Neuer Stoff für U-Ausschuss: So kam die "Soko Tape" auf die Spur des Ibiza-Videos

Das gesamte Video mit Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus umfasst 12 Stunden. Daraus konnten nun auch neue Bilder des Lockvogels generiert werden, der noch nicht aufgespürt wurde.

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Wer kennt "Alyona Makarov"? © APA/STANDBILD BUNDESKRIMINALAMT

Ein Jahr nachdem die "Soko Tape" die Ermittlungen zur Aufklärung etwaiger strafrechtlicher Handlungen im Zusammenhang mit dem sogenannten Ibiza-Video aufgenommen hat, gab die Staatsanwaltschaft Wien nun erste Erfolge bekannt. So konnte sowohl das gesamte Videomaterial als auch Equipment und Audiodateien sichergestellt werden. Nach dem "Lockvogel" wird per Fahndungsfotos gesucht.

Die drei zum Auftakt des Ibiza-Untersuchunsausschuss als Zeugen geladenen Milliardäre sagten ihr Kommen indes ab - die Opposition sieht durch das Vorliegen des Ibiza-Videos eine neue Lage und fordert eine Änderung des Fahrplans.

Die Soko und das Video

Die "Soko Tape", die sich mit der Herstellung des Ibiza-Videos und etwaiger damit verbundener strafrechtlicher Handlungen befasst, hat bereits Ende April das komplette Filmmaterial sichergestellt. "Es wurde in Österreich bei einem Bekannten des mutmaßlichen Drahtziehers Julian H. sichergestellt", erklärte der Leiter der SoKo Dieter Csefan am Mittwoch im Gespräch mit der APA.

Die rund zwölf Stunden umfassenden Video- und acht Stunden umfassenden Audio-Aufnahmen hätten sich auf einer Mikrospeicherkarte verborgen, die äußerst gut versteckt gewesen sei. Auf den Mann sei man im Zuge der Ermittlungen und unzähligen Einvernahmen aufmerksam geworden. Jetzt sei man gerade dabei, das Video auszuwerten.

"Was man bisher darüber sagen kann, ist, dass der gesamte Abend nahtlos aufgenommen wurde", sagte Csefan - vom Eintreffen des Ex-FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache und des ehemaligen FPÖ-Klubobmanns Johann Gudenus weg. Auch seien Teile der Vorbereitungen auf dem Band zu sehen.

Zudem habe man bei der Aktion verwendetes Equipment wie etwa einen präparierten Lichtschalter oder Radiowecker sicherstellen können. "Beim Lichtschalter habe es sich um eine Attrappe gehandelt, in der eine Kamera verborgen war", so der Ermittler.

"Laut dem derzeitigen Ermittlungsstand kann eine Fremdfinanzierung oder ein nachrichtendienstlicher Hintergrund ausgeschlossen werden", so Csefan. Diese Gruppe habe sich zu einer "kriminellen Vereinigung" zusammengeschlossen und den Plan über einen längeren Zeitraum entwickelt. Ziel sei es gewesen, das Video nach seiner Erstellung weiterzuverkaufen.

Im Zuge der Ermittlungen gelang es unter anderem sowohl das sogenannte "Ibiza-Video" (in der Länge von 12 Stunden, 32 Minuten, 38 Sekunden) als auch Equipment und Audiodaten (in der Länge von 8 Stunden, 14 Minuten, 3 Sekunden) sicherzustellen. Darauf aufbauend veröffentlicht das Bundeskriminalamt über Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien mehrere Lichtbilder zur Ausforschung der unbekannten Täterin mit dem Aliasnamen Alyona Makarov.

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Insgesamt werden derzeit mehr als 40 Ermittlungsverfahren im Auftrag der beiden Staatsanwaltschaften durch die Ermittler der "Soko Tape" abgearbeitet, hieß es in der Aussendung. Wegen des Verdachts auf 31 unterschiedliche Delikte wurden bereits kriminalpolizeiliche Maßnahmen gesetzt. In den vergangenen 365 Tagen wurden demnach 139 Anlassberichte über die Zwischenergebnisse erfasst, 55 Hausdurchsuchungen, zehn freiwillige Nachschauen und 259 förmliche Vernehmungen geführt. Fünf Festnahmeanordnungen sowie 13 Rechtshilfeersuchen wurden umgesetzt. Bis dato konnten bei den Ermittlungen 34 Terabyte an Daten sichergestellt werden, hieß es weiter.

Seit einem Jahr laufen die Ermittlungen der "Soko Tape" nun bereits, wobei sämtliche Ermittlungsverfahren über Auftrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sowie der Staatsanwaltschaft Wien geführt werden. Die Ermittlungen wurden dabei in zwei Bereiche unterteil: Einerseits geht es um die Aufklärung der Hintergründe zur Entstehung des Ibiza-Videos und andererseits um die Überprüfung der im Video getätigten Aussagen auf strafbare Hintergründe, teilte die Staatsanwaltschaft Wien am Mittwoch mit.

Ibiza-Ausschuss

Nachdem bereits Heidi Goess-Horten sowie Waffenproduzent Gaston Glock aus gesundheitlichen Gründen für den Ibiza-U-Ausschuss abgesagt haben, ließ offenbar nun auch Novomatic-Eigentümer Johann Graf wissen, dass er nicht kommen wird. Wie der "Kurier" unter Berufung auf Parlamentskreise berichtete, sagte der 73-Jährige ebenfalls ab. Alle drei hätten am 5. Juni aussagen sollen.

Die FPÖ nimmt die Beschlagnahmung des Ibiza-Videos zum Anlass, den Fahrplan für den Untersuchungsausschuss zu hinterfragen. Eigentlich sollen die Befragungen mit "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk und den beiden "Hauptdarstellern" Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus starten. FP-Fraktionssprecher Christian Hafenecker will stattdessen nun lieber das Video selbst sehen, wie er zur APA sagte.

Neue Lage

"Das Vorliegen des gesamten Videos ändert die Lage für den Untersuchungsausschuss dramatisch", meint Hafenecker. Er fordert daher, dass am ersten vorgesehenen Befragungstag kommenden Donnerstag nicht die vorgesehenen Auskunftspersonen geladen werden, sondern das Video im U-Ausschuss gezeigt wird. "Wozu sollen wir stattdessen einen Journalisten befragen, der behauptet, das Video gesehen zu haben. Das macht absolut keinen Sinn", so Hafenecker.

Laut dem FPÖ-Fraktionsführer haben die Abgeordneten "das Recht und die Pflicht, dieses Material zur Gänze zu sehen und daraus ihre Schlüsse zu ziehen". Es wird außerdem vermutlich nötig sein, andere bzw. zusätzliche Personen in den U-Ausschuss zu laden.

Laut Hafenecker muss das Innenministerium außerdem offenlegen, "auf welche Weise und aus welchen Händen es jetzt wenige Tage vor Ausschuss-Start in den Besitz des Videos gekommen ist, denn auch dahinter könnten gezielte politische und/oder kriminelle Interessen stecken". Interessant sei auch, ob es sich tatsächlich um einen aktuellen Ermittlungserfolg handelt. Hafenecker: "Vielleicht wurde es ja auch bei einer Datenträger-Inventur im Bundeskriminalamt 'wiederentdeckt'."

Auch die NEOS zeigten sich erfreut über die Ermittlungserfolge. "Die Kenntnis des kompletten Ibiza-Videos ist für die Beurteilung der Vorkommnisse unerlässlich", meinte deren Fraktionsführerin Stephanie Krisper. Klar sei auch, dass die Aufzeichnungen "umgehend und prioritär dem Untersuchungsausschuss übermittelt werden müssen". Auch für Krisper ist außerdem unklar, seit wann den Ermittlern die Aufzeichnungen bereits vorliegen.

Krisper kündigte an, das Thema bei einem Termin mit Justizministerin Alma Zadic (Grüne) am Freitag anzusprechen: "Ich hoffe, dass die Justizministerin als ehemalige Oppositionspolitikerin diesem Anliegen umgehend nachkommt - und dass auch die anderen massiven Lücken bei den Aktenlieferungen insbesondere durch das Justizministerium noch vor Start der Befragungen behoben werden."