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dpa/Bodo Schackow/dpa-zentralbild/dpabild Polizeibeamte versperren bei einem Protest gegen Corona-Regeln eine Straße.

Gastbeitrag von Kommunikationsexperte : Verschwörungstheoretiker wollen keine Debatte: Lasst uns dagegen Meinungsburgen bauen!

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Der Kommunikationsexperte Michael Ehlers plädiert für eine härtere Gangart in der politischen Auseinandersetzung. Und diese Auseinandersetzung muss stattfinden im Rahmen der demokratischen Institutionen und Strukturen. Die Grundlage unserer Demokratie ist die Debatte. Rede und Gegenrede. Das Instrument der Debatte ist das Wort!

Nutzt die Möglichkeiten, die uns dieses Instrument in die Hände gibt. Ich will Argumentation. Ich will bei allem Respekt für das Gegenüber auch Streit. Ich will klare Kante. Ich will fühlen, dass da jemand bereit ist für seine Überzeugung, die Überzeugung nämlich, dass er eine bessere Idee als sein Gegenüber hat, zu kämpfen. Dass er bereit ist, Menschen hinter sich und hinter seinem Standpunkt zu versammeln. Und diese Überzeugung muss ihren Ausdruck in der Debatte finden. Klar, deutlich und wenn es sein muss auch scharf. Denn wer seinen Hut in diesen demokratischen Ring wirft, der muss bereit sein einzustecken. Ich vertraue auf unsere demokratischen Institutionen, die Regeln dieses Kampfes durchzusetzen, wenn es zu gelegentlichen Tiefschlägen kommen sollte. Aber wenn es Regeln gibt, dann muss man diese Regeln auch ausreizen.

Über den Experten

Michael Ehlers ist Rhetoriktrainer und coacht seit über zwei Jahrzehnten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Unternehmer, Top-Managerinnen, Profi-Sporttrainer und viele mehr. Der mehrfache Bestsellerautor (u.a. Rhetorik - Die Kunst der Rede im digitalen Zeitalter) ist gefragter Experte und hat zum Beispiel für den WDR die großen Kanzlerduelle und mehr analysiert. Ehlers ist Präsident des Club 55 (European Community of Experts in Marketing & Sales, Genf) und Geschäftsführender Gesellschafter der Institut Michael Ehlers GmbH in Bamberg. Ehlers ist Director of the Center for Rhetoric at SGMI Management Institute St. Gallen und Dozent des St. Galler Management Programm (SMP). Er tritt regelmäßig auf Veranstaltungen als Keynote-Speaker auf.

Wenn die politische Auseinandersetzung nicht in den Parlamenten geführt wird, dann wird sie auf der Straße, aber vor allem in den Sozialen Netzwerken geführt. Und dort steht kein Schiedsrichter bereit. Dort herrscht das Recht des Stärkeren und es bekommt derjenige Recht, der am lautesten schreit und am häufigsten postet. Der Populismus, der sich seit Jahren in unserem Land breit macht ist ein Ergebnis der fehlenden politischen Auseinandersetzung. Ein Ergebnis verschwommener und unklarer Standpunkte und des Alle-Ernst-nehmen-wollens. Menschen wollen Standpunkte. Sie wollen Partei ergreifen. Es ist Aufgabe der Politiker dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung Partei ergreifen kann. Aber dazu muss sie verschiedene Parteien erkennen können.

Andere Meinungen sind eingeladen

Aktuell erleben wir die Macht der Verschwörungsideologien. Eine Faszination, die für viele Menschen selbst von der abstrusesten Hirnakrobatik ausstrahlt, nimmt scheinbar auch ganz normale Bürger gefangen. So ist es nicht. Auf den sogenannten Hygiene-Demonstrationen mischen sich Bürger mit echten Sorgen, einfach gestrickte schräge Vögel, Esoteriker, Reichsbürger und Rechtsradikale zu einem unappetitlichen Sumpf. Menschen, die fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, und die die Corona-Maßnahmen aus vielleicht gutem Grund kritisieren, bleibt im allumfassenden Konsens keine andere Möglichkeit, als in diesen Sumpf hinabzusteigen, wenn sie mit ihrer Stimme Gehör finden wollen.

Aber dieser Sumpf ist längst von Gruppen mit ganz anderen Interessen und politischen Agenden gekapert. Und das sind die, die unter dem Schirm der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit ihr politisch aufgeladenes „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen!“ unter das Volk bringen. Diese Menschen wollen keine politische Debatte. Sie scheuen sie geradezu weil sie wissen, sie verlieren. Statt zu argumentieren können sie nur schreien. Sie wollen deshalb den Prozess der politischen Meinungs- und Willensbildung stören und zerstören.  

Aus Sicht der Rhetorik wird es höchste Zeit den politischen Streit unter Demokraten wieder mehr zu kultivieren. Lasst uns die kommunikativ gebauten Brücken endlich einreißen und stattdessen wieder Mauern bauen, hinter denen sich Menschen versammeln können. Lasst uns mächtige Meinungsburgen bauen und die leuchtende Flagge unserer Überzeugung am höchsten Turm wehen! Natürlich sind wir heute so schlau, dass wir die Kämpfe nicht mehr mit der Waffe, sondern mit dem Wort ausfechten.

Deshalb haben diese neuen Burgen auch weit geöffnete Tore. Die andere Meinung ist eingeladen, sich von unseren Standpunkten überzeugen zu lassen. Und ob uns das gelingt oder nicht: der Besucher bleibt nachher zum Essen und ist ein respektierter Gast, weil er der Demokratie und dem Humanismus allein dadurch einen Dienst erwiesen hat, in dem er sich mit uns in der Debatte gemessen hat.

Käsekuchen ohne Boden: Blitz-Rezept - in weniger als 10 Minuten im Ofen

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