Vanessa Stützle

Das ist die Digital-Expertin an der Douglas-Spitze

Die 42-jährige Expertin für E-Commerce ist in die Douglas-Leitung aufgestiegen – und muss nun ihre Expertise für die Entwicklung des Filialgeschäfts beweisen.

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Vanessa Stützle

Die Digitalexpertin ist trotz der schwierigen Lage von Douglas zuversichtlich.(Foto: Douglas)

Düsseldorf. Ganz zu Anfang des Telefongesprächs über die aktuellen Douglas-Geschäftszahlen erzählt Vanessa Stützle: Im selben Raum, selbstverständlich auf Abstand, sitze ihr Geschäftsführerkollege Matthias Born, „hier in der Düsseldorfer Filiale“. Das stimmt natürlich nicht, gemeint ist die Düsseldorfer Zentrale – aber der Versprecher, über den die Digitalvorständin und der Finanzvorstand herzlich lachen, zeigt: Stützle denkt offenbar oft an die Filialen.

Das ist ein wichtiges Bekenntnis. Die 42-Jährige, die Mitte Mai wegen des krankheitsbedingten Ausfalls von Tina Müller früher als geplant in die Geschäftsführung von Deutschlands größer Parfümeriekette aufgerückt ist, gilt als E-Commerce-Expertin. Ein Branchenkenner nennt sie – voller Anerkennung – gar „Digital-Freak“.

Jetzt aber hat Stützle, die Anfang 2018 von der Modekette S.Oliver kam und unter Müller die digitale Transformation der Handelskette vorantrieb, auch die Verantwortung für die europaweit 2 400 Filialen. Die waren wegen des Corona-bedingten Shutdowns wochenlang geschlossen, und so muss Stützle bei ihrem ersten Auftritt erst mal Krisenzahlen kommunizieren: Der Umsatz ist im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2019/20 im Vorjahresvergleich um zehn Prozent auf 656 Millionen Euro eingebrochen, unter dem Strich steht ein Verlust von 51 Millionen Euro.

Allein im März betrug das Umsatzminus 40 Prozent – und da viele Länder erst im Mai die Wiedereröffnung des Einzelhandels gestatteten, ist klar: Da werden noch mehr Krisenzahlen folgen, wenn die Zahlen für das dritte Quartal kommen. Aber Born sagt, „es gibt Licht am Ende des Tunnels“; und gerade Stützle kann der Krise Positives abgewinnen.

Denn viel Licht fällt, wenn man so will, in ihren Verantwortungsbereich: Das Onlinewachstum setzte sich fort, legte im Quartalsvergleich um ein Drittel zu – und explodierte im März mit einer Zuwachsrate von 50 Prozent nahezu.

Durch gezielte Werbung und Ansprache der Teilnehmer am Kundenkartenprogramm – das als Benchmark im Handel gilt und im Verantwortungsbereich von Stützle liegt – konnten dort neun von zehn Kunden, die zuvor nur in Filialen einkauften, zum Onlineshopping bewegt werden. „Die Corona-Zeit wirkt wie ein Inkubator für E-Commerce-Wachstum“, meint Stützle.

Die Liquidität ist gesichert

Sie glaube ganz klar daran: „Omnichannel ist das ,winning business model‘. Das haben unser Erfolg und unser Wachstum im ersten und zweiten Quartal gezeigt.“ Klar ist aber auch: Das Onlinegeschäft kann die Einbrüche im stationären Handel noch längst nicht ersetzen. So ist Stützle froh, dass 90 Prozent der Filialen wieder geöffnet haben – und schon wieder 90 Prozent der Vorjahresumsätze erzielen. „Das Einkaufserlebnis vor Ort können auch wir nicht zu 100 Prozent digital konvertieren“, sagt Stützle. „Deshalb ist die Verzahnung der Kanäle so wichtig.“

Das klingt dann schon ein wenig nach Tina Müller, die sich derzeit in medizinischer Reha befindet. Bei Amtsantritt hatte Stützle dem Handelsblatt gesagt: „Wir konnten von Tag eins an sehr gut miteinander arbeiten.“ Aber auch das jetzige Duo harmoniere: „Wir finden beide, dass das sehr gut läuft“, sagt Stützle – und Born bejaht.

Der 49-jährige Finanzvorstand mühte sich ebenfalls, der Krise Positives abzutrotzen. Da Douglas nur zu 15 Prozent der Unternehmerfamilie Kreke und zu 85 Prozent dem Finanzinvestor CVC Capital gehört, ist das Unternehmen hochverschuldet – entsprechend groß ist die Skepsis ob der finanziellen Reserven. Born stellte jedoch klar: Die Liquidität sei besser, als mancher befürchte, auch weil Douglas sofort mit Sparprogrammen reagiert habe. Man habe für viele Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt, mit Lieferanten und Vermietern verhandelt, auch habe das Topmanagement auf Gehalt verzichtet.

Verhandlungen mit der Förderbank KfW hingegen hat Douglas „auf Pause gesetzt, weil wir derzeit keine staatliche Hilfe benötigen“, sagt Born. „Wir benötigen derzeit auch keine Finanzspritze unserer Anteilseigner.“ Vielmehr sei er „guter Dinge, dass wir es aus eigener Kraft bis ins Weihnachtsgeschäft schaffen werden“. Die ausgegebenen Anleihen, deren Ratings und Kurse in den vergangenen Monaten stark gelitten hatten, sind ohnehin erst 2022 und 2023 fällig. Born sagt daher: „Wenn das Schlimmste aufgrund der Corona-Epidemie vorbei ist, haben wir noch genug Zeit, um zu zeigen, dass unser Geschäftsmodell so gut trägt wie vorher – und dass die Refinanzierung gut funktioniert.“

Zu den Filialen sagt Stützle dann nur noch: „Es gehört zur DNA eines guten Händlers, sein Filialnetz permanent zu prüfen. Das gilt erst recht in der Coronakrise.“ Aber derzeit sei es zu früh, um Entscheidungen für einzelne Filialen zu treffen.

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