Johnson zur Cummings-Affäre

"Das Land muss nach vorne schauen"

Boris Johnson versucht, einen Schlussstrich unter die Affäre um seinen Berater Dominic Cummings zu ziehen, der gegen Corona-Vorgaben verstoßen haben soll. Großbritannien müsse nach vorne schauen, drängt der Premier.

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Boris Johnson
HANDOUT/ AFP

Die Forderungen nach einem Rücktritt des britischen Regierungsberaters Dominic Cummings nehmen zu: Knapp 40 Parlamentarier der Konservativen Partei verlangen bereits, dass Cummings abtritt, weil er in der Coronakrise gegen Ausgangsbeschränkungen verstoßen haben soll.

Premierminister Boris Johnson bemühte sich am Mittwoch, die Wogen zu glätten. Es sei Zeit für Großbritannien, nach einer "sehr, sehr frustrierenden Episode" fortzufahren, sagte er. Er verstehe zwar, dass die Menschen "so besorgt" waren, weil das Land "eine schrecklich schwierige Zeit durchmacht". Doch nun denke er, dass man "nach vorne schauen" müsse.

Johnson nahm vor dem sogenannten Liaison-Committee im Parlament zur Affäre um Cummings' Stellung. Es besteht aus den Vorsitzenden der ständigen Ausschüsse des Unterhauses und ist das einzige, gegenüber dem der Regierungschef Rechenschaft ablegen muss. Es war Johnsons erster Auftritt als Premier dort.

Dabei wurde er auch gefragt, warum er keine offizielle Untersuchung zu Cummings' Verhalten angeordnet habe. Er sei sich nicht sicher, ob eine Untersuchung gut investierte Zeit gewesen wäre, erwiderte Johnson. Auf die Frage, ob er das Kabinett zurate gezogen habe, antwortete der Premier nicht.

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Johnsons Berater Dominic Cummings
Kirsty O'connor/ dpa

Cummings hatte am Montag in einer einstündigen Pressekonferenz Vorwürfe, er habe mit einer Reise zu seinen Eltern die Ausgangsbeschränkungen ignoriert, strikt zurückgewiesen. Er bedaure sein Verhalten nicht und habe auch nie einen Rücktritt in Erwägung gezogen, so Cummings, der als hochintelligent und unberechenbar gilt.

Der Chefberater hatte als Grund für seine Reise Ende März angegeben, dass er die Betreuung seines kleinen Sohnes sicherstellen wollte: Seine Frau sei an Covid-19 erkrankt gewesen, und er selbst habe mit einer Ansteckung gerechnet. Auf Empörung stieß vor allem seine Aussage, dass er von Durham aus mit Frau und Sohn zu einem Schloss gefahren sei, um seine Sehkraft nach der Infektion zu testen. Der Vorfall war durch eine Anzeige ans Licht gekommen.

Nach Ansicht von Kritikern schwächt Cummings das Vertrauen in die Regierung und in Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. In einem Interview mit dem Fernsehsender ITV sagte Johnsons Schwester Rachel am Mittwoch, sie hätte sich an Cummings' Stelle entschuldigt. Am Dienstag trat der für Schottland zuständige Staatssekretär Douglas Ross zurück. Cummings' Interpretation der Ausgangsbeschränkungen könnten "die meisten Menschen, die die Regeln der Regierung befolgen, nicht nachvollziehen", schrieb Ross an Premierminister Johnson.

 

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als/dpa/Reuters