungstheorien“ verbreitet und dabei „antisemitische Codewörter“ benutzt oder sogar Judensterne getragen. Damit würden die antisemitischen Verbrechen der Nationalsozialisten verharmlost.

Dagegen ließ AfD-Fraktionsvize Volker Richter Verständnis für die Proteste erkennen. Die Menschen demonstrierten gegen Einschränkungen, die nach Auffassung seiner Partei hätten vermieden werden können, „wenn die Landesregierung frühzeitig auf den neuartigen Coronavirus mit angemessenen Maßnahmen reagiert hätte“.

Richter beklagte, noch im Januar und Februar seien alle „als rechtsradikal und als Verschwörungstheoretiker eingestuft“ worden, die das Virus für gefährlicher als eine Grippe erachtet hätten. „Jetzt im Mai ist es genau umgekehrt.“ Das sei „genau die Hetze, die Sie der AfD so gerne vorwerfen“, rief Richter in Richtung der Regierungsparteien.

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