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Welche Kinder wann wieder in die Kitas dürfen, soll vor Ort entschieden werden.  © Christoph Soeder/dpa
Kitas

Betreuung „ein schlechter Scherz“

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Die Opposition beklagt das Vorgehen der schwarz-grünen Landesregierung bei der Kita-Öffnung.

Die hessische Landesregierung macht Eltern Hoffnungen, dass viele Kinder von der nächsten Woche an wieder in Kitas betreut werden können. Mit der bisherigen Corona-Notbetreuung seien die Einrichtungen im Schnitt zu rund 20 Prozent ausgelastet gewesen, berichteten Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Sozialminister Kai Klose (Grüne) am Mittwoch im Hessischen Landtag. Daher liege es auf der Hand, dass es durch die Öffnung vom kommenden Dienstag an „viele freie Plätze“ geben werde, sagte Klose.

Die Landtagsopposition bezweifelt das, zumal kranke oder vorerkrankte Erzieherinnen und Erzieher weiterhin fehlten. Das, was vom 2. Juni an gelte, sei „kein eingeschränkter Regelbetrieb, sondern ein schlechter Scherz“, formulierte die SPD-Fraktionsvorsitzende Nancy Faeser. Sie erwarte, dass sich Eltern darüber streiten werden, welche Kinder betreut werden können und welche nicht. „Sie produzieren Klagen ohne Ende!“, rief Faeser in Richtung des Sozialministers.

Linken-Fraktionschefin Janine Wissler rechnet mit „völlig verzweifelten Eltern“, die arbeiten gehen müssten, aber keine Betreuung für ihre Kinder hätten. „Wenn man alles öffnet, aber nicht dafür sorgt, dass die Menschen eine Kinderbetreuung haben, schafft man ein riesiges Problem“, warf sie der Regierung vor. FDP-Fraktionschef René Rock verlangte von Minister Klose „ein umfassendes Konzept für die schrittweise Wiederaufnahme des Regelbetriebs“. Rock forderte Ministerpräsident Bouffier dazu auf, den „Schwachpunkt“ Klose aus seinem Kabinett zu „entfernen“. Auch der AfD-Abgeordnete Volker Richter verlangte „einen konkreten Plan“ für die Öffnung.

Konflikte befürchtet

Die Landesregierung hatte beschlossen, dass die Kitas nach Pfingsten wieder mehr Kinder aufnehmen sollen, aber weiter die Hygieneregeln beachten müssen. Vorrang haben Kinder aus Familien, in denen wenigstens ein Elternteil in einem „systemrelevanten“ Beruf tätig ist – neuerdings aber nur, wenn beide Elternteile arbeiten. Außerdem werden Kinder betreut, die in einer sozial derart schwierigen Situation leben, dass eine Gefährdung des Kindeswohls befürchtet wird.

Die weiteren Plätze sollen nach Kriterien der örtlichen Jugendämter vergeben werden. Hierauf hatte sich die Landesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden geeinigt. Damit ziehe sich Klose aus der Affäre und schiebe die Verantwortung auf die Träger und Kommunen ab, wo Konflikte programmiert seien, argumentierte die Opposition. Bouffier, Klose und weitere Abgeordnete der schwarz-grünen Koalition verteidigten das Vorgehen. Da die Räume der Kitas und ihre Situation sich erheblich unterschieden, sei es richtig, dass vor Ort entschieden werde, wie groß die Gruppen sein sollten. Bouffier warnte vor einer zu schnellen Öffnung. Man müsse angesichts des Virus „Stück für Stück und besonnen“ vorgehen.

Sozialdemokratin Faeser, Freidemokrat Rock und die Linke Wissler beklagten, dass die Landesregierung nie das Gespräch mit den freien Trägern gesucht oder eigene Vorschläge eingebracht habe. Gleichwohl habe Klose einen „eingeschränkten Regelbetrieb“ ab dem 2. Juni versprochen. Eltern, die darauf vertraut hätten, dass damit ihre Kinder wieder betreut würden, würden nun „bitter enttäuscht“, stellte Faeser fest.